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Ein dicker Kuss für das Kampfschwein

Patrick Hausding krönt sein Mammutprogramm bei der WM mit Silber. Trainiert wird der Berliner von einem Dresdner.

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© dpa

Von Daniel Klein

Natürlich ist es nicht ernst gemeint, der Gedanke aber auch nicht abwegig. Vermutlich habe Patrick Hausding in Budapest gar kein Hotelzimmer gebucht, erklärte ein italienischer Fernsehkommentator, weil er gleich in den Umkleidekabinen schlafe. Es ist eine Anspielung auf das Mammutprogramm, das der Berliner bei der WM abspulte. Sieben Tage in Folge war er in der Duna-Arena im Einsatz, absolvierte in 20 Stunden seine 57 Sprünge.

Mit seinem letzten gewann er am Donnerstagabend Silber vom Dreimeter-Brett, es ist die erste deutsche Einzelmedaille bei der Schwimm-WM. „Das waren die härtesten Wettkämpfe meines Lebens“, erklärte er hinterher sichtlich erschöpft. Beim letzten Auftritt seines Synchronpartners Sascha Klein (Dresden) hatte er vorher bereits Bronze vom Turm geholt, vom Einmeter-Brett und im Teamwettbewerb war er jeweils als Vierter nur knapp am Podium vorbeigesprungen. Lutz Buschkow bezeichnete Hausding als „Kampfschwein“, was der Bundestrainer als höchste Form der Anerkennung verstanden haben wollte.

Trotz Schulter- und Knieschmerzen kämpfte sich Hausding durch sein XXL-Programm, machte kaum Fehler, war wie schon so oft in seiner Karriere absolut zuverlässig. „Er ist ein Ausnahme-Wasserspringer“, findet Christoph Bohm, der ihn seit knapp einem Jahr in Berlin betreut. „Sein Körperlagegefühl ist außergewöhnlich. Er weiß in der Luft immer, wo er gerade ist.“ Bohm betreute vorher am Dresdner Stützpunkt die Junioren, bekam dann das Angebot. „Ich wollte zunächst nicht, aber Patrick und sein damaliger Trainer, der in den Ruhestand geht, haben mich überredet“, erklärt der 33-Jährige der SZ.

Das Besondere an der Konstellation: Athlet und Trainer trennen nur fünf Jahre. Das habe Vorteile, findet Bohm. „Wir unternehmen auch außerhalb der Halle einiges zusammen. Wenn er Probleme hat, sportliche wie private, kann ich das gut verstehen, weil wir aus der gleichen Generation kommen.“ Dass darunter nicht die tägliche Arbeit leiden dürfe, haben beide in einem Gespräch vereinbart. Wobei das wahrscheinlich nicht nötig war, Hausding gilt als äußerst professionell und zielstrebig.

Vor sieben Jahren gewann er bei fünf Starts fünf EM-Medaillen, das hatte vor ihm noch kein Wasserspringer geschafft. Damals wirbelte er nur einen Kilometer entfernt von der Duna-Arena durch die Luft. „Es kamen viele Erinnerungen an 2010 hoch, Budapest scheint mir zu liegen.“

Bis zu den Spielen 2020 will er weitermachen, zunächst aber freut er sich auf den Urlaub in Kroatien. Dort schläft er bei seiner Freundin Marcela Maric – und nicht in einer Umkleidekabine. (mit sid)