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Geflügelhöfe profitieren von der Eier-Krise

Während alle über vergiftete Eier reden, stehen bei den Züchtern in der Region die Telefone nicht still.

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© SZ-Archiv/as

Von Birgit Ulbricht und Alexander Buchmann

Anrufe besorgter Verbraucher, Andrang im Hofladen und verstärkte Nachfrage von Discountern. Seit auch in Deutschland mit dem Milbengift Fipronil belastete Eier gefunden wurden, dreht die Branche am Rad. Nicht zu Unrecht, sagt Christian Riedel, der als Chef des sächsischen Geflügelwirtschaftsverbandes und Eierproduzent in Großenhain in jeder Hinsicht mit Huhn und Ei befasst ist. Riedel hat seinen eigenen Bestand aus rein vertrauensbildender Maßnahme zu den Kunden demonstrativ testen lassen und natürlich, weil die großen Abnehmer den Schein ganz einfach verlangen, auch wenn hier jedes Ei aus dem heimischen Stall unbelastet ist.

Zur Großenhainer Geflügelhof GmbH & Co. KG gehört auch die Hühnerfarm in Lodenau. Auch dort sind die Auswirkungen der Eier-Krise zu spüren – allerdings im positiven Sinn. „Wir merken das schon. Es wird mehr gekauft“, sagt Christina Prötzig von der Hühnerfarm. Der Absatz habe sich dabei nicht nur im Hofladen erhöht, wo Privatleute ihre Eier direkt beim Erzeuger kaufen. Auch Einkaufsmärkte wie Edeka, die mit Eiern aus Lodenau beliefert werden, ordern mehr als zuvor. Natürlich gebe es aber auch besorgte Anrufer, die sich in Lodenau über die Eier erkundigen.

Das Gleiche erleben auch die Mitarbeiter der Geflügelzucht in Gablenz, wo die Prohav Halbendorf mbH & Co Landwirtschafts KG Eier produziert. „Es kommen viele fremde Kunden in den Laden“, sagt Mitarbeiterin Heike Flieger. Mit denen versuche sie ins Gespräch zu kommen und die Kunden so aufzuklären. Billige Lebensmittel würden auf Kosten der Qualität und auch des Tierwohls produziert. „Wenn man vernünftig und tierwohlgerecht produzieren will, kostet das Geld“, erklärt Heike Flieger. Um diese Preise machen zu können, müssten die Betriebe zudem immer größer und effizienter werden. Der Weg zum regionalen Erzeuger sei da für die Verbraucher eine Alternative, denn dort könnten sie sich erkundigen und auch einen Blick in die Ställe werfen. Dass das verstärkte Interesse der Kunden lange anhält, glaubt Heike Flieger allerdings nicht. „Ich vermute, dass die Leute das in ein paar Wochen vergessen haben, wenn das Thema aus den Medien raus ist. Dann kaufen sie wieder beim Discounter“, sagt sie.

Hereingeschwappt ist die Eierkrise aus Holland, wo das Milbengift offenbar in großem Stil eingesetzt wurde. Betroffen sind auch vier deutsche Firmen entlang der holländischen Grenze, die das Mittel auch verwendeten. Doch bei den heimischen Produkten besteht keinerlei Gefahr. „Wir setzen biologische Milbenbekämpfungsmittel ein, die die Milbe und die Eier der Milbe austrocknen“, erklärt Christian Riedel. Die Ställe werden vorm Einzug einer neuen Hühnergeneration damit behandelt.

Natürlich sei das aufwendiger als die Chemiekeule herauszuholen, weil die Milben inzwischen auch schon an das eine oder andere Mittel angepasst sind. Der geringere Aufwand, rechenbar in Euro und Cent, ist es wohl dann auch gewesen, der die Stallbetreiber im Nachbarland zu diesem kriminellen Tun getrieben hat.

Denn anders kann Christian Riedel den Einsatz von Fipronil nicht bezeichnen. Das eigentliche Problem sind jetzt nicht die frischen Eier, die sich schnell aussortieren ließen und hier ohnehin kaum auf den Tisch gekommen sein dürften. Problematisch sind die Eier, die jetzt in Kuchen, Eiern und unzähligen anderen Waren stecken. Da läuft im Hintergrund eine gigantische Recherche nach den belasteten Chargen. Immerhin sind die anhand der Nummern für Fachleute in den Regalen zu entdecken – nur der Kunde sieht es nicht.

Die Forderung von Verbraucherschützern, auch auf verarbeiteten Waren die Kennzeichnungspflicht für Eierherkunft einzuführen, stößt bei den Eierproduzenten daher sogar auf Zustimmung. Christian Riedel fände so einen Schritt nur konsequent. Den sächsischen Unternehmen käme es entgegen, wenn der Kunde erkennt, ob ein Kuchen mit Boden- oder Freihaltungseiern gebacken wurde und aus welchem Stall, aus welchem Land die Eier kommen. Der Kunde könnte dann auch bewusst beim Einkaufen entscheiden, dass er keine Ware nimmt, in der noch immer Käfigeier stecken. Denn die sind nach wie vor im Ausland erlaubt und werden für die Industrie importiert, obwohl die Käfighaltung in Deutschland längst untersagt ist. Die Kennzeichnungspflicht wäre damit eine super Marketingoffensive für die heimischen Eierproduzenten.