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Hund hat Arm fast abgetrennt

Vor dem Angriff soll das Opfer den Rüden angeschrien haben. Eine Expertin verteidigt das Tier.

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© André Braun

Von Maria Fricke

Roßwein. Nach und nach werden immer mehr Details zu dem Angriff eines Rottweilers auf einen 47-Jährigen in Roßwein bekannt. Nach dem Vorliegen des vorläufigen Obduktionsergebnisses äußerte sich Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart von der Staatsanwaltschaft Chemnitz nun zum Verlauf des Unglücks, das sich am Nachmittag des 16. Dezember im Bereich der Goldenen Höhe ereignet hatte.

„Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand kam es zu dem Angriff des dreijährigen Rüden, nachdem der Hund bei einem Spaziergang auf dem am Grundstück entlanglaufenden Rundweg herumgesprungen war. Dabei hatte sich die Leine zwischen den Beinen des Mannes verheddert und dieser den Hund angeschrien. Das Tier soll eine Abwehrhaltung eingenommen und nochmals von dem Mann angeschrien worden sein.

Daraufhin soll der Hund den Mann angefallen, zu Boden gebracht und wahllos auf den Geschädigten eingebissen haben“, schilderte Burghart. Die Mutter des Opfers, die den Sohn beim Spaziergang begleitet hatte, habe mehrfach versucht, das Tier zurückzuziehen beziehungsweise auch in dessen Gebiss gegriffen. „Es gelang ihr aber erst nach etwa 15 Minuten, den Hund wegzuziehen und nach Hause zu laufen“, so die Oberstaatsanwältin weiter.

Der Hund hatte dem Mann mehrfach, großflächige Verletzungen zugefügt und den Unterarm zum Teil abgetrennt. Gestorben ist der 47-Jährige laut dem Ergebnis durch den erheblichen Blutverlust infolge der Verletzungen. „Das endgültige Obduktionsergebnis steht noch aus. Derzeit werden – um auch eine mögliche Beeinflussung der Handlungsfähigkeit des Getöteten abzuklären – noch chemisch-toxikologische Untersuchungen durchgeführt“, informierte Ingrid Burghart.

In der Vergangenheit sei das Tier nicht aggressiv aufgefallen. So teilte es das Ordnungsamt der Stadt der Staatsanwaltschaft mit. Es habe keine Auflagen für den Halter gegeben, bei dem es sich nun nach Angaben der Staatsanwaltschaft um den Vater des Opfers handelt. Auch sei dem Ordnungsamt kein Vorfall gemeldet worden, bei dem das Tier durch Beißattacken oder aggressives Verhalten auf sich aufmerksam gemacht habe. „Daher musste der Hundehalter, bei dem es sich um den Vater des Getöteten handelt, auch nicht damit rechnen, dass der bislang nicht aggressive Hund andere Personen anfällt oder beißt“, äußerte sich Burghart.

Für ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Hundehalters oder der vor Ort anwesenden Mutter des Getöteten gebe es demnach derzeit auch keine Anhaltspunkte. Nach gegenwärtigem Ermittlungsstand sei daher auch kein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung oder unterlassener Hilfeleistung oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden eingeleitet worden. Eine endgültige Entscheidung der Staatsanwaltschaft in diesem Fall steht noch aus.

Dass der Hund den Mann nur aufgrund des Anschreiens angegriffen hat, glaubt Simone Balthasar nicht. Die 49-Jährige arbeitet seit fast 40 Jahren mit Hunden. „Ich kenne das Tier und den Vorgang nicht, aber so reagiert kein Hund, nur weil er angeschrien worden ist oder sich die Leine verfangen hat“, sagte die Leipziger Tierpsychologin. Auch sei ein Rottweiler kein potenziell gefährliches Tier. „Ein Rottweiler ist ein Wachhund“, sagte Simone Balthasar. „Mehr nicht.“ Sie vermutet, dass zwischen dem Hund und dem Mann mehr vorgefallen sein muss. „Vielleicht hat er ihn bei vergangenen Spaziergängen geschlagen“, so die Hundepsychologin.

Anwohner des naheliegenden Wohngebietes haben den Hund als aggressiv beschrieben. „Ich habe mich nicht mehr getraut, mit den Kindern an dem Grundstück vorbeizugehen, weil der Hund so gebellt hat“, sagte eine Anwohnerin. Zudem habe sie Angst gehabt, dass der Hund über den Zaun, der das Grundstück umgibt, springt. Jener ist vom Besitzer nachträglich im Bereich des öffentlich zugänglichen Weges bereits erhöht worden.

Für Simone Balthasar ist allein das Bellen des Hundes noch kein Anzeichen für eine Aggressivität des Tieres. „Das entspricht der Funktion des Rottweilers als Wachhund“, so die Leipzigerin. Manche Hunde würden jedoch bereits aufgrund ihres Aussehens als „böse“ eingeschätzt, ergänzte die diplomierte Tierpsychologin. Aber das sei auch von Mensch zu Mensch verschieden.