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Dresdens Probleme beim Thema Asyl

Weil die Flüchtlingszahlen steigen, muss die Stadt mehr Plätze schaffen. Schulturnhallen sind eine Idee.

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© Christian Juppe

Von Juliane Richter

Es war nur eine Frage der Zeit. Erst hat der Freistaat binnen einer Woche zwei Notunterkünfte mit 1 700 Plätzen für Asylbewerber in Dresden aus dem Boden gestampft. Nun ist klar: Die Stadt Dresden muss deutlich mehr Flüchtlinge in eigenen Einrichtungen unterbringen, als bisher angenommen. Wie Recherchen der Sächsischen Zeitung ergeben, hat das Rathaus nun mit mehreren Problemen zu kämpfen.

Problem 1: Rund 200 zusätzliche Flüchtlinge in acht Wochen

Die Landesdirektion Sachsen hat gestern informiert, dass die Kreise und kreisfreien Städte mehr Asylbewerber aufnehmen müssen. Für Dresden bedeutet das, dass die Stadt in den nächsten acht Wochen rund 200 Asylbewerber zusätzlich unterbringen muss. „Mit Blick auf die bereits hohen Zuweisungszahlen verstärkt sich damit der Druck auf die Stadt noch einmal“, schätzt Sozialreferent Marco Fiedler ein.

Noch bleibt die erwartete Gesamtzahl von 2 683 Asylbewerbern in Dresden für dieses Jahr bestehen. Allerdings erwartet die Landesdirektion Ende des Monats die neue Zugangsprognose vom Bund. Diese wird vermutlich für einen weiteren zusätzlichen Schwung an Asylbewerbern sorgen, den Dresden dann aufnehmen muss.

Problem 2: Sperrungen bei schon bestehenden Heimen

In mehreren städtischen Asylbewerberheimen gibt es Brandschutzmängel. Auf Nachfrage bestätigt die Stadt: Die bis dahin von Asylbewerbern bewohnten Dachgeschosse in den Häusern Leipziger Straße 169 und Waltherstraße 23 mussten vor Kurzem gesperrt werden. „Die Sperrungen erfolgten, um eine mögliche Gefährdung von Personen auszuschließen“, sagt Torsten König vom Sozialamt. 18 Asylsuchende wurden deshalb auf andere Häuser verteilt. Weitere derart schwerwiegende Mängel soll es an bestehenden Unterkünften laut König nicht geben. „Unser Anspruch ist, alle Asylsuchenden, die in Dresden eine Zuflucht suchen, menschenwürdig und entsprechend der geltenden Vorschriften unterzubringen“, sagt er.

Problem 3: Finanzierung noch geplanter Heime wackelt

Bis Ende 2016 will die Stadt 14 neue Übergangswohnheime eröffnen. So ist der Plan von Oktober letzten Jahres. Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos) rechnete dafür in diesem und nächstem Jahr mit jeweils 4,87 Millionen Euro Fördermitteln vom Freistaat. Doch nun steht fest: Das Land beteiligt sich nur mit 2,54 Millionen Euro in diesem und 2,12 Millionen Euro im nächsten Jahr an den Investitionen. Es bleibt eine Lücke von mehr als fünf Millionen Euro. Laut Sozialreferent Fiedler entspricht das den Baukosten für etwa zwei neue Heime mit je 60 Plätzen. Deshalb können nur vier von sechs geplanten Neubauten bis Ende 2016 umgesetzt werden. „Bis auf Weiteres zurückgestellt wurden die Standorte Carl-Immermann-Straße und Pirnaer Landstraße“, sagt Fiedler.

Problem 4: Die Stadt hat kein beschlossenes Notfallkonzept

Seit 2013 arbeitet die Stadt an einem Notfallkonzept, falls kurzfristig eine große Zahl von Asylbewerbern untergebracht werden muss. Beschlossen wurde es jedoch nie. Auf Anfrage äußert sich die Stadt nicht näher zu dem Entwurf, der jedoch der SZ vorliegt. Daraus geht hervor, dass das Sunshine-Hostel am Emerich-Ambros-Ufer und das Hostel Lollis Homestay in der Görlitzer Straße kurzfristig für Asylbewerber genutzt werden könnten. Chef Gábor Patkós vom Sunshine-Hostel erinnert sich noch vage an die Idee, verweist aber auf die volle Belegung, die das momentan nicht möglich mache. Ähnlich reagiert der Chef des anderen Hostels. Im Entwurf stehen zudem die Turnhallen des Romain-Rolland-Gymnasiums, des Vitzthum-Gymnasiums und der 101. Oberschule. Stefan Popp, stellvertretender Schulleiter der Oberschule, hat auch schon einmal davon gehört. Konkrete Äußerungen habe es von der Stadt aber zuletzt nicht gegeben. Er äußert zudem Bedenken, weil die Halle direkt mit dem Schulgebäude verbunden ist. Sozialreferent Fiedler sagt: Die Unterbringung in Schulturnhallen und Zeltlagern sei für die Stadt derzeit keine Option.

Lösung: Weitere Objekte werden kurzfristig geprüft

Die Stadt prüft nun, den schon beschlossenen Standort Heidenauer Straße (150 Plätze) zeitlich vorzuziehen. Außerdem mietet sie Ferienwohnungen an und prüft Aufbettungen in schon bestehenden Standorten. Permanent hinzu kommen Plätze in neu angemieteten Wohnungen und wohl bald auch am Standort Lockwitztalstraße. Konkret geprüft werden außerdem aktuell weitere Häuser, die der Stadt von den Besitzern angeboten wurden. So etwa in der Försterlingstraße 20 (bis zu 168 Plätze) und in Alttolkewitz (60 Plätze). Ergebnisse soll es noch im August geben.