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Die Graffiti-Stopper

Eine Dresdner Firma kämpft mit einer schonenden Methode gegen Schmierereien. Davon gibt es reichlich.

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© René Meinig

Von Annechristin Bonß

Dresden. Ein bisschen fühlt sich Lars Kühnel wie eine Hausfrau. Wann immer die an der einen Stelle mit dem Staubwischen fertig ist, tut sich an anderer Stelle ein gemeiner neuer Haufen voller Fusseln und Flusen auf. Sisyphos lässt grüßen. Das kennt auch Lars Kühnel. Der 39-Jährige arbeitet nicht mit einem Staubwedel. Sein Arbeitsgerät ist ein Hightech-Sauger, mit dem er hässliche Graffiti entfernt. Auch eine Arbeit, die stark an die Qualen des Sisyphos erinnert.

Doch damit kann Lars Kühnel gut leben. Erst im August hat er seine Firma Graffiti-Stop gegründet. Schon reichen die 15 Mitarbeiter nicht mehr aus für die große Nachfrage. Die Methode der Graffiti-Stopper ist Erfolgsgarant. Denn mit dem XXL-Sauger können die illegalen Bilder, Schriftzüge und Schmierereien ganz sanft entfernt werden. Ohne Hochdruck, ohne Chemie und ohne Wasser. Auf jedem Untergrund: Stahl, Holz, Sandstein, Glas, Kunststoff. Selbst gedruckte Schrift auf Papier lässt sich entfernen, ohne dass im Papier ein Loch entsteht. Das Verfahren bringt mehrere Vorteile. Ohne Wasser bedeutet, dass ein Einsatz auch bei Minusgraden möglich ist. Ohne Chemie ist die Putzaktion besonders schonend für Oberflächen.

Davon ist das Straßen- und Tiefbauamt überzeugt. Schon einmal haben Kühnel und seine Mitarbeiter die Steine der Albertbrücke gesäubert. Auf Treppen, der kleinen Zubringerbrücke, in dem Durchgang von der Elbe zur Straße hoch – überall hatten Unbekannte noch vor der offiziellen Eröffnung der neuen Anlagen die hässlichen Bilder hinterlassen. Andreas Gruner, Abteilungsleiter für Brücken und Ingenieurbauwerke, kann dazu nur mit dem Kopf schütteln. Graffiti seien nicht nur ärgerlich, sagt er, sondern eine Belastung für Steuerzahler. Regelmäßig lässt das Straßenbauamt im ganzen Stadtgebiet Graffiti entfernen.

Trotzdem ist Andreas Gruner froh, dass sich nun Lars Kühnels Leute schonend um die Steine kümmern. In dem Reinigungsgerät der Dresdner Firma wird Glas- oder Nussschalengranulat durch eine Lanze in eine sogenannte Glocke eingebracht. Die sitzt direkt auf der verschmutzten Stelle auf und saugt sich fest. Die Glocke hat nicht nur Sichtfenster, sodass der Arbeiter sieht, wie sich die verschmutzte Fläche während der Reinigung entwickelt. „Sie ist auch beleuchtet“, sagt Geschäftsleiter Martin Goldmann. In der Glocke wird das Granulat in Rotation versetzt. Drei Motoren sorgen für eine unterschiedliche starke Verwirbelung. Gleichzeitig saugt ein Schlauch das dann verschmutzte Granulat ab. Das kommt in ein Filtersystem, das sich ebenfalls im Gerät befindet. So können mit einer Füllung Granulat bis zu 80 Quadratmeter Fläche bearbeitet werden.

Nicht nur die Stadt hat Lars Kühnels Firma zum Entfernen von Graffiti beauftragt. Zu seinen Kunden zählen die Verkehrsbetriebe, Hausverwalter, kirchliche Einrichtungen und Autobahnmeistereien. Dort wurden alte Markierungen bisher abgefräst. Nun können sie asphaltschonend entfernt werden. Lob für die schonende Methode gab’s auch schon vom Landesamt für Denkmalpflege. In Baden-Württemberg, wo es in Stuttgart eine Filiale von Graffiti-Stop gibt, kam gerade ein Auftrag zum großflächigen Säubern von Schulgebäuden. Das Potenzial ist groß. Kühnel träumt von einer Filiale seiner Firma in jedem Bundesland. Angst vor der Konkurrenz hat er keine. Er hält das Patent auf die Methode der Entfernung. Und das zahlt sich aus. Pro Quadratmeter zu entfernendem Graffiti müssen seine Auftraggeber mit einem Preis ab 45 Euro rechnen. Bis zu drei Quadratmeter pro Stunde können mit einer Maschine gereinigt werden. Seit der Gründung hat Kühnel so jeden Monat seinen Umsatz verdoppeln können. Konkrete Zahlen will er nicht nennen. Jedoch erwirtschaftete er allein mit dem Sitz in Dresden bereits einen hohen sechsstelligen Umsatz. Jedes zweite seiner Angebote wird akzeptiert.

Schon sucht der Geschäftsmann nach neuen Mitarbeitern. Eine spezielle Ausbildung brauchen die nicht. So bekommen auch viele ältere Menschen eine Chance in der Firma, sagt Lars Kühnel.