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Gelingt die Rettung der Phase IV?

Ein Verein soll die Sammlung der Neustädter Videothek erhalten. Bei einem ersten Treffen kamen mehr Interessenten als gedacht.

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© Sven Ellger

Von Annechristin Bonß

Schon wieder dieses Murmeltier! Wie im Film. Dort gehört das täglich grüßende Tierchen zur Zeitschleife, in der Schauspieler Bill Murray immer wieder ein und denselben Tag erlebt. Bei Sven Voigt kommt das Murmeltier einmal pro Jahr. Schon wieder muss er sich Sorgen um seine Phase IV machen. Die Videothek ist Kult, nicht nur in der Neustadt, wo Sven Voigt dafür ein Geschäft an der Königsbrücker Straße gemietet hat. Menschen aus ganz Dresden schätzen die Sammlung mit 13 000 Streifen aus vielen Jahrzehnten Filmgeschichte.

Doch so kultig die Sammlung, der Laden und die Expertise in Sachen Film der Mitarbeiter sind: Zum Überleben reicht das Geschäft schon lange nicht mehr. Deshalb bangt Sven Voigt auch dieses Jahr um die Phase IV. Das Murmeltier ist wieder da.

Das erste Mal kündigte er das Aus im Januar 2016 an. Damals half eine Crowdfunding-Aktion im Internet. 39 000 Euro kamen zusammen. Mit dem Geld, das noch versteuert werden musste, konnte Sven Voigt die Finanzlücke stopfen und zwei weitere Jahre durchhalten. Anfang 2017 die Idee der Supportmitgliedschaft: Fans sollten mindestens 50 Euro pro Jahr zahlen und damit das Angebot unterstützen. 120 Menschen haben dies getan. Zu wenige, um die Filmgalerie dauerhaft zu halten. Sven Voigt hat mit über 300 Supportern gerechnet. Dazu sind die Ausleihzahlen und die Anzahl der aktiven Nutzer weiter gesunken. Nur noch knapp 5 000 Menschen liehen 2017 mindestens einmal etwas aus. Eine bittere Erkenntnis. Schließlich ist die Euphorie um die Phase ungebrochen groß.

Nun der letzte Versuch. Die Idee, einen Verein zu gründen, hat es bereits Anfang 2017 gegeben. Damals rieten Berater ab. Die Gemeinnützigkeit steht im Widerspruch zum Geschäft. Nun soll genau das klappen. Der Verein könnte Spenden entgegennehmen und sich um Fördergelder bemühen. Und es würden sich viele um die Sammlung kümmern. Das ist Sven Voigt wichtig. Er muss loslassen. Um sich und seine Familie zu ernähren, will und kann er künftig nicht mehr Vollzeit in der Phase IV arbeiten. Geld soll es auch für die anderen Mitarbeiter geben. „Mit solch einem Wissen über Filme soll niemand ehrenamtlich hinter dem Ausleihtresen stehen“, sagt er.

70 Leute kamen zum ersten Treffen für den Verein. Am Satzungsentwurf wird derzeit gearbeitet. Am 10. Februar, zum 12. Geburtstag der Phase IV, soll der Verein Realität werden. Mit so viel Zuspruch hat Sven Voigt nicht gerechnet. Er kennt Kritik, weiß, dass es vor allem auf Facebook Anfeindungen gibt. Nicht jeder versteht, warum trotz der 39 000 Euro wieder das Aus droht. Manch einer unterstellt Profitgier. „Ausgeruht haben wir uns nicht“, sagt er. „Mit dem Geld haben wir die Garantie gegeben, dass es ein Jahr weitergeht. Daraus sind zwei geworden.“ Dennoch ist er selbstkritisch: „Wir hätten früher und öfter über unsere Aktivitäten informieren müssen.“ Zum Beispiel, warum eine Zusammenarbeit mit den städtischen Bibliotheken nicht klappte. Die wollte die Sammlung übernehmen. Extra-Geld hatte sie dafür nicht. Und Sven Voigt will mehr Werbung machen. Muss viel öfter die Vorteile der Filmgalerie gegenüber Online-Diensten zeigen.

Sven Voigt hofft, dass der Verein die Sammlung und die kulturellen Angebote erhalten kann. Lust auf das Murmeltier hat er jedenfalls keine mehr.

Nächster Treff für den neuen Verein ist am 21. Januar, 14 Uhr, in der Alten (ehemals Blauen) Fabrik, Prießnitzstraße 48. www.filmgalerie-phaseiv.de