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Frieren in der Görlitzer Synagoge

Beim jüngsten Symposium kroch einmal mehr die Kälte erbarmungslos an den Besuchern hoch. Es ist eben noch eine Baustelle, heißt es aus dem Rathaus.

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© Archivfoto: Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Zuerst wurden die Füße kalt. Dann, nach etwa einer Stunde, kroch die Kälte auch am Rest des Körpers hinauf. Dazu der leichte Zug von einer Seite, da dort die Tür wegen mehrerer Kabel offen blieb. „Die meisten Besucher hatten sich in ihre Jacken und Mäntel gehüllt, um es auszuhalten“, erzählt ein Besucher des Symposiums zum Stadthallenanbau. Das fand Ende November in der ehemaligen Synagoge in der Otto-Müller-Straße statt. Wie auch etliche weitere Veranstaltungen in diesem Jahr.

Zwar ist die Synagoge noch nicht fertig restauriert, aber Lesungen, Diskussionsrunden, Konzerte – all das ist jetzt schon möglich. Seit Sommer ist auch der Fußboden fertig – er ist äußerst hochwertig, sogar preisgekrönt. Es gibt weit und breit keinen vergleichbaren Estrichboden, der auf so großer Fläche in einem Guss verlegt wurde, also sogar ohne Fugen. Der darüber hinaus große Belastungen aushält und unter seiner mehr als sechs Zentimeter dicken Schicht noch Fußbodenheizung und technische Anlagen verbirgt. Den Deutschen Estrichpreis gab es dafür in diesem Jahr.

Fußbodenheizung – das klingt doch gut. Aber warum haben die Besucher dann so kalte Füße? Das Thema kam kurz vor Weihnachten auch im Stadtrat zur Sprache. CDU-Fraktionschef Dieter Gleisberg sagte: „Frieren in der Synagoge, da kann ich mir bessere Traditionen vorstellen.“ Zudem bestätigte Gleisberg, dass die Fußbodenheizung „wie verrückt geheizt“ hätte. Aber die Wärme hält nicht. Stattdessen zieht sie nach oben weg. Denn in der Kuppel des Gebäudes ist noch eine offene Stelle, durch die Wärme entweichen kann. Bürgermeister Michael Wieler, der bei der Stadthallen-Diskussionsrunde im November selbst mit frieren musste, sagt: „Ich habe im Nachgang zu dieser Veranstaltung viele ähnliche Meldungen erhalten.“

Die gerade zu dieser Jahreszeit nicht zu vermeidende Kälte in der Synagoge sei kein technisches Problem, erklärt Bürgermeister Wieler, sondern der Tatsache geschuldet, das eben noch nicht alle Baumaßnahmen umgesetzt worden seien. Das subjektive Empfinden des Besuchers angesichts des schönen Innenraumes täusche sehr darüber hinweg, dass die Synagoge tatsächlich eben immer noch eine Baustelle ist. „Im Rahmen der jetzt finanzierten Fertigstellung der Synagoge wird das Loch in der Kuppel durch eine Rauchabzugsvorrichtung verschlossen, die sich nur im Brandfall öffnet“, erklärt Michael Wieler. Momentan dürfe sie nicht verschlossen werden, da ansonsten kein Rauchabzug möglich wäre. Dadurch ist die Öffnung gegenwärtig permanent und zieht trotz laufender Heizung, die einwandfrei funktioniere, die schwerere Kälte nach unten und drückt die leichtere Wärme nach oben.