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Hoffnung auf ein Jahr Gnadenfrist

Nachdem die Niederschlesische Verkehrsgesellschaft ihrem Personal im Landkreis Görlitz gekündigt hat, ist das Jahr 2018 noch unklar.

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© SZ-Archiv / André Schulze

Von Ralph Schermann

Am Ende der Niederschlesischen Verkehrsgesellschaft (NVG) ist nicht zu rütteln. Das bestätigte nicht nur Geschäftsführer Frank Müller. Auch Frank Knötig, der Betriebsratsvorsitzende, sagte: „Für Außenstehende ist das nicht nachvollziehbar, für uns war diese Entwicklung vorhersehbar.“ Die Arbeitnehmervertretung sah ebenso wie die Gewerkschaft Verdi im Verkauf von Anteilen des Unternehmens das Ende.

„Wir waren mit rund 75 Bussen und zwei Betriebshöfen in den Städten Görlitz und Weißwasser gut aufgestellt, bis wir mit Einsparungen für die Marktwirtschaft ,fit gemacht‘ wurden“, erinnert sich Knötig. Die erste Einsparung sah so aus, dass 30 von hundert Kollegen gehen mussten. 2012 verlor die NVG dann die Konzession ihrer Überland-Linien an das Bautzener Unternehmen Regiobus Oberlausitz (RBO). „Keiner hat damals verstanden, warum uns die Politik die Linien wegnahm, denn wir waren immer zuverlässig“, überlegte Busfahrer Michael Haase, auch ein Betriebsratsmitglied. 2012 waren erneut 30 Kollegen zu viel. „Dank großer Anstrengungen von Geschäftsführung und Betriebsrat gelang es, bis auf einen Kollegen alle in andere Verkehrsunternehmen zu vermitteln“, nannte Frank Knötig als Kraftakt.

Die andere Hälfte verblieb, weil die NVG für fünf Jahre einen Subunternehmervertrag bei der RBO aushandelte und damit einige Fahrten des bestehenden Netzes weiter bediente. Dieser Vertrag läuft nun Ende 2017 aus. Deshalb erhielten, wie berichtet, Ende Mai alle 30 Busfahrer und Werkstattmitarbeiter der NVG „blaue Briefe“. Zum Jahresende sollen die Kündigungen wirksam werden. „Unser Unternehmen ist tarifgebunden und muss deshalb Kündigungsfristen von bis zu sieben Monaten berücksichtigen“, begründete Frank Müller, kündigte aber an, weiter mit der RBO im Gespräch bleiben zu wollen. Dabei gehe es darum, wenigstens noch für 2018 im Schüler- und Linienverkehr Zuschläge zu erhalten. Das entspräche auch dem Modus anderer für die RBO tätigen Subunternehmer, die seit 2012 ihre Verträge Jahr für Jahr auffrischen müssen. Lediglich die NVG hatte eine Festschreibung für fünf Jahre erhalten. Die Kündigungen seien vor diesem Hintergrund erfolgt, betonte der Geschäftsführer. Dass die Mitarbeiter so einen Schritt nicht einfach hinnehmen wollen, wird daraus ersichtlich, dass zurzeit zehn von ihnen vor dem Görlitzer Arbeitsgericht dagegen klagen. Erreicht wurde bislang auf keiner Seite etwas. Frank Müller hofft weiterhin darauf, für 2018 noch RBO-Aufträge zu erhalten. „Es gibt keine neuen Entwicklungen“, sagte er auf Nachfrage. Und auch vor dem Arbeitsgericht wurde bislang nichts entschieden. „Im September wird dort weiter verhandelt“, informiert ebenfalls auf SZ-Nachfrage die Vertreterin des Landratsamtes Görlitz, Marina Michel.

Langfristig gesehen kann es sich aber so oder so nur um eine Übergangslösung handeln. Denn dass die NVG nicht mehr auf Dauer bestehen wird, ist allen Beteiligten klar. Frank Müller will deshalb schnell versuchen, innerhalb des Unternehmens Transdev „Türen für Übernahmen von Mitarbeitern zu öffnen“. Einige nicht genannt werden wollende Busfahrer rechnen auch mit Einstellungen bei Regiobus. Und kaum hörten Regiobus Potsdam und Verkehrsgesellschaft Belzig vom Desaster der NVG, boten sie bereits Hilfe an: „Wir suchen dringend Fahrer“, schrieb Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennig. „Die ersten zwei Interessenten aus Görlitz haben sich bereits bei uns beworben“, bestätigte er jetzt auf Nachfrage. Sie kämen dort zu einem guten Bekannten als Chef: Hennig leitete den VEB Kraftverkehr Görlitz, bevor aus diesem die jetzt untergehende NVG wurde.