Merken

Gefährliche Schönheit

Der Staudenknöterich breitet sich in Coswig aus. Ein Stadtrat rückt der fremden Pflanze auf öffentlicher Fläche zu Leibe.

Teilen
Folgen
© SZ/Marion Gröning (Archiv)

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Auf seinem Weg zur Arbeit kommt der Coswiger Stadtrat Thomas Werner-Neubauer (Grüne) regelmäßig an den Problempflanzen vorbei. Auf dem Fußweg zwischen Melanchthonstraße und Dresdner Straße findet er sie, direkt hinter dem Gymnasium Coswig. Dann hält er an, rupft den Staudenknöterich heraus. Nach dem Motto: Wehret den Anfängen. Denn wer mit der Bekämpfung der Pflanze erst beginnt, wenn sie flächendeckend auftritt, der hat schlechte Karten, sagt der im Umweltamt Dresden tätige Gehölzexperte.

Stadtrat Thomas Werner-Neubauer kämpft dagegen an.
Stadtrat Thomas Werner-Neubauer kämpft dagegen an. © Arvid Müller

Dabei will mancher das Gewächs gar nicht loswerden, hält es sogar als Zierpflanze in seinem Garten. Genau damit hat die Geschichte einst begonnen. Als der Staudenknöterich als Gartenschmuck nach Europa kam. Außerdem wurde er für die Wildfütterung eingeführt, sagt Thomas Werner-Neubauer. Nur: Die Rehe mögen die Pflanze gar nicht. Die Herkunft der am weitesten verbreiteten Arten Sachalin-Knöterich und Gewöhnlicher Japan-Knöterich erklärt sich von selbst.

Doch weshalb gilt der Staudenknöterich als Feind? Wo er doch tatsächlich nicht unattraktiv ist mit seinen großen grünen Blättern und den hübschen weißen Blütenrispen, die Ende Juli und im August zu sehen sind. Weil er ein invasiver Neophyt ist. Eine gebietsfremde Pflanze, die sich schnell und fast unaufhaltsam ausbreitet. Er kann in zwei Wochen bis zu 1,50 Metern wachsen. Und ist sehr zäh. Kaum sind die oberirdischen Teile entfernt, schauen gleich wieder neue Spitzen aus dem Boden. Lässt man sie in Ruhe, erreicht der Staudenknöterich schnell bis vier Meter Höhe.

Dabei verdrängt er unaufhaltsam einheimische Gewächse. Und damit die Nahrungsgrundlage vieler Insekten. Wo er sich ausbreitet, verschwinden Brombeeren und Wildkräuter, sagt der Umwelttechniker Werner-Neubauer. Gern besiedelt der Staudenknöterich Straßen- und Wegränder – behindert dort die Sicht – oder Bahnstrecken und Flussufer. In Coswig findet er sich beispielsweise in größerer Ansammlung am Tännichtweg nahe der Brücke über die S 84. Einzelne Exemplare wurden auch in Kötitz und Brockwitz entdeckt. In Dresden hat er sich auf etwa 500 Quadratmetern auf den Elbwiesen am Ostragehege breit gemacht. Da steht er das ganze Jahr, es sei denn, Frost setzt ihm zu.

Doch ist er zu dicht dran am Wasser, besteht die Gefahr, dass er Ufer zum Abrutschen bringt oder mit abgebrochenen Pflanzenteilen fließende Gewässer blockiert, warnen Experten. Seine Wurzeln, die bis zu drei Meter in die Erde reichen, können Straßenoberflächen oder Fundamenten gefährlich werden.

Ausdauernd und schwer zu bekämpfen ist der Staudenknöterich. Jedes noch so kleine Wurzelstück treibt wieder aus. Und wächst an, sobald es mit dem Boden in Berührung kommt. Da hilft nur eins: Herausziehen – einmal die Woche – und vertrocknen lassen. Ohne Grünteile keine Fotosynthese, dann gibt die Wurzel irgendwann auf. Oder in den Biomüll tun. Das überlebt er nicht, hat sich Werner-Neubauer vom Kompostierbetrieb versichern lassen.

Gefährlich für die Gesundheit ist der Staudenknöterich nicht, sagen die Experten. Es sei denn, die Pflanzen befinden sich dort, wo Schwermetalle und Giftstoffe im Boden sind. Die werden nämlich von ihm aufgenommen. Ansonsten ist er durchaus essbar. Stadtrat Werner-Neubauer hat sich schon testweise an rohe Stücke herangewagt. Die Pflanze ist mit dem Rhabarber verwandt, enthält Oxalsäure. Mancher Kräuterkundler empfiehlt den Staudenknöterich sogar als Heilpflanze, beispielsweise gegen Rheuma oder als harntreibendes Mittel.

Will jemand partout nicht auf den Anblick des Staudenknöterichs verzichten oder ihn sich als Grünlieferanten halten, sollte er ihn in einen Eimer oder Topf pflanzen, sagen die Fachleute. Um zu verhindern, dass er sich über Rhizome ungehindert vermehrt.

Wer mehr zum Umgang mit dem Staudenknöterich wissen will, erhält dazu unter anderem Informationen beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/15224