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Droht dem Blauen Wunder der Kollaps?

Fällt eine Fahrspur weg, gäbe es in Dresden mehr Stau an Körner- und Schillerplatz. Das sorgt für Unmut.

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© Steffen Unger

Von Kay Haufe und Julia Vollmer

Rund 29 000 Fahrzeuge passieren täglich die Loschwitzer Brücke. Schon jetzt ist sie im Berufsverkehr ein Nadelöhr, an dem sich der Verkehr an den Knotenpunkten Schiller- und Körnerplatz oft weit zurückstaut. Künftig könnte sich das verschärfen, wenn die Stadt die Fahrspuren auf eine pro Richtung reduziert. Dies ist ein Vorschlag im neuen Luftreinhalteplan, der am heutigen Freitag vorgestellt wird.

Doch es regt sich bereits Widerstand gegen die Idee. „Das wäre eine Katastrophe“, sagt FDP-Stadtrat Holger Zastrow. Ohne Not würde die Stadt hier etwas durchsetzen, das eigentlich gar nicht nötig sei. „Denn Dresden hält die Grenzwerte bei den Luftschadstoffen weitgehend ein“, sagt Zastrow. Aus seiner Sicht würden mit der Fahrspurreduktion eher ideologische Ziele durchgesetzt – unter dem Deckmantel der Luftreinhaltung. „Dresden sollte an anderen Stellen ansetzen und Pendler mit gut erreichbaren Park&Ride-Plätzen auf den Nahverkehr umlenken“, so der FDP-Mann.

Die SPD hält sich mit einer Einschätzung noch zurück, weil sie die Untersuchungsergebnisse abwarten möchte. „Wichtig ist, dass die Knotenpunkte funktionieren. Wenn am Schillerplatz dann Busse und Bahnen im Stau stehen, weil der Rückstau länger ist, wäre dies keine gute Lösung“. sagt Hendrik Stahlmann-Fischer, deren verkehrspolitischer Sprecher.

Die CDU hält den Wegfall einer Fahrspur auf der Brücke für keine gute Lösung. „Schwierig ist es auf dem Blauen Wunder vor allem für Radfahrer. Um sie von der Fahrbahn zu bekommen, müssten die Fußwege der Brücke verbreitert werden, damit Fußgänger und Radfahrer ausreichend Platz haben“, sagt Gunter Thiele, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Stadtrat. Während der Sanierung des Blauen Wunders werde man nicht darum herumkommen, eine Spur zu sperren. „Aber dies grundsätzlich zu tun, bringt doch mehr Stau und damit steigende Emissionen“, so Thiele. Er plädiert dafür, durch weitere Stadtumfahrungen wie die S 177 mehr Verkehr aus Dresden herauszuholen.

Erfahrungsgemäß sehen die Grünen die Situation aus einem anderen Blickwinkel. „Fällt eine Fahrspur weg, könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, sagt Fraktionsvorsitzende Christiane Filius-Jehne. Denn einerseits wäre dann endlich Platz für zwei Radspuren, und andererseits wären weniger Autos auf der Brücke unterwegs. Denn die suchen sich andere, schnellere Wege, ist Filius-Jehne überzeugt. „Wichtig wäre natürlich intelligente Verkehrstechnik, die für schnellen Abfluss bei Staus sorgt, damit Schiller- und Körnerplatz entlastet werden“, so die Politikerin.

Selbst in der Stadtverwaltung ist man geteilter Meinung zur geplanten Fahrspurwegnahme. „Das ist kein triviales Thema“ sagt der Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes Reinhard Koettnitz. Sein Amt hat Untersuchungen angestellt, welche Auswirkungen dies hätte, und kommt zu wesentlich längeren Rückstaulängen, zumindest stadteinwärts. „Fakt ist, dass dann natürlich auch Busse im Stau stehen werden“, sagt Koettnitz. Dieses Szenario würde vor allem auf den Körnerplatz zutreffen.

Dort erlebt Katrin Schäfer aus dem Café Wippler täglich, wie Tausende Fahrzeuge vorbeifahren. Über die Pläne, eine Spur auf dem Blauen Wunder zu streichen, ist sie gar nicht glücklich. „Ich bin damit nicht einverstanden. Vor unserem Laden drängeln sich jetzt schon alle. An den Ampeln warten Autofahrer vor der Arbeit und nach Feierabend ewig lange.“

Auch am Schillerplatz reagieren Gewerbetreibende besorgt auf die Pläne der Stadt. Ich rechne damit, dass es noch mehr Stau geben wird, wenn sich die Spurenanzahl verringert“, sagt Karl-Peter Möhres vom Händlerverein Brückenschlag. „Und zwar nicht nur Stau auf der Brücke, sondern auch auf der Naumann-, Tolkewitzer- und Grundstraße. Das bedeutet mehr Unlust der Dresdner, am Schillerplatz einzukaufen. Das schadet uns Händlern.“ Dies sieht auch Ines Grießbach von der Lavendel-Apotheke am Schillerplatz so. „Wenn sich der Verkehr noch mehr verdichtet, wird das dem Geschäft schaden. Durch die wenigen Parkplätze ist es hier ohnehin schon schwer genug.“

Zufrieden ist hingegen Manfred Riem, der täglich zu Fuß auf dem Blauen Wunder unterwegs ist. „Auf der Brücke ist so viel Verkehr, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Warum sperrt man sie nicht ganz und lässt nur noch Busse darüber fahren“, fragt er. Immerhin diene die Waldschlößchenbrücke als Entlastung.