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Drahtseilakt mit Tresor

Mittels Schwerlastkran wurde jetzt ein zwei Tonnen schwerer Stahlschrank ins neue Stadtarchiv gehievt. Die Aufgabe erledigte ein Experte.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Die schwerste Hürde innerhalb des schon seit Monaten laufenden Umzugs des Stadtarchivs aus dem ehemaligen Kloster am Kleinmarkt 5 in die sanierte Rote Schule ist seit vergangenem Donnerstagmittag genommen. Mit dem zwei Tonnen schweren, 2,30 Meter hohen und 1,40 Meter breiten Stahl-Tresor landete ein wahres Schwergewicht am Haken eines Kranes der Firma Mentner aus Meißen.

Mit konzentriertem Blick und einer guten Portion Gelassenheit setzt der Kranführer den Tresor um.
Mit konzentriertem Blick und einer guten Portion Gelassenheit setzt der Kranführer den Tresor um. © Claudia Hübschmann
Gleich geht es für den Zwei-Tonnen-Koloss ab in die Luft. Vorher wird er am Haken des Krans befestigt.
Gleich geht es für den Zwei-Tonnen-Koloss ab in die Luft. Vorher wird er am Haken des Krans befestigt. © Claudia Hübschmann
Der letzte Akt: Durch dieses Fenster der Roten Schule kommt hier der Tresor. Er wird bereits erwartet.
Der letzte Akt: Durch dieses Fenster der Roten Schule kommt hier der Tresor. Er wird bereits erwartet. © Claudia Hübschmann

Deren Arbeiter schnallten den Tresor, der Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde und besonders wichtige Akten – etwa die Gründungsurkunde der St. Afra Fürstenschule von 1543 –, aber auch mittelalterliche Handschriften und seltene Bücher beherbergt, gegen 10 Uhr fest. Dann wurde das Schwergewicht zunächst an einem Schlepphaken vom Freibereich des alten Klosters in den Innenhof der Roten Schule und von dort in den ersten Stock des neuen Archivstandortes gehoben.

Der aufwendigen Aktion schauten nicht nur Meißens Hauptamtsleiter Markus Banowski, Museumschefin Martina Fischer, Stadtarchivar Tom Lauerwald und einige Meißner Bürger zu. Auch ein Team vom MDR-Fernsehen ließ sich das Spektakel nicht entgehen.

Seinen Anfang nahm die Umsetzung des Panzerschranks bereits am Donnerstag gegen 8 Uhr. Die Tischlerei Böhme aus Gauernitz baute hierzu zunächst das Kämpferprofil – einen Querbalken im Fenster des neuen Archivstandortes – aus. Die Feinarbeiten am alten Standort am Kleinmarkt erledigten derweil bis zu acht Männer der Dresdner Spezialtransportfirma Ratschaisenträger. Deren Chef Detlef Naumann sagte der SZ: „Den Tresor vom Kreuzgang des ehemaligen Klosters nach draußen zu bringen und dabei den wertvollen Holzfußboden nicht zu beschädigen, war schon eine brenzlige Aufgabe.“

Man habe zunächst Rollen unter dem Schrank angebracht, um ihn fortbewegen zu können. Letztlich hatten die Männer sowohl diesen Schritt als auch das Aufstellen am Zielort unfallfrei gemeistert. „Wir haben Erfahrungen mit solchen Aufgaben, sind die älteste Transportfirma Deutschlands“, sagt Naumann. Seit 1705 gebe es sie bereits.

Zusammen mit einer Dresdner Gerüstbaufirma stellten die Arbeiter durch das Aufstellen eines Schwerlastgerüstes an der Fassade der Roten Schule auch sicher, dass der Tresor unbeschadet am Zielort landete. Bis der Koloss letztlich an seinem Bestimmungsort stand, vergingen circa vier Stunden. Insgesamt sind 1 800 Urkunden, 30 000 Bücher, 2 000 Karten und Pläne, 10 000 Grafiken und 6 000 Fotos zur Stadt Meißen Bestandteil des Archivs, teilt Stadtsprecherin Katharina Reso mit.

Circa 2 000 Regalmeter nehmen die besonders wertvollen Materialien ein. „Seit 1929 befindet sich das Historische Archiv im Kleinmarkt 5. Während der Planungen zur Komplettsanierung der Roten Schule reifte die Idee, die städtischen Archive zusammen mit dem Museumsdepot sowie der Museumsverwaltung an einem zentralen Ort einzurichten“, erläutert sie den Hintergrund des Umzugs.

In dem ehemaligen Schulgebäude würden jegliche Ansprüche an Statik, Raumgröße und Brandschutz optimal erfüllt. So entstand für rund 97 000 Euro ein verfahrbares Archivregalsystem, das auf 187 Quadratmetern Raum für mehr als 3 800 laufende Meter Akten bietet.

Die neuen Räume sind verdunkelbar und teilweise klimatisiert, um die empfindlichen Dokumente vor Umwelteinflüssen zu schützen. „Das neue Archiv bietet genug Kapazität für die nächsten 30 Jahre“, sagt Reso. Gänzlich beendet wird der Umzug des Archivs nun peu á peu. Spätestens im Frühjahr soll er abgeschlossen sein.