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Ein schlechter Tag für schnelle Leute

Mit vier Teams ist die Meißner Polizei beim Blitzer-Marathon unterwegs. Doch nicht alle machen mit – mangels Personals.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Meißen. Nun hat es doch eine Autofahrerin erwischt. Polizeihauptmeisterin Ramona Jobst zieht die Kelle. 65 Kilometer pro Stunde ist die Frau mit ihrem VW Eos auf der Niederauer Straße in Meißen gefahren. Erlaubt sind hier 50. Nach Abzug der Toleranz bleiben 12 km/h zu viel. Macht 25 Euro Strafe. Die Frau diskutiert nicht. „Ich bin zu schnell gefahren, ich gebe es zu“, sagt sie. Polizeihauptmeister Michael Meyer, der gemeinsam mit Vicky Böttcher von der Sächsischen Sicherheitswacht an der Laserpistole steht, wundert sich: „Den ganzen Tag läuft es in den Medien rauf und runter, dass heute Blitzermarathon ist. Trotzdem fahren einige immer noch zu schnell“. Na gut, so viele wie sonst sind es nicht. Da fahren nicht nur im Landkreis Meißen verdächtig viele Autofahrer verdächtig nahe an der Straßenverkehrsordnung. Doch die Kontrolleure in den blauen Uniformen lauern an diesem Tag längst nicht überall im Landkreis. Kurzfristig abgesagt haben die Polizeireviere Riesa und Großenhain. Es wird Personalmangel angegeben. In der Tat ist der Zeitpunkt für die Aktion in diesem Jahr schlecht gewählt. Es sind Osterferien. Damit entfallen schon Kontrollen dort, wo sie am notwendigsten und sinnvollsten wären - vor Schulen. Und es gibt ein weiteres Problem. Auch zahlreiche Polizisten haben in dieser Woche Urlaub. Die verbliebenen sind mit aktuellen Einsätzen beschäftigt.

In Meißen aber sind genügend Beamte da. Am Mittwoch waren insgesamt vier Teams mit jeweils drei Polizisten in Meißen, Nossen, Moritzburg, Radeburg, Weinböhla und Radebeul unterwegs, zwar keine 24 Stunden, aber von sechs bis 24 Uhr. „Ziel des Blitzermarathons sei es nicht, die Autofahrer massenhaft abzukassieren, sondern Präsens zu zeigen und ein Zeichen zu setzen“, sagt Meißens stellvertretender Revierleiter Jörg Ettelt. Dieses Zeichen haben die Kraftfahrer an der Niederauer Straße offenbar verstanden. Dafür gerät ein anderer ins Visier der Polizisten. Polizeihauptkommissar Uwe Schneider hält einen Fahrradfahrer an. Der ist nicht nur schwer mit Beuteln bepackt, sondern fährt auch auf dem Fußweg. Der Radweg befindet sich auf der anderen Straßenseite. Schneider belässt es bei einer Belehrung. Bei zu schnellen Autofahrern hingegen geht es ins Geld.

Am Vormittag in Nossen blieb es jedoch bei Verwarngeldern bis maximal 35 Euro. „Das Wichtigste an solch einem Tag ist die Prävention. Wir wollen die Autofahrer darauf hinweisen, hin und wieder mal auf den Tacho zu schauen “, sagt der Dienstgruppenleiter. Dafür spricht auch, dass die Polizisten an diesem Tag das Gerät großzügig eingestellt haben. Es piept erst, wenn jemand schneller als 63 Kilometer pro Stunde fährt. Bei Automobilverbänden und Verkehrsexperten steht der Blitzermarathon dennoch in der Kritik. Von Aktionismus ist die Rede, der nichts bringe. „Das Hauptaugenmerk beim Blitzer-Marathon sollte auf notorischen Rasern liegen. Dazu sollte vor allem nachts, an Wochenenden und auf Motorradstrecken kontrolliert werden. Die massenhafte Ahndung geringfügiger Überschreitungen im Berufsverkehr füllt zwar die Staatskassen, trägt jedoch nur wenig zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei“, heißt es beispielsweise beim Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) .

Den ersten Blitz-Marathon in Deutschland hatte es 2013 gegeben. Nach einem Jahr Pause beteiligt sich Sachsen wieder an der europaweiten Aktion. „Nach der angespannten Situation 2015 und 2016 durch die Flüchtlingskrise sind wir jetzt wieder im normalen Modus“, sagt Polizist Schneider. Soll heißen: Autofahrer müssen sich auch außerhalb des Blitzer-Marathons wieder auf mehr Kontrollen einstellen.

Manchmal sind diese sogar ausdrücklich gewünscht. So beschwerten sich Coswiger Eltern, dass vor der Schule ihrer Kinder gerast werde, sagt Uwe Schneider, der auch Leiter des Standortes Coswig ist. „Daraufhin haben wir eine Geschwindigkeitskontrolle durchgeführt. Zwei Drittel der Ertappten waren Eltern der dortigen Schüler.“