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Kleine Erfolge zwischen Hafenbar und Ulan Bator

Gerda Bachtig ist tot. Die aus Arnsdorf-Hilbersdorf stammende Künstlerin fand jetzt in ihrer Heimat die letzte Ruhe.

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© privat/Sammlung Schermann

Von Ralph Schermann

„Gerda ist sehr temperamentvoll, hat eine jazzige Stimme und einen sehr interessanten Alt, und sie ist unerhört fleißig!“ Kein geringerer als Heinz Quermann, der Altmeister der DDR-Unterhaltung, gab diese Einschätzung über Gerda Bachtig. Er war es auch, der die aus Arnsdorf-Hilbersdorf stammende Sängerin entdeckte. Hier fand die Sängerin jetzt ihren letzte Ruhe. Am Freitag fand in der Arnsdorfer Kirche die Trauerfeier statt. Am 29. Dezember war Gerda Bachtig 69-jährig gestorben.

Immer wieder kam die später in Hamburg und Salach zwischen Ulm und Stuttgart lebende Künstlerin gern in ihre alte Heimat zu Besuch. Hier erinnerte sie sich an Schulzes Dorfgasthaus, in dessen Saal sie erste Auftritte feierte und die erste große Liebe kennenlernte. Hier erinnerte sie sich an ihren Musiklehrer Karl-Heinz Loose, der Heinz Quermanns Einschätzung teilte. Hier erinnerte sie sich an das Görlitzer „Haus der Jugend“, auf dessen Bühne sie oft stand. 1980 vertrat sie die Region in Dresden beim Wettbewerb um den „Kleinen Rathausmann“, traf aber auf merkwürdige Ansichten der Jury: „Denen galt ich nicht mehr als Talent, weil ich zu fraulich gebaut war“, schmunzelte sie später oft über diese Darstellung. Bei Achim Mentzel und Peter Albert indes, zwei gestandenen Show-Sängern, lernte sie das Einmaleins der Tourneeprogramme. Mit ihnen und weiteren Künstlern ging es jahrelang von Ort zu Ort. „Leben aus dem Koffer, das war eine sehr anstrengende Zeit, in der ich aber auch viel gelernt habe“, bestätigte sie.

Mit dem Berufsausweis in der Tasche sang sie alles, was gefragt war, doch eigene Titel blieben ebenso rar wie Auftritte in Funk und Fernsehen. Bekannt wurde sie den Zuschauern in Sendungen der „Hafenbar“, und TV-Regisseur Manfred Spitz sagte, warum das Ausnahmen blieben: „Gerda wollte sich im Fernsehgeschäft nicht verbiegen lassen.“ 1987 ging sie auf BRD-Tournee. Vier Jahre war sie auch Sängerin im Tourneeprogramm mit dem Zittauer Komiker Winfried Krause („Immer dieser Krause“), und im August 1989 erzielte sie ihren größten künstlerischen Erfolg: Beim 13. Festival des mongolischen Liedes bekam sie in Ulan Bator den Sonderpreis.

Eigentlich war mit diesem Erfolg ihre Karriere zu Ende. Denn nach der Wende war sie nicht Star genug, um sich im Showgeschäft zu behaupten. „Es war schon immer härter, als Außenstehende dachten, aber im Westen war es nun knallhart und unerbittlich“, sagte sie. Sie erlebte es bis 1992, als sie in Hamburg Schlager im Varieté „Safari“ sang, auch ein paar Wochen bei einem Münchener Engagement. Danach trat sie nur noch äußerst selten auf, meist nur auf privaten Veranstaltungen.

„Ich habe eben Pech gehabt“, sagte sie 1995 und meinte sowohl ihre Künstlerkarriere als auch Partnerschaften. Die Jahre auf Tournee ließen ihren Wunsch nach einer Familie unerfüllt. Zuletzt arbeitete Gerda Bachtig in einem Getränkemarkt. Schade, denn Heinz Quermann würde sicher auch heute noch sagen: „Es war schon toll, was Gerda auf den Bühnen geleistet hat.“