Von Sven Geisler und Cornelius de Haas, Nürnberg
Der Ärger danach ist riesengroß. Über diese Niederlage sowieso, weil sie unnötig ist. Und gefühlt ungerecht. Doch das ist es nicht allein, weshalb Uwe Neuhaus an diesem Sonntagnachmittag ungewohnt schlecht gelaunt ist. Dynamos Trainer ist stinksauer auf Michael Köllner, verweigert dem Nürnberger Coach nach der Pressekonferenz sogar den Handschlag. „Das Verhalten kann ich überhaupt nicht gutheißen. Ich finde, das gehört sich nicht, und das darf auf dem Platz nicht stattfinden“, schimpfte Neuhaus.
Anlass für seine Kollegenschelte ist eine Situation in der hektischen Schlussphase. Der Ball springt ins Aus und auf die Nürnberger Bank, Aias Aosman will ihn sich holen, um schnell einzuwerfen. Doch Köllner gibt die Kugel erst nicht raus und lässt sie dann auftippen, sodass sie über den Dresdner springt. Hinterher rechtfertigt er sich damit, dass die Partie sowieso für einen Wechsel unterbrochen war. „Was gibt es da für eine Aufregung?“, fragt Köllner – und Dynamos Sportvorstand Ralf Minge kann im Hintergrund kaum an sich halten, so empört ist er über das Verhalten. Der Nürnberger aber bleibt dabei: „Ich verstehe nicht, wieso das eine Unsportlichkeit sein soll.“ In ein paar Tagen werde das verraucht sein.
Neuhaus‘ Empörung wahrscheinlich – er hat schließlich andere Sorgen nach diesem 1:2 im Frankenland. Und die haben weniger mit dem Ergebnis zu tun, das nicht zu diesem Spiel passt. Die Mannschaft habe „unglaublich viel Leidenschaft und Einsatz gezeigt“, lobte der Trainer. Zunächst ließen sich die Schwarz-Gelben jedoch bei einem flach an den Fünfmeterraum getretenen Eckball übertölpeln und Mikael Ishak aus den Augen. Das 0:1 in Minute sieben.
Das Dynamo-Zeugnis
„Wir haben uns davon nicht beeindrucken lassen, waren permanent vor dem Nürnberger Tor“, meinte Neuhaus, musste allerdings zugeben, dass keine hundertprozentigen Chancen heraussprangen. Die besseren hatte, wie sein Kollege hinterher anmerkte, sogar der Club durch Cedric Teuchert (34., 40.). Dynamo fehlten bei aller optischen Überlegenheit die Entschlossenheit und Präzision im Abschluss. Stürmer Peniel Mlapa erklärte selbstkritisch: „Es sind viele gute Flanken von links und rechts reingeflogen, aber ich war entweder einen Schritt zu spät da oder nicht gefährlich genug. Wir müssen daran arbeiten, dass die Feinabstimmung besser wird.“
Mlapa trifft dann trotzdem. Der Togoer verwandelt den Strafstoß, den es nach Foul an Erich Berko gibt. Nach 69 Minuten steht es 1:1, und die Frage ist, was man daraus macht. „Wir hatten nicht mehr die nötige Ruhe, wollten zu viel“, meinte Neuhaus. Dann passiert dieser eine, entscheidende Fehler. Haris Duljevic spielt den Ball dem Gegner in den Fuß, es ist zu spät, die zwei Nürnberger ins Abseits zu stellen. Teuchert geht an Schlussmann Marvin Schwäbe vorbei und trifft ins leere Dresdner Tor.
Es ist eine der Szenen, in denen Dynamo auch mit Schiedsrichter Robert Kempter hadert, der in der Zweikampf-Bewertung nicht immer richtig liegt. „Haris wird umgerissen“, sagte Florian Ballas. „Wenn der Pfiff kommt, geht es wahrscheinlich 1:1 aus und wir nehmen den Punkt mit.“ Schon vor der Ecke, die zum Führungstreffer der Nürnberger führte, habe es ein Foul gegeben. Trotzdem wollte er die Niederlage nicht darauf zurückführen. „Wir können nicht sagen, der Schiedsrichter war schuld. Das wäre völliger Blödsinn.“
Wechsel werden aufgezwungen
Vielmehr sucht Ballas die Schwächen im eigenen Spiel. „Wir müssen schauen, dass wir nicht nur in Ballbesitz bleiben, sondern mehr Torgefahr ausstrahlen“, erklärte der 24-Jährige. Sein simples Fazit: „Wir müssen einfach ein Tor mehr machen.“ Doch nach dem Rückschlag bringt Dynamo keinen ordentlichen Angriff mehr zustande, obwohl Neuhaus mit Eero Markkanen einen zweiten Angreifer auf den Platz schickt.
Die anderen Wechsel werden ihm dagegen aufgezwungen. Jannik Müller wird nach einer zu harten Gelben Karte zweimal durch Kempter angezählt und bleibt zur Pause in der Kabine. Weil Dynamo keinen Innenverteidiger auf der Bank hat, der junge Noah Awassi ist nicht dabei, muss Manuel Konrad nach hinten rücken und außerdem Paul Seguin ins defensive Mittelfeld sowie Niklas Kreuzer nach rechts hinten. Berko kommt als Rechtsaußen.
Als dann Andreas Lambertz signalisiert, raus zu wollen, steht Sascha Horvath bereit. Doch nun zieht es Seguin im Oberschenkel, es kommt Rico Benatelli. Die personellen Probleme werden also in der englischen Woche mit dem DFB-Pokalspiel am Mittwoch beim SC Freiburg nicht kleiner, zumal Philip Heise zum schlechten Schluss eines an sich guten Spieles für ein überhartes Einsteigen Rot sieht. „Dazu darf er sich nicht hinreißen lassen“, meinte Neuhaus.
Und so fahren sie frustriert zurück nach Dresden. „Das tut gerade weh, denn gefühlt war es echt eine gute Leistung“, sagte Lambertz. „Es ist nicht erklärbar, Wahnsinn!“ So kann man es zusammenfassen.