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Goldrausch an der Weißeritz

Für eine Schülerarbeit suchte Cecilia Schiller Flüsse und Bäche ab. Ihr Fleiß sorgt bei Experten für Furore.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Seit einigen Wochen schon klingelt das Handy von Cecilia Schiller öfters als gewöhnlich. Und immer wieder sind Hobbygeologen dran, die ihre Arbeit loben und wissen wollen, ob sie daraus zitieren können. „Ist doch total verrückt. Eigentlich war es nur eine Schülerarbeit“, sagt die heute 26-Jährige. Nur – das ist untertrieben. Mehr als 100 Seiten umfasst die Belegarbeit zum Thema „Seifengold in Freital und Umgebung“, abgegeben und mit voller Punktzahl benotet im Jahr 2009. Nun, gut neun Jahre später, wird Cecilia Schiller in der Geologen-Szene damit berühmt. Gold im Weißeritzgebiet – so gründlich wie die Freitalerin hat das noch niemand untersucht und erforscht.

Den Goldstaub, sogenannten Flitter, fand sie jedoch nicht in der Weißeritz, sondern in deren kleinen Zuflüssen wie zum Beispiel im Oelsabach. Der Goldgehalt des Flitters liegt übrigens bei 98 Prozent.
Den Goldstaub, sogenannten Flitter, fand sie jedoch nicht in der Weißeritz, sondern in deren kleinen Zuflüssen wie zum Beispiel im Oelsabach. Der Goldgehalt des Flitters liegt übrigens bei 98 Prozent. © Andreas Weihs

Die Gesichte von Cecilia Schiller und ihrem Goldrausch beginnt, als sie noch im Kindergartenalter war. Damals las ihr Vater Steffen Gauernack in einer Tageszeitung einen Bericht über einen Goldwäscher in Thüringen. Den Dachdecker, der am Zusammenfluss von Wilder und Roter Weißeritz in Hainsberg wohnt, begeisterte das Thema sofort. Er fuhr hin, ließ sich einweisen und kam mit einem Goldwasch-Zertifikat zurück. Es war der Auftakt für ein neues Hobby in der Familie. Töchterchen Cecilia half mit, stapfte durch sächsische Bäche, buddelte Schlamm aus und fand auch sogenannten Flitter, hauchzarte Goldblättchen. „Für uns waren es großartige Erlebnisse, die Sommertage am rauschenden Bach im Schatten zu verbringen und etwas zu finden“, erinnert sich Steffen Gauernack.

Als seine Tochter Jahre später kurz vorm Abitur stand, fiel der begabten Schülerin allerdings ein Fach nicht allzu leicht: Mathematik. „Ich wollte Tiermedizin studieren und brauchte dafür einen Notenschnitt von 1,5“, sagt Cecilia Schiller. Eine mündliche Prüfung drohte und die Schülerin sann auf eine Alternative: Eine sogenannte besondere Leistungsfeststellung in Form einer Projektarbeit. Damit konnte sie die Prüfung umgehen.

Vater und Tochter griffen zu Goldwaschpfanne, Spaten, Gummistiefel, Karohemd und legten los. Die freien Stunden verbrachten sie nun an insgesamt 15 Bächen und Flüsschen zwischen Kreischa und Wilsdruff. Sie wuschen im Lockwitztal, im Oelsabach, im Seerenbach, in der Kleinen Triebisch, im Saubachtal.

Goldwaschen – das klingt nach Abenteuern und Freiheit. So ist es auch, sagt das Duo aus Vater und Tochter. Es ist aber auch eine Knochenarbeit. Wenn überhaupt, dann verbirgt sich das Edelmetall tief in den Sedimenten von Bächen und Flüssen. „Je härter der Untergrund, desto größer der Erfolg – möglicherweise“, sagt Cecilia Schiller. Der Schlamm wird ausgebuddelt, die groben Steine gesiebt und in die kreisförmigen Goldwaschpfannen gepackt. Dann folgt minutenlanges, ermüdendes Kippeln der Pfanne. Die nasse Pampe wird dabei hin- und herbewegt. Schwere Teilchen bleiben schließlich am Boden der Pfanne liegen. Wenn es dann noch verräterisch blinkt, handelt es sich vielleicht sogar um Gold. Reich werde man davon aber nicht, so Cecilia Schiller. Und ihr ging es 2009 ja auch nur um die Abi-Note.

Die Schülerin klopfte mit ihren 15 Proben bei der TU Freiberg an. Tatsächlich gelang es ihr, einige nette Wissenschaftler und Laboranten zu überreden, den Goldstaub untersuchen zu dürfen. Sie analysierte von jeder Probe die chemische Zusammensetzung und den Goldgehalt des Metalls, der übrigens bei 97 bis 98 Prozent liegt. Fein säuberlich in Tabellen aufgelistet, kann man das in der Arbeit nachlesen.

Die fleißige Goldwäscherin schaffte ihr Abi und wurde tatsächlich Tiermedizinerin. Ihre Arbeit verschwand im Archiv der Schule. Doch kürzlich bekamen einige Hobbygeologen von der „Vereinigung der Freunde für Mineralogie und Geologie“ davon Wind. Sie klingelten schließlich bei Cecilia Schiller an. Und sie sind begeistert, wie Christian Beyreuther von der Bezirksgruppe versichert: „Was Frau Schiller da geleistet hat, ist außergewöhnlich. Das muss man mal würdigen.“

Gold im Weißeritzgebiet – in der Bergbauvergangenheit der Region war davon nie die Rede. Die Bergleute schürften silber-, zinn- und kupferhaltige Erze aus den Bergen – aber Gold? „Die haben bestimmt auch danach gesucht, aber es hat sich einfach nicht gelohnt“, schätzt Mineraliensammler Beyreuther. Einen Goldrausch hat es hier im Gegensatz zum erzgebirgischen Berggeschrei aufgrund der Silberfunde nie gegeben.

Steffen Gauernack und Cecilia Schiller sehen das ähnlich. „Die Ausbeute wäre hier einfach zu gering“, sagen beide. Und wo findet man nun Gold? Steffen Gauernack lacht und Cecilia Schiller blättert noch einmal durch ihre Arbeit. „Auf jeden Fall nicht in der Weißeritz“, sagt die junge Frau mit Blick auf den Fluss. Besser halte man sich an die kleinen Nebenbäche und Zuflüsse. Im Oelsabach haben sie Goldstaub gefunden, ebenso in der Wilden Sau und fast allen weiteren untersuchten Bächen. Schiller: „Aber es ist nur ein Hobby.“