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Die Legionärsgräber von Madrid

Auf einem Madrider Friedhof verherrlichte eine Gedenkplatte die deutschen Zerstörer Gernikas. Nun ist sie verschwunden.

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© Martin Dahms

Von Martin Dahms, SZ-Korrespondent in Madrid

Hier ist gerade eine Mauer gefallen. Bis vor Kurzem stand sie im Rücken einer Gräberreihe auf dem Madrider Almudena-Friedhof. Eine Inschrift auf der Mauer verkündete: „Hier ruhen deutsche Flieger gefallen im Kampfe für ein freies Spanien.“ Darunter, auf Spanisch: „Deutsche Flieger, gestorben für Gott und für Spanien. Anwesend!!“ Nun steht hier nur noch ein Bauzaun aus Draht.

Acht deutsche Soldaten der Legion Condor liegen an dieser Stelle bestattet. Sie kämpften an der Seite Francos im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939). Der berühmteste Einsatz dieser Einheit war die Bombardierung des baskischen Städtchens Gernika am 26. April 1937. 21 Flugzeuge der Legion Condor, unterstützt von drei italienischen Maschinen, legten den Ort mit damals 6 000 Einwohnern in Schutt und Asche. Oberst Wolfram von Richthofen, Stabschef der Einheit, schrieb in sein Tagebuch: „Keiner konnte mehr Straßen-, Brücken- und Vorstadtziel erkennen und warf nun mitten hinein. Guernica (...) buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Bombenlöcher auf Straßen noch zu sehen, einfach toll.“ Es war eines der ersten Male in der Kriegsgeschichte, dass ein Angriff keinen konkreten militärischen Zielen, sondern der Zivilbevölkerung galt. Rund 300 Menschen starben. Drei Viertel des historisch bedeutsamen Ortes wurden zerstört. Als Pablo Picasso in Paris von der Bombardierung hörte, malte er sein ergreifendes Monumentalgemälde „Guernica“, das den Angriff auf die baskische Stadt unvergessen machte.

Pilgerort für Franco-Anhänger

In Madrid aber wurden die Täter jahrzehntelang verherrlicht, und ihre Grabstätte blieb bis heute ein Pilgerort für Neonazis und Franco-Nostalgiker. Ursprünglich war die Gedenkplatte an der Mauer hinter den Gräbern von einem Fries aus Hakenkreuzen umgeben. Im Jahr 1958 ließ sie die deutsche Botschaft in Madrid entfernen. Dann geschah jahrzehntelang gar nichts. Erst eine Anfrage der SZ zu der Gedenkplatte veranlasste das für die Gräber zuständige deutsche Auswärtige Amt, die Inschrift vor fünf Jahren mit weißem Putz unkenntlich zu machen. „Die Aufschrift auf dem ehemaligen Gedenkstein für die Legion Condor auf dem Friedhof La Almudena ignorierte die Leiden der Opfer, die der Einsatz der Legion im Spanischen Bürgerkrieg insbesondere auch unter der spanischen Zivilbevölkerung gefordert hat“, erklärte das Ministerium damals. „Die Aufschrift wurde daher entfernt.“

Doch die Tilgung war offenbar nur von kurzer Dauer. Unbekannte übermalten den Putz handschriftlich mit dem selben Text, der gerade erst entfernt worden war. Als sich der 80. Jahrestag der Bombardierung Gernikas am vergangenen Mittwoch näherte, beschloss das Auswärtige Amt deswegen, die Mauer ganz verschwinden zu lassen. Die Gräber aber bleiben. Man könnte sie auch auflösen. Der letzte der hier Bestatteten starb 1967, vor fünfzig Jahren.

Doch für den Präsidenten des spanischen Vereins für die Wiedererlangung des Historischen Gedächtnisses, Emilio Silva, wäre die Beseitigung der Gräber nicht die beste Lösung. „Man könnte sie nutzen wie die Seiten eines Geschichtsbuches“, sagt Silva. „Was dafür fehlt, ist eine Informationstafel, die erklärt, was die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg angerichtet hat.“ Dafür gibt es bisher allerdings keine Pläne.