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Die Modellbau-Expertin

1-A-Beratung und guter Service: Ortrun Kaufer zieht sogar Kunden aus Dresden und Görlitz nach Neukirch.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Neukirch. Einmal im Jahr darf in Neukirch jeder ran an die Modelleisenbahn. Die Hand in der Weihnachtszeit ans Schaufenster des Fachgeschäftes „Klein-Technik – Hobby-Treff“ gedrückt – und schon setzt sich der erste Zug in Bewegung. Er rollt durch eine bezaubernde, verschneite Winterlandschaft, vorbei an einer Stadt mit Weihnachtsmarkt, hoch zu einem Kopfbahnhof in den Bergen. Um das zu sehen, legen viele am Geschäft von Ortrun Kaufer an der Hauptstraße einen Zwischenstopp ein. „Im Schaufenster muss sich etwas bewegen“, sagt die erfahrene Geschäftsfrau.

Ortrun Kaufer verkauft nicht nur Modelleisenbahnen. Sie ist, wie so viele, von dieser Technik begeistert. Seit rund sechs Jahren, so wie es ihre Zeit erlaubt, baut sie an der Anlage, die passgenau fürs Schaufenster geplant wurde. Jedes Jahr können Kunden und andere Schaulustige etwas Neues entdecken und sehen, wie die Modellbahnlandschaft wieder ein Stück gewachsen ist.

Die Neukircherin weiß, wovon sie spricht, wenn es um Modelleisenbahnen geht. Kunden, von denen manche sogar aus Zittau, Hoyerswerda, Görlitz und Dresden zum Einkaufen in das Neukircher Fachgeschäft kommen, spüren und schätzen das. Modellbau ist kein billiges Hobby. Umso wichtiger sind fachkundige Beratung und guter Service. Für Kunden, die bei Ortrun Kaufer im Geschäft kaufen, sind viele Dienstleistungen kostenlos. Wer auf der Suche nach einem Schnäppchen im Internet bestellt, zu Hause mit der Technik nicht klarkommt und sich dann beim Fachhändler Rat holen möchte, wird natürlich nicht weggeschickt. Doch gratis ist der Service in solchen Fällen dann nicht.

Hauptgeschäft vor Weihnachten

Zum Verkauf kommt die Werkstatt. Ortrun Kaufer repariert Modellbahntechnik, rüstet sie für digital gesteuerte Anlagen nach, baut auch den unverwechselbaren Sound in Dampfloks ein.

Um stets zu wissen, was die Branche an Neuem bietet, fährt die Neukircherin jedes Jahr im Februar auf die Nürnberger Spielwarenmesse. Dort ordert sie die Ware fürs Jahr. Von den ganz kleinen Bahnen der Nenngröße Z mit 6,5 Millimeter Spurweite über N, TT, H0, 0 und I bis zu den Gartenbahnen der Spurweite II m, die auf 45 Millimeter breiten Gleisen unterwegs sind, reicht das Angebot bei den Modelleisenbahnen. Das Hauptgeschäft läuft natürlich vor Weihnachten und in den Wintermonaten. Doch viele Eisenbahnfreunde schauen übers ganze Jahr vorbei, was es Neues gibt, bzw. tragen ihre Wünsche an die Händlerin heran. Was nicht vorrätig ist, wird auf Kundenwunsch bestellt. Jetzt mit Beginn der wärmeren Jahreszeit gewinnt für das Geschäft der sogenannte Funktionsmodellbau an Bedeutung. Dahinter steht zum Beispiel RC-Technik: ferngesteuerte Autos, Hubschrauber, Flugzeuge. Auch Modellautos verschiedener Größen finden sich in den Auslagen. Ebenso Flugzeugmodellbaukästen.

Nach der Wende spezialisiert

Das Geschäft von Ortrun Kaufer hat eine lange Tradition. Gegründet wurde es 1926 von ihrem Großvater Paul Winkler. Modelleisenbahnen machten damals nur einen Teil des Sortimentes aus. „Radio-Winkler“, wie das Geschäft in Neukirch hieß, verkaufte vor allem Rundfunktechnik und Lampen. Ihr Vater Manfred Winkler führte den Laden fort. Nach seinem Tod 1984 stieg die Tochter mit ein. Zunächst übernahm sie die Werkstatt, während sich ihre Mutter weiterhin ums Geschäft kümmerte. Beides in einer Hand zu vereinen, war damals nicht möglich. Nach der Wende spezialisierte sich Ortrun Kaufer auf den Modellbau. Durch den frühen Tod ihres Vaters wuchs sie in das Geschäft hinein. Geplant war das nicht. Sie studierte Maschinenbau, ist von Beruf Diplomingenieurin.

Zur Freude vieler Modellbaufreaks soll der Kleintechnikladen noch mindestens neun Jahre bestehen bleiben. „Die 100 möchte ich noch erreichen, wenn es die Gesundheit erlaubt“, sagt Ortrun Kaufer mit Blick auf das Geschäftsgründungsjahr 1926. Wie es danach mit dem Geschäft an der Neukircher Hauptstraße weiter geht, ist fraglich. Die beiden Kinder haben andere Berufe. Sie würde es schon gern sehen, wenn sich ein Nachfolger findet, sagt sie. Für jeden, der kommt, eine Herausforderung nicht nur in geschäftlicher Hinsicht. Auch fachlich legt Ortrun Kaufer in ihrem gediegenen, gut sortierten Geschäft die Messlatte sehr hoch an.