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Für Kinder braucht Frau keinen Mann

Immer mehr Däninnen verzichten beim Kinderwunsch ganz auf einen Vater. Die gesellschaftliche Akzeptanz macht es Solomüttern leichter.

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Von André Anwar

Signe Fjord, 41, ist Juristin und Schriftstellerin. Sie lebt im nördlich von Kopenhagen liegenden Frederikssund. Trotz mehrerer Beziehungen purzelte nie der richtige Mann für das Kindermachen in ihr Leben. Sie ging zu einer dänischen Samenbank, wo es für alleinstehende Frauen viel einfacher ist, sich über anonymes Fremdsperma befruchten zu lassen, als im deutschsprachigen Raum.

Inzwischen ist Töchterchen Zinella dreieinhalb Jahre alt. „Es war keine einfache Entscheidung. Eigentlich hätte ich gern einen Mann zum Kind gehabt. Aber es war die letzte Möglichkeit für mich, um mir diesen Wunsch noch zu erfüllen und es war dann alles viel einfacher, als ich gedacht hatte“, sagt sie. Jedes zehnte Kind wird in Dänemark inzwischen über anonyme Samenbanken von alleinstehenden und zumeist berufstätigen Frauen geboren.

Jede Dänin unter 40 Jahren kann den Dienst der Samenbanken in Anspruch nehmen. Der Spender bleibt für immer anonym. Auch viele deutsche Frauen nutzen den Dienst dänischer Samenbanken. Fjord war das Verfahren lieber, als sich etwa bei einem „One-Night-Stand Samen zu rauben“. Eine Adoption ist auch in Dänemark für Alleinstehende unmöglich.

„Wenn ich sehe, wie viele Eltern mit Kindern sich im Bekanntenkreis streiten und trennen, ist es vielleicht nicht so falsch, alleine ein Kind zu haben“, sagt sie und lacht. In Dänemark liegt die Scheidungsrate bei 43 Prozent. „Da ist die Chance, ein Scheidungskind zu produzieren, das rastlos zwischen Vater und Mutter herumreisen muss, fast fifty-fifty“, meint Fjord. Tatsächlich gibt es Studien, die zeigen, dass Kinder von freiwilligen Solomüttern bessere Leistungen in Tests erzielen als Scheidungskinder. Sie schneiden dort auch genauso gut ab wie Kinder, die Mutter und Vater haben, so Fjord. In ihrer Elternzeit schrieb sie ein Ratgeberbuch für Solomütter, dessen deutsche Ausgabe „Mama und das Wunschkind“ heißt.

Auf den Entbindungsstationen der dänischen Krankenhäuser stellt man sich auf den neuen Trend ein. So hat das Kopenhagener Rikshospitalen schon Solomüttergruppen eingerichtet, in denen sich die Frauen gegenseitig beraten und unterstützen können. Auch die relativ große Akzeptanz für ein Leben außerhalb klassischer Kernfamilien sowie lange Elternzeiten und ein gut ausgebautes Kinderbetreuungssystem erleichtert alleinstehenden Frauen die Entscheidung, Solomutter zu werden.

Zudem handelt es sich bei Solomüttern entgegen Vorurteilen auch nicht um Frauen, die es besonders schwer haben, Männer zu finden. Die Solomütter haben laut Studie der Universität Kopenhagen genauso viele und lange Paarverhältnisse gehabt wie Mütter mit Partnern. Und sie sind auch keine Männerhasser. 90 Prozent der Solomütter hätten so wie Fjord laut Umfrage lieber einen Mann an ihrer Seite. „Der steigende Druck, erst Kinder zu kriegen, wenn Karriere, Persönlichkeitsentwicklung und alles andere fertig sind, schreckt heutzutage aber sehr viele Männer davon ab, sich für Kinder zu entscheiden, auch wenn deren Partnerinnen sich in der letzten möglichen biologischen Lebensphase dafür befinden“, sagt Fjord.