Merken

Die Legende tritt ab

Gleich zweimal ist der Hutberg in Kamenz für die Abschieds-Tour der Puhdys ausverkauft. Ganz besondere Momente.

Teilen
Folgen
NEU!
© Uwe Soeder

Von Kerstin Unterstein

Es ist Sonntag, 21.10 Uhr, Kamenzer Hutbergbühne – und zum allerletzten Mal nach über 30 Jahren heißt es: „Hier sind die Puhdys!“ Denn die Rocklegende tritt nun endgültig ab und geht auf Abschieds-Tournee. Die 7 000 Fans im ausverkauften Rund jubeln und kreischen frenetisch, während ihre Helden die Bühne betreten. Zuvor haben sich die Besucher bereits bei der Vorband „Bell, Book & Candle“, gespickt mit Puhdys-Familiennachwuchs, warm gesungen und sogar die ersten Laolas durchs Areal geschickt. Ein Großteil der Fans war dabei auch schon am Abend zuvor auf den Hutberg gepilgert – denn diesmal rockten die Puhdys in Kamenz gleich im Doppelpack…

Die Bilder vom Puhdys-Konzert auf dem Kamenzer Hutberg

Im Vorprogramm:  Bell, Book and Candle
Im Vorprogramm: Bell, Book and Candle

Jetzt ist die Bühne in blaues Licht getaucht, Dieter „Maschine“ Birr schwenkt winkend die Gitarre, ihm folgen Dieter „Quaster“ Hertrampf, Peter „Bimbo“ Rasym und Peter „Eingehängt“ Meyer. Auch Klaus Scharfschwerdt nimmt seinen Platz an der „Schießbude“ ein. Links und rechts der Bühne befinden sich zwei große Leinwände, sodass auch die Fans in den obersten Reihen ganz viel von ihren Lieblingen oder sogar sich selbst zu sehen bekommen.

Texte, die hängenbleiben

Gleich im ersten Lied wird beim genauen Zuhören deutlich, warum die Menschen diese Musiker so generationsübergreifend lieben: Neben den eingängigen Melodien sind es vor allem die Texte in deutscher Sprache, die hängen bleiben. In der letzten Zeile von „Unser Schiff“ heißt es: „Uns hat es nicht umsonst gegeben…“ Dem schließen sich Tausende Fans vorbehaltlos an. Mit T-Shirts und ungezählten Tonträgern wird die Erinnerung bleiben, auch wenn der gemeinsame Weg der Puhdys, der 1969 in etwas anderer Besetzung begann, jetzt enden soll. Auf ihre Lieblinge werden die Anhänger trotzdem wohl nicht ganz verzichten müssen, denn neben Maschine wird auch Quaster noch ein bisschen auf Solopfaden dem Musikgeschäft erhalten bleiben. Doch vorerst gibt das Quintett alles beim letzten Kamenzer Konzert.

Es ist ein vielstimmiger Chor, der für ganz besondere Stimmung sorgt – denn bereits beim zweiten Lied singt quasi der gesamte Hutberg: „Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen…“ Dazu flimmern schwarz-weiße Puhdys-Erinnerungen, die an die Rückfront der Bühne projiziert werden. Auch Ex-Bandmitglieder wie Harry Jeske sind dort zu sehen. Einen Gast auf der Bühne gibt es kurzzeitig auch: Es ist die „Kühle Lady“ in Gestalt einer übermannsgroßen, aufblasbaren Gummipuppe.

Magisches Licht auf der Bühne

Die erste richtige Gänsehautstimmung erlebt die Freilichtbühne dann, als das Lied „Es war schön“ erklingt, das auch Namensgeber der Abschiedstour ist. Inzwischen ist es bei idealen Wetterbedingungen dunkel geworden, die Wunderkerzen und Feuerzeuge tauchen die Traversen in ein magisches Licht. Erste Tränen kommen wohl nicht nur in den Textzeilen vor. Die erste Zugabe des Abends verdient sich Klaus Scharfschwerdt nach einem grandiosen Drum-Solo, für das sein Instrument samt Podium sogar ganz in die Mitte der Bühne gefahren wird. Natürlich genießt jeder der fünf Puhdys seinen Solo-Part und spielt dabei mit der Nähe zu den Fans. Diese haben dann wieder ihren großen Auftritt, denn noch immer sind es die etwas älteren Lieder wie „Wenn ein Mensch lebt“, „Lebenszeit“, „Alt wie ein Baum“ und „Rockerrente“ – bei denen wohl fast 100 Prozent gemeinsames Singen aller 7 000 Besucher erreicht werden und die Musiker nur staunend zuhören. Und da die Rockerrente nun beinahe erreicht scheint, bedankt sich Dieter Birr bei den Kamenzer Fans: „Behaltet diesen Abend und uns in guter Erinnerung!“ Für die Musiker selbst wird das sicher auch der Fall sein, denn Oberbürgermeister Roland Dantz lässt es sich nicht nehmen, den Zugpferden der Hutbergbühne zu danken. Fans übergeben die von Hunderten unterschriebenen Transparente. Zwei Zugaben kann der OB noch aushandeln, aber nach den obligatorischen Eisbär’n ist mit dem Gänsehaut-Mahner „Das Buch“ endgültig Schluss. Und die Wehmut wird deutlich spürbar. Nächstes Jahr zu Pfingsten könnte es durchaus passieren, dass sich Fans auf der Hutbergbühne treffen und die Puhdys aus der Konserve erklingen lassen…