Merken

Gefährliche Kettenreaktion

Ein Böller fliegt in Heidenau durchs offene Fenster. Erst brennt ein Bett, dann ein Auto.

Teilen
Folgen
© Daniel Förster

Von Daniel Förster

Mit einem Feuerwerkskörper hat ein Kind am Freitagabend in Heidenau eine Kettenreaktion mit ernsten Folgen ausgelöst. Der neunjährige Junge aus dem Neubaugebiet Mügeln war abends, im Dunkeln, mit drei etwa Gleichaltrigen auf der Güterbahnhofstraße unterwegs. Der Neunjährige hatte Feuerwerkskörper dabei, ein anderer ein Feuerzeug. Vor einem Mehrfamilienhaus zündete er einen Knaller – vermutlich eine sogenannte Biene – und warf diesen in ein offenes Fenster in der dritten Etage. Die Kinder liefen weiter und bemerkten wohl nicht, was danach passierte. Erst eine Frau in einem Auto bat die Jungs später, an den Unglücksort zurückzukehren, weil dort die Polizei wartete.

Wohnungseigentümer Mario Springer saß währenddessen in seiner Stube in der Dachgeschosswohnung vor dem Fernseher und schaute eine Dokumentation über japanische Kamikazeflieger. Plötzlich wirkten die Effekte um das Kriegsgeschehen auf dem Bildschirm täuschend echt. „Im Fernsehen wurde gerade geschossen. Bei mir in der Wohnung pfiff es. Es war ein ganz komisches Geräusch“, sagt er. „Ich habe nicht glauben können, dass meine Soundanlage so gut ist und solche Effekte erzeugt.“ Er spulte den Film ein Stück zurück. Der vermeintliche Effekt war nicht mehr zu hören. Allerdings war es in seiner Wohnung ernst geworden.

Während des Zurückspulens hörte er ein Knistern von nebenan. Es begann bereits, zu qualmen. Er ging hinüber ins Schlafzimmer. Dort war der Feuerwerkskörper auf das Bett gefallen, hatte dieses entzündet. Wenig später stand es in Flammen. „Ich habe das Kissen genommen und versucht, das Feuer zu ersticken“, erzählt der 45-Jährige. Doch er hatte keine Chance. Immer wieder züngelten Flammen. In Panik nahm er die brennende Matratze samt Heizdecke und Bettdecke, warf sie aus dem Fenster. „Ich hatte keine andere Möglichkeit“, sagt er.

Doch beim Hinauswerfen blieb die Matratze am Fensterrahmen hängen. Dadurch verlor das gesamte Bettzeug seinen Schwung und flog nicht weit genug weg vom Haus. Statt auf dem Fußweg, landete es auf dem Dach des unten auf dem Grundstück abgestellten weißen VW Polo von Yvonne Zech. Die Nachbarin war erst zehn Minuten zuvor von der Arbeit nach Hause gekommen. „Ich habe den 13 Jahre alten Wagen erst vor vier Wochen für 1 200 Euro gekauft“, sagt die Eigentümerin.

Vom Dach des Polo rutschte die brennende Matratze dann seitlich nach unten neben das Auto. Der rechte Hinterreifen des Polo fing sofort Feuer. Die Flammen züngelten an der Karosse direkt am Tank empor. Mario Springer, der das brennende Bettzeug aus dem Fenster geworfen hatte, rannte nach unten. „Ich wollte das brennende Zeug noch wegziehen, aber es ging nicht, die Hitze war zu groß“, erklärt er. Alles stand lichterloh in Flammen. „Ich habe gerufen und gebrüllt.“ Anwohner im Erdgeschoss hatten die Flammen auch bemerkt und die Hilfeschreie gehört. Mario Springer eilte zu ihnen in die Wohnung. „Wir haben schnell einen Eimer mit Wasser vollgemacht und haben es aus dem Fenster sofort draufgekippt.“

Schließlich kam Tischler Jörg Pohlink von gegenüber mit einem Feuerlöscher zu Hilfe. Das war die Rettung. Der Freund der Polobesitzerin, Ralf Kreschke, schlug die hintere Seitenscheibe des Pkws ein, um mit dem Feuerlöscher auch ins Innere zu kommen. „Das Auto war völlig verqualmt. Es war unklar, wie weit es im Innenraum brennt“, sagte er.

Als die Feuerwehr eintraf, waren die Flammen bereits aus. Die Kameraden gingen auf Nummer sicher. Sie schauten mit einer Wärmebildkamera, ob sich noch Glutnester im Auto befinden. Der Pkw ist nun wahrscheinlich Schrott. Der Innenraum wurde durch das Pulver des Feuerlöschers in Mitleidenschaft gezogen. Mario Springer schätzt den Schaden in seiner Wohnung auf 400 bis 500 Euro. Er braucht nicht nur ein neues Bett, auch der Teppich im Schlafzimmer hat Brandstellen. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung.