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Elch spaziert durch Sohland

An zwei verschiedenen Stellen gelangen Einwohnern Schnappschüsse von dem Tier. Ein Fachmann rät zu Vorsicht.

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© Jan Zöllner

Von Katja Schäfer

Sohland. Kann das sein? Oder täuschen mich meine Sinne? Jan Zöllner ist zuerst etwas irritiert, als er am Mittwochabend mal schnell zu einem Kumpel will und plötzlich ein ungewöhnlich großes Tier auf einer Wiese im Sohlander Ortsteil Tännicht stehen sieht. Unweit der Bushaltestelle ist das; dort wo sich die Wehrsdorfer Straße und die Straße namens Tännicht gabeln. Der Sohlander schaut noch mal genauer hin und ist sich sicher: Da steht ein Elch. „Erst dachte ich ja, ich habe mich verguckt. Aber für ein Reh war das Tier viel zu groß“, erzählt Jan Zöllner, der zuvor noch nie einen Elch in echt gesehen hatte. Geistesgegenwärtig macht er mit dem Handy ein paar Aufnahmen, bevor das Tier langsam in Richtung Wald davonläuft.

Michael Striese ist Elch-Fachmann. Unter anderem betreut er mehrere Exemplare, die in einem Gatter im Daubaner Wald zwischen Bautzen und Niesky leben. Mit Funktechnik
Michael Striese ist Elch-Fachmann. Unter anderem betreut er mehrere Exemplare, die in einem Gatter im Daubaner Wald zwischen Bautzen und Niesky leben. Mit Funktechnik © Dr. Axel Gebauer

Anhand dieser Fotos stellt der Elch-Fachmann Michael Striese fest: „Das ist ein junger Elchbulle, höchstwahrscheinlich 2016 geboren.“ Zu dieser Einschätzung kommt er, weil das Tier noch kein großes Geweih hat, sondern nur kleine Spieße. So werden Geweihansätze genannt, die bisher nur ein Ende haben. Auf den Fotos von Jan Zöllner ist das gut zu erkennen. Striese freut sich darüber. Denn auf vielen Fotos, die er bekommt, verdecken die großen Ohren der Elche solche Merkmale. Dann lässt sich schlecht sagen, ob es sich um einen Bullen oder eine Kuh handelt.

Aber wie kommt ein Elch nach Sohland? Diplom-Biologe Michael Striese, der seit vielen Jahren Elche in der Oberlausitz betreut, schätzt, dass das Tier über Tschechien eingewandert ist. Vermutlich komme es aber aus Polen, denn dort gibt es deutlich mehr Elche als in Tschechien. Ende September, Anfang Oktober beginnt deren Hauptwanderzeit, denn jetzt stehen die Elche kurz vor der Brunft, erklärt der Fachmann. Das dauere bis November. Bei ihren Touren können die Tiere weite Strecken zurücklegen. 30 Kilometer innerhalb von 24 Stunden wurden schon ermittelt.

„Anscheinend sind derzeit mehrere Exemplare in der Gegend unterwegs“, sagt Michael Striese. Denn am Montagnachmittag wurde ein Elch an der B 6 bei Nechen in der Nähe von Löbau gesehen, am Dienstag einer in Friedersdorf bei Neusalza-Spremberg. Allerdings kann es auch sein, dass es sich dabei immer um das gleiche Tier handelt, das am Mittwoch dann in der Gemeinde Sohland unterwegs war. Dort hat es nicht nur Jan Zöllner entdeckt. Gert Schmidt, der im Sohlander Rathaus arbeitet, fotografierte den Elch ein paar Stunden eher. Der Gemeindeangestellte war gegen 12 Uhr gerade von Sohland in Richtung Wehrsdorf unterwegs, als das Tier dort in Nähe des Ortseingangs im schnellen Trab die B 98 überquerte. Zum Elch-Test kam es zum Glück nicht.

Mit dem nötigen Respekt begegnen

„Der Elch wollte bestimmt den Wehrsdorfern zu ihrem Sieg beim Dorfwettbewerb gratulieren“, sagt Christine Herold von der Sohlander Touristinformation lachend. Denn am Mittwoch war dieser Sohlander Ortsteil als Sieger des zehnten sächsischen Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ auf Kreisebene gekürt worden. Während die Freude darüber in Wehrsdorf noch nicht abgeklungen ist, halten nun viele Leute in ganz Sohland Ausschau nach dem Elch. Denn sein Besuch hat sich schnell herumgesprochen.

Michael Striese empfiehlt jedoch, diesen Tieren mit dem nötigen Respekt zu begegnen. Obwohl sie knuffig und gemütlich aussehen, seien sie „nicht ungefährlich“, vor allem aufgrund ihrer Größe und des damit einhergehenden Gewichtes. „Man sollte Elche auf keinen Fall in die Enge treiben und am besten nicht näher als 30 bis 40 Meter an sie heran gehen. Wenn diese Tiere das Gefühl haben, dass man ihnen den Fluchtweg versperrt, treten sie schnell mal mit den Vorderhufen aus. Und das geht dann auch bei Leuten, die wie ich über 1,90 Meter groß sind, bis in Kopfhöhe“, warnt der Fachmann und spricht dabei aus eigener Erfahrung. Gut sei es immer, einen Baum zwischen sich und dem Tier zu haben oder im Auto zu sitzen. Halbhohe Zäune könnten Elche hingegen leicht überspringen, sagt Michael Striese. Leute, die Elche hier in der Gegend sichten, bitte er, ihn darüber zu informieren und möglichst auch Fotos zu schicken.

Kontakt: Michael Striese, 01738222984, [email protected]