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Die Gefahr aus der Dose

In Weinböhla reichte eine Spraydose aus, um ein Haus zu zerstören. Die Kraft solcher Explosionen kann man am Sonnabend in Großharthau erleben.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Es lohnt sich, das Kleingedruckte zu lesen. Auch auf Spraydosen, wo auf Risiken hingewiesen wird. „Ohne Grund werden diese Sicherheitshinweise nicht gegeben“, sagt Heimo Claus, Gemeindewehrleiter in Großharthau. Was passieren kann, wenn Spraydosen explodieren, zeigen Kameraden der Großharthauer Wehr bei zwei Vorführungen an diesem Sonnabend.

Das Interesse dürfte groß sein, nachdem im August in Weinböhla ein Eigenheim durch eine Haarspraydose so stark beschädigt wurde, dass zwei Frauen darin nicht mehr wohnen können. Ein Ausnahmefall, gewiss. Aber kein Einzelfall. Dass eine Sprühdose explodiert, ist unwahrscheinlich, aber eben nicht unmöglich. Heimo Claus erlebte Vergleichbares vor 20 Jahren bei einem Garagenbrand in seinem Heimatort. Mehrere Spraydosen gingen damals in die Luft.

In jeder Spraydose befindet sich ein Treibmittel. Die häufigsten sind Propan und Butan, sagt Torsten Schlenkrich, stellvertretender Ortswehrleiter in Großharthau. In Haarsprays ist das Treibmittel zum Beispiel zu etwa 40 Prozent in der Füllmenge enthalten. Bei Rasierschaum sind es dagegen nur drei Prozent. Die Menge des Treibgases ist abhängig von Konsistenz, Füllmenge und Inhaltsstoffen. Das Treibmittel sorgt für Druck in der Flasche. Bei Wärme dehnt es sich aus. Schon wenn 50 Grad Celsius überschritten werden, kann die Hülle der Dose dem steigenden Innendruck oft nicht mehr standhalten und zerplatzt, sagt Torsten Schlenkrich. In Autos gelagerte Spraydosen können da im Hochsommer schnell zu Mini-Bomben werden.

Der kleinste Funke reicht aus

Aber auch zu Hause in kleinen, geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen kann es zu einer Explosion kommen. „Da reicht schon der kleinste Funke aus. Das Betätigen des Lichtschalters zum Beispiel oder ein Föhn“, sagt Torsten Schlenkrich. Sein Tipp: Sprays generell nur in gut belüfteten Räumen nutzen, das Fenster zum Beispiel ankippen. In Badezimmern ohne Fenster empfiehlt er, die Belüftungsanlage anzustellen. Natürlich bevor man zur Spraydose greift.

Die Risiken von Spraydosen, die so gut wie jeder täglich anwendet, sind für Großharthaus Feuerwehrleute nicht erst seit der Explosion von Weinböhla ein Thema. Bereits seit 1993 demonstrieren sie regelmäßig auf Feuerwehrfesten und zu weiteren Anlässen, was passieren kann. Die Anregung dafür holten sie sich bei ihrer Partnerwehr in Schwieberdingen (Baden-Württemberg). Der Großharthauer Schmiedemeister Heinz Irrgang errichtete für die Präsentationen ein kleines Häuschen. Darin erhitzen die Kameraden mehrere Dosen – bis zur Explosion. Das Haus ist stilisiert und aus Metall. Nur so hält es stand und kann immer wieder genutzt werden.

Und nicht nur das. Sie zeigen in diesem Zusammenhang auch immer die Gefahren von Fettexplosionen. Sollte es in der Pfanne wirklich mal brennen, dann auf keinen Fall versuchen, die Flammer mit Wasser zu löschen, warnt Torsten Schlenkrich. Die Folge wäre wahrscheinlich eine meterhohe Stichflamme, von der Frau oder Mann am Herd schwerste Brandverletzungen davon tragen können. Ein Liter Wasser reicht aus, um 1 700 Liter Wasserdampf zu erzeugen, Die Fettmoleküle binden sich an den Wasserdampf. Bei Fettbränden hilft nur eins: dem Feuer den Sauerstoff entziehen. Das kann mithilfe eines Topfdeckels geschehen. Und wenn der nicht gleich zur Hand ist, macht es notfalls auch die Sofadecke aus dem Wohnzimmer“. sagt der Feuerwehrmann. Die Hausratsversicherung komme in diesem Fall für den Schaden an der Decke auf.

Technik kann besichtigt werden

Zweimal, kurz vor Mittag und gegen 14 Uhr/14.30 Uhr, werden die Großharthauer Feuerwehrleute am Sonnabend an ihrem Gerätehaus zeigen, was bei Spraydosen- und Fettexplosionen passiert. Vorbeugender Brandschutz im besten Sinn. Anlass ist ein Tag der offenen Tür, den die Großharthauer Wehr zum 20-jährigen Bestehen ihres Gerätehauses nahe der B 6 ausrichtet. Besucher können ab 9 Uhr die Fahrzeuge und die Technik besichtigen. Zur gleichen Zeit beginnen Wettkämpfe der Jugendfeuerwehren. Gegen 14 Uhr ist die Siegerehrung geplant. Ab 14 Uhr gibt es für die Gäste Kaffee und Kuchen.