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Dramatische Stunden im Tagebau

Erneut rückten am Donnestag 13 Feuerwehren nach Reichwalde aus. Starker Wind sorgt für unberechenbare Verhältnisse.

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© André Schulze

Von T. Staudt, T. Christmann, C. Köhler, A. Schulze und F.-U. Michel

Reichwalde. Dramatische Entwicklung im Tagebau: Nachdem Betreiber Leag noch am Donnerstagvormittag Entwarnung bei dem Großbrand in Reichwalde gegeben hatte, lassen die äußerst schwierigen Windverhältnisse gegen Mittag erneut Glutnester aufflammen. Die Werksfeuerwehr, die die Situation ununterbrochen beobachtet und eben diese Glutnester auszulöschen versucht, schlägt Alarm. Die Einsatzleitstelle benachrichtigt zunächst 13 Gemeindefeuerwehren. Kurz vor 13 Uhr – und damit genau 24 Stunden nach dem ersten Alarm – schrillen die Sirenen der Einsatzfahrzeuge unter anderem durch Weißwasser und Niesky. Noch ist unklar, ob mit einer erneuten Ausbreitung des Brands zu rechnen ist.

Dagegen hatte es in der Brandnacht so ausgesehen, als hätten die Einsatzkräfte das Großfeuer im Griff. Schon am Abend rücken die ersten Feuerwehren wieder ab. In einer Pressemitteilung des Tagebaubetreibers heißt es später, das Feuer habe gegen 21 Uhr eingedämmt werden können. Noch am Donnerstagvormittag gibt ein Sprecher bekannt, das Feuer sei gelöscht.

Angefangen hatte alles gegen 13 Uhr am Mittwoch. An der Grubensohle brennt eine zehn mal zehn Meter große Fläche. Eine Reihe von Gemeindefeuerwehren aus der Umgebung werden zu Hilfe gerufen, später auch aus Zittau, Neugersdorf und Großschönau. In Weißwasser geht der Alarm um 14.37 Uhr ein. Sofort rücken 13 Kameraden mit zwei Löschfahrzeugen aus. Um 15.40 Uhr veranlasst Stadtwehrleiter Marcel Nestler eine Nachalarmierung. Ein weiteres Fahrzeug verlässt die Wache.

Das Kommando vor Ort liegt bei der Werksfeuerwehr. Sie teilt das Geschehen in Einsatzabschnitte. Die Weißwasseraner Kameraden sind zur Sicherung der Bandanlage, für das Freihalten des Fahrtweges sowie die eigentliche Brandbekämpfung abgestellt. Gegen 18 Uhr hat sich das Feuer auf eine Länge von 650 Metern ausgedehnt. Eine weitere Stunde später sind es zwei Kilometer Kohleflöz, die brennen. Das Gelände ist staubtrocken. Teilweise steht das in Stufen abgetreppte Flöz nicht nur am Boden, sondern auch an den horizontalen Profilwänden in Flammen. Auch die Bandanlage hat inzwischen auf einer Länge von 700 Metern Feuer gefangen.

Aufgrund von kräftigem, böigen Wind und Rauch sind die Einsatzkräfte in ihrer Sicht stark eingeschränkt. Mit Atemschutztechnik rücken sie an die Glutnester vor und bekämpfen dort die Flammen. Wasser hilft, aber der brennende Kohlestaub muss mit viel Schaum gelöscht werden, weil sich Wasser nicht gut mit Staub verbindet, schnell über die Glut hinwegfließt und verdampft, statt eine spürbare Löschwirkung zu entfalten. Die Bodenverhältnisse sind schwierig. Einige der Einsatzfahrzeuge bleiben im Sand stecken und müssen freigeschaufelt werden. Aus der Luft unterstützen zwei Hubschrauber der Bundeswehr und der Polizei die Kameraden am Boden.

Der Kampf ist erfolgreich. Nur noch Glutnester glimmen. Gegen 23 Uhr ist der Einsatz weitgehend beendet. Die Feuerwehr Horka ist mit ihrem Tanklöschfahrzeug und drei Mann und einer Frau Besatzung um ein Uhr wieder zu Hause, die Weißwasseraner Kameraden eine halbe Stunde später. Insgesamt sind in dieser Nacht 30 Feuerwehren mit 48 Löschfahrzeugen und 240 Mann vor Ort. Die LeagWerksfeuerwehr verliert ein Fahrzeug, ein zweites kann wieder flottgemacht werden. „Für unsere Leute war es ein Ereignis, was sie so noch nicht erlebt haben“, schildert Weißwassers Stadtwehrleiter Marcel Nestler. Er ist erst seit zwei Monaten im Amt.

Tatsächlich sind Feuer im Tagebau keine Seltenheit. Vor zwei Wochen etwa schreitet die Feuerwehr Boxberg bei einem Brand am Kohlelagerplatz am Kraftwerk ein. „Aber ein Brand in dieser Dimension ist seit der Eröffnung des Tagebaus singulär“, so Leag-Sprecher Thoralf Schirmer.

Nach der erneuten Alarmierung am Donnerstag sind am späten Nachmittag immer noch zwölf Feuerwehren aus den Landkreisen Görlitz und Bautzen vor Ort. Werksfeuerwehrleiter Hartmut Bastisch: „Wir hoffen, den Brand jetzt endgültig im Griff zu haben. Ein Übergreifen auf noch intakte Teile der Bandanlage und der Antriebsstation konnten wir verhindern. In jedem Fall werden wir heute Nacht hindurch weiter vor Ort sein und Glutnester bekämpfen“.