Merken

„Die Mütter haben sich wohlgefühlt“

Reinhild Krause war viele Jahre leitende Hebamme der Bischofswerdaer Geburtsklinik. Sie hofft, dass das Haus nicht schließt.

Teilen
Folgen
© Steffen Unger

Von Nicole Preuß

Bischofswerda. Die Bilder an der Wand erzählen alle eine kleine Geschichte. Sie erinnern Reinhild Krause an pausbäckige Babys, erstes Planschen in der eigenen Wanne, wunde Popos und vor allem an die Dankbarkeit der Eltern. Reinhild Krause ist seit mehr als 40 Jahren Hebamme und betreut noch heute Schwangere und junge Mütter nach der Geburt. Sie kennt damit viele Eltern. Deshalb stand vermutlich auch an dem einen Mittwoch Mitte Oktober ihr Handy kaum still. Die Oberlausitz-Kliniken hatten gerade verkündet, dass die Geburtsklinik in Bischofswerda geschlossen werden soll. Eine Mutter nannte die Nachricht „den absoluten Hammer“, eine entsetzte sich, wie man so etwas nur machen könnte, eine andere schrieb vom „Ultra-Knall“.

Reinhild Krause war zwei Jahrzehnte lang leitende Hebamme im Kreißsaal von Bischofswerda. „Die allermeisten Mütter haben sich bei uns sehr wohl gefühlt“, sagt sie. Viele Mütter, die dort entbunden haben, kennen die sympathische Frau mit dem ausgeglichenen Wesen. Die Nachricht von der Schließung hat aber auch die Neukircherin schockiert. „Es entsteht eine Versorgungslücke“, sagt die Hebamme. Die Eltern kamen aus der gesamten Region und nach der Schließung der Sebnitzer Frauenklinik auch vom Rand der Sächsischen Schweiz zur Entbindung nach Bischofswerda. Manche Mütter nahmen selbst aus Bautzen den Weg auf sich. 396 Geburten wurden im vergangenen Jahr gezählt.

Schon einmal Pläne für Bautzen

Der berufliche Weg der Hebamme ist eng mit der Geburtsklinik verknüpft. Die Geburtshelferin begann 1974 nach ihrer Ausbildung in der Klinik in Großröhrsdorf. „Schon damals hieß es, dass die Klinik nach Bischofswerda zieht.“ Das dauerte allerdings noch seine Zeit. Mitte der 90er Jahre wurde das neue Krankenhaus an der Kamenzer Straße gebaut und eigentlich war klar, dass dorthin auch die Frauenklinik des Altkreises Bischofswerda zieht, doch kurz zuvor machte sich noch einmal Unsicherheit breit. Es gab Pläne, die Geburtsklinik nach Bautzen zu holen und stattdessen die Urologie nach Bischofswerda zu verlegen. „Damals haben wir vor dem Landratsamt in Bautzen demonstriert mit Störchen und Plakaten“, sagt Reinhild Krause. Der Ausgang der Auseinandersetzung ist bekannt. Die Geburtsklinik zog auch aufgrund von Protesten im Kreistag im März 1998 nach Bischofswerda und die Oberlausitz-Kliniken investierten nicht nur am Anfang in die Ausstattung, um beide Kliniken in Bautzen und Bischofswerda auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Eine Gebärlandschaft wurde angeschafft, mit einer Fernbedienung, dem „Spielzeug für Männer“ wie Reinhild Krause sagt, viel Farbe und wenig Krankenhauscharakter. Bischofswerda war zudem lange Zeit die einzige Klinik im Kreis, in der Frau ihr Kind im Wasser zur Welt bringen konnte. „Wir haben viel Herzblut in die Einrichtung gesteckt“, sagt die Hebamme. Das ging bis zu den Aquarellen an der Wand.

Die Ärzte, Hebammen und Kinderkrankenschwestern gewannen aber auch das Vertrauen der junge Familien. Sie veranstalteten Tage der offenen Tür in den Kreißsälen, an denen auch die Station und die Neugeborenenabteilung beteiligt waren. „Vertrauen ist wichtig, sonst ist das bei einer Geburt ganz schwierig“, sagt die Geburtshelferin, die in ihrem Berufsleben 1835 Kindern auf die Welt half. Die Hebammen brachten viel Erfahrung mit. „Die sehr kompetenten Kinderkrankenschwestern haben die Mütter zum Stillen angeleitet und sich Zeit dafür genommen.“ Die meisten Eltern schätzten die freundliche und familiäre Atmosphäre.

Das soll nun aber alles ein Ende haben. Die Oberlausitz-Kliniken wollen die Geburtsklinik in Bischofswerda im kommenden Frühjahr schließen, nach 20 Jahren. Ein wichtiger Grund dafür ist der Personalmangel. Die Verantwortlichen können nicht mehr genügend Mitarbeiter für beide Geburtskliniken in Bischofswerda und Bautzen anstellen. 5,5 Facharztstellen braucht die Klinik in Bischofswerda, um zu funktionieren. Im kommenden Januar sind aber nur noch 2,7 Stellen besetzt. Ein anderer Grund ist die Sicherheit auch für die Kinder. Die Oberlausitz-Kliniken wollten schon in der Vergangenheit immer gewährleisten, dass zumindest zum Kaiserschnitt ein niedergelassener Kinderarzt vor Ort ist. Doch das ist auch nicht mehr gegeben, weil ein Kinderarzt aufgehört hat.

Deshalb zogen Klinikchef Reiner E. Rogowski und der Aufsichtsratsvorsitzende, Landrat Michael Harig (CDU), unter anderem die Reißleine. Reinhild Krause hofft, dass die Frauenklinik in Bischofswerda trotzdem eine Zukunft hat. „Das wäre wichtig für die Frauen“, sagt sie.