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Eine von 611

Polizistin wollte Dorothea A. schon immer werden. In Riesa hatte sie jetzt ihren großen Tag.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Verschlungene Wege führen manchmal auch ans Ziel. Wie bei Dorothea A. „Ich wollte schon immer Polizistin werden, auch als Schüler“, sagt die 35-Jährige. Doch nach der Schule studierte sie trotzdem erst einmal Lehramt, um Grundschullehrerin zu werden. Dann verschlug es sie in eine Immobilienverwaltung. Und dann kamen auch noch die drei Kinder. Die sind nun schon so groß, dass sie ihre Mutter mit dem Fahrrad begleiten, wenn die Leipzigerin joggt, um fit zu bleiben.

Konzentriert: So sieht es aus, wenn 600Polizisten einen Eid schwören.
Konzentriert: So sieht es aus, wenn 600Polizisten einen Eid schwören. © Lutz Weidler
Im Takt: Das Polizeiorchester Sachsen sorgte in Riesa für die Musik.
Im Takt: Das Polizeiorchester Sachsen sorgte in Riesa für die Musik. © Lutz Weidler

Und das musste sie: Denn jetzt hat die gebürtige Rostockerin die Gelegenheit genutzt, doch noch ihren Wunschberuf zu ergreifen. „Wenn nicht jetzt, dann nie“, sagte sich die 35-Jährige. Denn der Fitnesstest, den Bewerber bei der Polizei absolvieren müssen, ist nicht ohne. Die Sache ging gut – und so hatte Dorothea A. am Freitag in Riesa ihren großen Tag. Sie gehörte zu den 611 Polizeianwärtern, die zu moderner Marschmusik in zwei langen Reihen in die Sachsenarena einzogen.

So viele Anwärter wie seit 20 Jahren nicht konnten Innenminister Markus Ulbig (CDU) und Polizei-Inspekteur Reiner Seidlitz in Riesa vereidigen. Erstmals gab es eine zentrale gemeinsame Zeremonie für angehende Polizeimeister und zukünftige Kommissare: Rund 470 Polizisten wie Dorothea A. haben jetzt ihre Ausbildung an den Polizeifachschulen in Schneeberg, Chemnitz und Leipzig begonnen. Dazu kommen 133 Kommissaranwärter, die seit Oktober an der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg (Oberlausitz) studieren. Außerdem konnte der Innenminister noch zehn angehende Spezialisten begrüßen, die jetzt einen Vorbereitungsdienst zur Bekämpfung der Computer- und Internetkriminalität begonnen haben.

Der Freistaat habe vor zwei Jahren aufgrund der „geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen“ den ursprünglich geplanten Stellenabbau bei der Polizei gestoppt, teilt das Innenministerium mit. Darüber hinaus wurden weitere 1 000 Stellen geschaffen und dabei die Zahl der Neueinstellungen erhöht – auf rund 600 in diesem Jahr und 700 ab 2018. Zum Vergleich: 2014 waren lediglich 300 Polizisten neu eingestellt worden, danach gut 400, schließlich etwas mehr als 500.

Damit habe man den ursprünglichen Stellenabbau umgekehrt, sagt Innenminister Ulbig. „Eine starke Polizei ist das A und O, um Recht und Ordnung zu gewährleisten.“ Deshalb investiere man auch mehr Geld für Ausrüstung und Ausstattung. „Sie werden morgens nicht mehr 15 bis 20 Minuten warten müssen, bis die Rechner in Ihrer Dienststelle hochgefahren sind“, sagt er zu den 611 Anwärtern, die von gut 1 000 Angehörigen begleitet werden. Nötig sei es noch, mit dem geplanten neuen Polizeigesetz die rechtlichen Grundlagen für die Polizeiarbeit zu verbessern – etwa beim Feld der Internetkriminalität. In der Innenministerkonferenz setze er sich dafür ein, den in Deutschland geltenden „Flickenteppich“ bei den Eingriffsrechten der verschiedenen Länder-Polizeien zu beseitigen.

Immerhin: Auch wenn das Jahr noch nicht vorbei sei, würden die Kriminalitätszahlen für 2017 den Minister bislang optimistisch stimmen. Riesas OB Marco Müller (CDU) als Gastgeber wünscht sich von Gesellschaft und Justiz, dass sie den Polizeibeamten bei ihrer Arbeit den Rücken stärken. „Bei Demonstrationen und Fußballspielen stehen Polizisten zwischen den Fronten und werden in bisher nicht bekannter Intensität angegriffen“, sagt der Oberbürgermeister. Gleichzeitig baue man in Riesa und ganz Sachsen auf die Fähigkeiten der Polizei – und bringe den Beamten großes Vertrauen entgegen.

Mit der Vereidigung in Riesa sind die mehr als 600 Anwärter nun auch offiziell in die Polizei aufgenommen worden. Jetzt ist an den Polizeifachschulen erst einmal Büffeln angesagt. „Wir haben jetzt viel Rechtsunterricht“, sagt Dorothea A. So steht etwa Verkehrsrecht oder das Polizeigesetz auf dem Stundenplan. Dazu kommt aber auch viel Sport – zum Beispiel der 5 000-Meter-Lauf. „Den schaffe ich in 24 Minuten. Wenn ich noch ein, zwei Minuten schneller werde, bekomme ich die volle Punktzahl“, sagt die Leipzigerin. Wo sie später einmal Dienst tut, ist noch völlig offen. Nur hinter dem Schreibtisch möchte die dreifache Mutter nicht landen. Ihr Traum wäre die Kripo. Vielleicht führt der Weg sie auch noch dahin.