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Görlitz im Glück

Die Stadt kam bei der weltweiten Cyberattacke glimpflich davon. Doch der Vorfall zeigt: Sicherheit im Netz wird wichtiger.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Görlitz. Puh, gerade noch mal Glück gehabt. Während in Frankreich die Produktion in mehreren Renault-Werken nach einer großen Cyberattacke stillsteht und in einigen britischen Krankenhäusern alle Operationen abgeblasen werden müssen, sind die Auswirkungen in Görlitz überschaubar. Zwar funktionieren die Anzeigetafeln im Bahnhof auch am Montag noch nicht, aber ansonsten scheint die Stadt noch einmal glimpflich davongekommen zu sein bei der Cyberattacke. Weltweit hat sie seit Freitagabend in mindestens 150 Ländern für Unruhe gesorgt und etwa 200000 Computer blockiert – unter anderem eben bei der Deutschen Bahn.

Doch hatte auch die Bahn Glück im Unglück. „Nach dem Auftreten eines Trojaners gab es am Wochenende keinerlei Beeinträchtigung im Zugverkehr“, informiert Deutsche-Bahn-Sprecher Jörg Bönisch auf SZ-Nachfrage. Züge im Fern-, Regional- und Nahverkehr würden ohne Einschränkung fahren, auch beim Ticketverkauf gebe es keine Probleme. Nur die Anzeigetafeln in Bahnhöfen wie dem Görlitzer sind betroffen. „Wir setzen zusätzliche Mitarbeiter zur Kundeninformation ein“, sagt Bönisch. Zudem würden Reisende durch Ansagen informiert.

Mit Cyberangriffen wie am Freitag muss in der Zukunft sicher häufiger gerechnet werden. Deshalb hofft der Görlitzer Informatik-Professor Jörg Lässig, dass viele Unternehmen die aktuelle Attacke als Warnschuss verstehen – und künftig vorsorgen. Beispielsweise mit einem Kurs am gemeinsamen Lernlabor Cybersicherheit der Hochschule Zittau/Görlitz und des Fraunhofer-Instituts in Ilmenau. Lässig leitet das Labor. Die ersten Kurse finden am 29. und 30. Mai im Schlesischen Museum speziell für kritische Infrastrukturen wie etwa die Strom- oder Wasserversorgung statt, am 15. Juni dann generell zur IT-Sicherheit in Unternehmen jeder Art. „Für beide Kurse gibt es noch freie Plätze“, sagt Lässig. Beide Kurse sind auf das Management ausgerichtet, schauen sich Attacken an, besprechen die aktuelle Gesetzeslage und geben wichtige Hinweise, wie man sich schützen kann. „Das heißt zum Beispiel, ein IT-Sicherheitsmanagementsystem im Unternehmen einzuführen“, sagt Lässig. Zwar gehe es den Hackern vor allem um Geld. „Wenn aber, wie in Großbritannien, Krankenhäuser betroffen sind, dann sind das Angriffe auf Leib und Leben“, gibt Lässig zu bedenken. Das Bundesbildungsministerium stellt in diesem und im nächsten Jahr jeweils eine Million Euro für das Lernlabor zur Verfügung. „Wir haben drei Leute speziell dafür angestellt“, sagt Lässig.

In Görlitz sind ihm außer der Bahn keine weiteren Opfer der aktuellen Cyberattacke bekannt. SZ-Recherchen bestätigen dieses Bild. „Die Attacke hatte keine Auswirkung auf die Rechner der Stadtverwaltung“, sagt Rathaussprecherin Sylvia Otto: „Alle Rechner befinden sich auf einem aktuellen Sicherheits-Level.“ Natürlich sei das ein Achtungszeichen. Konsequenzen seien weiterhin möglichst zeitnahe Installation von Sicherheitsupdates, regelmäßige Sicherungen und die weitere Sensibilisierung der Mitarbeiter. Auch die Stadtwerke Görlitz waren nach Auskunft von Sprecherin Belinda Brüchner nicht von dem Cyberangriff betroffen: „Die Attacke hat, nach heutigem Stand, auch keinerlei Effekte auf die Stadtwerke.“ Ähnlich sieht es im Städtischen Klinikum aus. „Uns hat diese Attacke nicht betroffen, da unsere IT-Abteilung bereits vor etwa einem Jahr – also seit es diese Krypto-Trojaner gibt – mit Schutzmaßnahmen dagegen begonnen hat“, sagt Sprecherin Katja Pietsch. Die IT-Systeme des Landkreises sind ebenfalls nicht betroffen, sagt Pressesprecherin Marina Michel: „Dennoch nimmt unsere IT-Fachabteilung diese neue Dimension einer Cyberattacke zum Anlass, die vorhandene Sicherheitskonzeption auf ihre Zukunftsfähigkeit hin zu überprüfen.“ Die Deutsche Bahn arbeitet nun mit Hochdruck daran, die technischen Störungen an den Anzeigetafeln zu beseitigen, die auch die elektronischen Anzeiger auf den Bahnsteigen betreffen. „Das wird noch einige Zeit beanspruchen“, sagt Bönisch. Grund sei, dass die Anzeigetafeln durch lokale Anlagen gesteuert werden. Die Behebung der Störung müsse daher vor Ort erfolgen.

Anmeldung zu den Kursen der Hochschule unter www.academy.fraunhofer.de/seminare-cybersicherheit