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Die Reisebrieftaschen der Expressionisten im Lügenmuseum

Die Sonderausstellung „Ab nach Tunis!“ zeigt Erinnerungen an eine Reise der Maler Paul Klee und Max Slevogt.

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© André Wirsig

Von Lily Vostry

Radebeul. Ähnlich einer Fata Morgana tauchen wundersame Landschaften vor dem Betrachter auf. Sonnenflirrend spiegeln sich Himmel und Wüstensand, davor ziehen zwei Dromedare und ein Esel vorüber. Nebenan grasen blaue Pferde und eine Kuh im gelben Kornfeld. Da leuchten expressiv farbige Häuser und lädt ein meerfarbenes türkisches Café mit Tisch und Stühlen unterm Blätterdach ein. Auf einer Staffelei mit aufklappbarem Truhendeckel kann man die Reiseimpressionen auf bemalten Brieftaschen in Goldrahmen entdecken.

Unter dem Titel „Ab nach Tunis!“ erzählt die derzeitige Sonderausstellung im Lügenmuseum Radebeul über die Reise von Paul Klee, die er im April 1914 zusammen mit August Macke und Louis Moilliet nach Tunis unternahm. Museumsbetreiber Reinhard Zabka zeigt die „Reisebrieftaschen der Expressionisten“ als neuesten sensationellen Fund aus dem Archiv des Lügenmuseums.

Die Ausstellung knüpft an die Ausstellung „Nach Ägypten“ mit Gemälden von Max Slevogt und Paul Klee an, die 2014 im Albertinum Dresden zu sehen war. Während der dreiwöchigen Reise entstanden, überwältigt, von der Fülle und Fremdheit des Erlebten, zahlreiche beeindruckende Bilder. Für Klee brachte diese Reise nach Tunis den Durchbruch zur Malerei. Er führte als einziger der drei Maler Tagebuch. Sie malten in einem wahren Schaffensrausch, bis ihnen gegen Ende der Reise die Malgründe ausgingen.

Erfinderisch malten sie weiter mit allem, was ihnen zwischen die Finger kam. „Überliefert wurden ihre Brieftaschen, die wir auf dem Dachboden des alten Gutshauses in Gantikow in Brandenburg verstaubt in einer Truhe fanden. Anhand der Malmotive kann man vermuten, dass sie von den Künstlern stammen“, sagt Richard von Gigantikow alias Reinhard Zabka. Außerdem sind vergleichbare Reiseskizzen von Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel und Wassily Kandinsky auf ihren Brieftaschen in unikater Form zu sehen, die wie die berühmten Originale mit der Fantasie des Betrachters spielen. Er darf auch rätseln, ob es sich hier um Fälschungen oder echte Kunstwerke handelt. Schließlich seien rund 50 Prozent der Bilder in den Museen auch nur Kopien, hat Zabka gelesen.

Im Lügenmuseum werde die Lüge zur Wahrheit und ebenso hinterfragt, was es mit Täuschung und Illusion auf sich hat. „Wir erforschen auch den Tourismusmagnetismus von Wundern. Dafür haben wir ein Messgerät entwickelt, mit dem sich ihre Anziehungskraft ermitteln lässt“, sagt Zabka. Sehr hoch sei sie beispielsweise bei der Himmelsscheibe von Nebra. Eine ähnliche Scheibe fand er im Sommer letzten Jahres im vertrockneten Lößnitzbach hinter dem alten Gasthof Serkowitz. Sie ist neben vielen anderen, einzigartigen Stücken im Lügenmuseum zu sehen.

Inzwischen plätschert der Bach wieder vor dem Fenster, während man staunend in dem neuen Ausstellungsraum vor den Brieftaschen der Expressionisten steht und anderen originellen Fundstücken, die unter der Raumdecke umher schweben. Das Lügenmuseum vertritt außerdem das Land Sachsen mit einem seinem Auftritt im Buch „Museum Kuriosum“, in dem die außergewöhnlichsten Museen in Deutschland vorgestellt werden.

Geöffnet hat das Lügenmuseum in Radebeul, Kötzschenbrodaer Straße 39: Sa und So, Ferien und an Feiertagen von 13 - 18 Uhr

www.luegenmuseum.de