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Ein Denkmal verschwindet

Gut 100 Jahre prägte der Ringlokschuppen das Bild an den Gleisen in Gröba. Dann begann der Verfall.

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© Weidner

Frank Grießhammer

Riesa. Nach langen und sorgfältigen Überlegungen zur Trassierung der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Dresden ergab sich für die Kleinstadt Riesa der glückliche Umstand, dass die neue Strecke ausgerechnet hier die Elbe überqueren sollte. Der Verkehrsknoten aus Bahn und Elbeschifffahrt hatte ab 1838 die Ansiedlung von Gewerbe und Industrie begünstigt.

1991 konnten Bahnfreunde den Schuppen besuchen.
1991 konnten Bahnfreunde den Schuppen besuchen. © Grießhammer
Die Drehscheibe des Lokschuppens wurde 1945 gesprengt und später im Stahlwerk repariert.
Die Drehscheibe des Lokschuppens wurde 1945 gesprengt und später im Stahlwerk repariert. © Weidner

In den Folgejahren wurden die Lokhallen in Riesa immer größer. Der am Anfang vorhandene zweiständige Lokschuppen der „Station Gröba“ wurde bereits 1850 durch eine neue, vierständige Halle ersetzt. Diese erwies sich als völlige Fehlkonstruktion. Man stelle sich vor: Über den Lokständen waren Beamtenwohnungen eingerichtet. Nach einer Inspektion durch Professor Andreas Schubert, dem Erbauer der „Saxonia“ und des Dampfers „Königin Maria“, wurde dieses Bauwerk verworfen und 1862 eine dritte Lokhalle auf dem Bahnhofsgelände errichtet, die sich mit ihren sechs Ständen aber bald als zu klein erwies. Das vierte Heizhaus, ein Rundschuppen mit acht Ständen, ging im Jahr 1876 westlich des Personenbahnhofes in Betrieb. Wieder zu klein geraten, wurde dieser Schuppen bald auf 16 Stände erweitert. Er war jedoch der steigenden Anzahl der Lokomotiven nicht gewachsen.

Für einen neuen Ringlokschuppen bot sich der Raum im Gleisdreieck Chemnitz – Lommatzscher Ausfahrt und der Ausfahrt nach Leipzig an. 1891 wurde nach einem reichlichen Baujahr der neue Ringlokschuppen mit 26 Ständen in Betrieb genommen, zehn Jahre später wurde dieser durch das „Neue Haus“ mit weiteren sieben Ständen erweitert. 1911 wurden fünf Stände nach hinten verlängert, um Platz für eine Werkstatt und sanitäre Anlagen zu schaffen. 1912 wurde eine zentrale Rauchabführung für die Schuppenstände gebaut, der Rauch der Loks ging nun durch zwei 50 Meter hohe Schornsteine in die Luft. Die zunehmende Größe der Lokomotiven machte 1915 die Verlängerung weiterer Stände nach hinten um 6,60 Meter erforderlich.

Die letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges brachten auch für das Riesaer Bahnbetriebswerk enorme Schäden. Gesprengt wurden die Elbbrücke, die Wasserstation – und die Drehscheibe des Ringlokschuppens. Diese wurde nach Kriegsende im Stahlwerk repariert. Die Versorgung der Lokomotiven mit Wasser konnte erst nach der Instandsetzung der Pumpstation wieder über die Wasserkräne erfolgen.

Die Dampflokomotiven waren hauptsächlich vertreten durch die Baureihen P8 (38), G12 (58), 41, 50 und 52. Im Rangierdienst kamen die schweren Tenderloks der Baureihe XI HT (94) zum Einsatz. Als letzte Dampflok verließ am 24. März 1980 Lok 58 30 54 das Bahnbetriebswerk Riesa. Sie wurde in Meiningen zerlegt. 1962 entstand auf dem Gelände ein Tanklager für Dieselloks mit entsprechenden Zapfeinrichtungen . In erster Linie wurde aber vom Dampf- zum Ober-Leitungsbetrieb mit Elektroloks umgestellt.

1991 ging im Ringlokschuppen eine Ölheizung in Betrieb, die beiden Heizloks beendeten ihren Dienst. Zum hundertjährigen Bestehen des Bahnbetriebswerks gab es 1991 eine Festveranstaltung, bei der Eisenbahnfreunde die einmalige Gelegenheit hatten, Ringlokschuppen und Drehscheibe zu besichtigen.

Strukturelle Umwandlungen im Bahnbetrieb führten in den nächsten Jahren dazu, dass der Schuppen immer weniger genutzt wurde und langsam verfiel. Auch der Status als technisches Denkmal verhinderte nicht, dass im Jahr 2016 der Abriss des markanten Bauwerkes begann. Mittlerweile sind nur noch die Trümmer des Ringlokschuppens zu sehen. Die Deutsche Bahn plant, an diesem Standort ein Regenrückhaltebecken zu bauen. Dieses soll verhindern, dass bei einer Havarie Schadstoffe in den Boden sickern.