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Hohnstein will die Hängebrücke

Als Attraktion soll der Steg Gäste auf die Burg bringen – und damit Geld. Das ist für die Sanierung dringend nötig.

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© Foto: Dirk Zschiedrich/Montage: SZ

Von Dirk Schulze

Hohnstein. Seit dem 1. Januar wird die Burg Hohnstein von einer eilig gegründeten kommunalen Gesellschaft bewirtschaftet. Mit diesem Kraftakt hat die Stadt die drohende Schließung ihres Wahrzeichens abgewendet, nachdem der Insolvenzverwalter den Stecker gezogen hatte. Doch das ist nur eine Übergangslösung. Die Burg gehört dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – und der hat kein Geld. Im Auftrag des Kreises arbeitet die Beratungsfirma Kommunalentwicklung Mitteldeutschland (KEM) derzeit an einer Machbarkeitsstudie zur Zukunft der Burg. Das Ziel: ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept. Mit diesem will sich der Landkreis Partner suchen, die über das nötige Kleingeld verfügen. Einen Zwischenstand der bis Juli abzuschließenden Studie hat die KEM diese Woche im Max-Jacob-Theater vorgestellt. Um folgende Punkte drehte sich die darauffolgende Diskussion:

© Koerner, Heidemarie

Idee 1: Hängebrücke über das Polenztal
Es ist eine kühne Vision: Eine Hängebrücke soll von der Hocksteinaussicht bis zur Burg Hohnstein führen. Um das Polenztal zu überspannen, ist ein mindestens 400 Meter lange Konstruktion nötig. Die Idee dazu stammt von Kletterlegende und Ehrenbürger Bernd Arnold, kürzlich wurde sie in einer Studie vertieft. Die Fußgängerbrücke könnte die bislang fehlende Attraktion sein und dringend benötigte Tagesausflügler auf die Burg locken. Bei der Stadt rangiert sie derzeit ganz oben auf der Ideenliste. „Wir haben uns auf die Hängebrücke als Highlight eingeschossen und wollen das ganz aktiv vorantreiben“, sagt Bürgermeister Daniel Brade (SPD). Der Fotograf und Bergsteiger Thomas Türpe berichtete von einer Fahrt zur Hängebrücke an der Rappbodetalsperre im Harz. Die 2017 eröffnete Attraktion locke Tausende Besucher an, die einfach darüber spazieren wollen. In Hohnstein würde auf der anderen Seite noch ein Ziel auf sie warten: die Burg. Wie eine solche Hängebrücke finanziert werden soll und ob sie eine Chance auf Genehmigung hat, ist völlig offen.

Idee 2: Die Burg soll raus aus dem Landschaftsschutzgebiet
Das komplette Burggelände liegt im Landschaftsschutzgebiet. Laut Bürgermeister Daniel Brade ist das für die weitere Entwicklung hinderlich. Er wolle den Nationalpark nicht abschaffen, aber die Burg Hohnstein sollte aus dem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert werden, sagt Brade. „Der Naturschutz muss raus aus der Stadt, damit sie entwicklungsfähig ist.“

Ohne dieser Forderung zu widersprechen, wies eine Diskutantin auf die Anziehungskraft des Nationalparks für Touristen hin: Hohnstein müsse in seiner Außendarstellung viel mehr mit diesem Pfund wuchern. „Die Leute kommen aus Übersee deswegen hierher.“

Egal, ob im Landschaftsschutzgebiet oder nicht: Fakt ist, das die Burg saniert werden muss. Laut der KEM-Studie ist als einziges Gebäude das Naturfreundehaus in annehmbarem Zustand. In den übrigen Gästehäusern pfeift der Wind durch die Ritzen, was horrende Energiekosten verursacht. Fenster, Dächer, Elektrik – alles muss erneuert werden. Einige Häuser und Etagen sind gar baupolizeilich gesperrt, es fehlt der vorgeschriebene zweite Rettungsweg. Alles in allem summiert sich der Sanierungsstau laut Schätzung der KEM auf rund 3,8 Millionen Euro.

Doch damit ist noch nichts Neues entstanden. Die Summe ist allein nötig, um die Bausubstanz zu modernisieren und den aktuellen Betrieb mit einer zeitgemäßen Ausstattung zu ermöglichen, erklärte Heiko Weigel (CDU) Beigeordneter im Landratsamt. Jegliche Aufwertung käme noch einmal obendrauf.

Idee 3: Neuer Anlauf für den Klettergarten

Der Plan eines Klettergartens am Burgfelsen ist 2016 per Gerichtsentscheid krachend gescheitert. Grund war der Naturschutz. Von der Idee verabschieden wollen sich die Hohnsteiner dennoch nicht. Der Klettersport entwickele sich rasant weiter, sei bald olympische Disziplin, erklärte Kletterlegende Bernd Arnold. Andernorts würden sich die Leute an Klettersteigen auf die Füße treten. „Wir müssen diesen Trends folgen“, sagte Arnold. Allerdings nicht mit einer Kunstwand, sondern am Naturstein. Das ist bisher nicht erlaubt. Dazu müsste das Burg-Areal tatsächlich aus dem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert werden.

Unterstützung gab es von Heiko Weigel vom Landratsamt. „Hohnstein ist eine der wenigen Burgen, die sich erklettern lässt“, sagte er. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal. Es spreche nichts dagegen, es mit dem Klettergarten noch einmal zu versuchen.

Idee 4: Private Investoren suchen
Die Burg zu sanieren, werde an finanzieller Unterstützung durch das Land Sachsen nicht scheitern. Das sagt zumindest Vize-Landrat Heiko Weigel: „Der Freistaat wird Fördermittel geben.“ Das Problem sei der Eigenanteil, den die Region aufbringen muss. Selbst bei einem Fördersatz von um die 80 Prozent wären das rund 800 000 Euro allein für die Modernisierung. An deren Finanzierung ist der Landkreis als Burgbesitzer die vergangenen 25 Jahre gescheitert. „Dafür schämen wir uns nicht“, sagte Weigel. Was man nicht habe, könne man nicht ausgeben. Pflichtaufgaben wie die Sanierung von Schulen hätten Vorrang.

Um die Kosten zu stemmen, führe deshalb an privatem Kapital kein Weg vorbei, erklärte Weigel. Der Landkreis spreche deshalb auch Unternehmer an, die vergleichbare Referenzprojekte in Sachsen realisiert haben. Das sei nichts Schlechtes. Geld könne letztlich nur mit Beherbergung oder Gastronomie erwirtschaftet werden – und dazu seien Verwaltungen nun mal nicht in der Lage. Er kenne kein gutes Restaurant, das von einer Behörde geführt wird.

Viele Hohnsteiner sehen dies skeptisch. Das Burgensemble dürfe nicht zerstückelt werden, warnte eine Einwohnerin.