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Der Trabi kehrt zurück

Die Zahl der Rennpappen im Landkreis Bautzen steigt wieder. Das hat ganz praktische Gründe.

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© Oldtimerfreunde Ottendorf

Von Sebastian Kositz

Bautzen. Bläulicher Dunst, beißende Abgasfahne und das Knattern des Zweitaktmotors. Carsten Wolf begleitet diese Melange der Sinne schon das ganze Leben. Als er Mitte der 1980er-Jahre zur Welt kommt, gehörte der Trabi noch fest zum Inventar auf den holprigen Buckelpisten der DDR. Als dann die Mauer fiel, änderte sich das schlagartig. Der Trabi hatte ausgedient. Nicht aber bei Carsten Wolf. Der junge Mann aus Ottendorf-Okrilla tuckert auch heute noch mit seiner „Pappe“ durch die Gegend – und ist damit im Kreis keineswegs der Einzige.

Bereits als Kind ist Carsten Wolf in einem Trabi zur Schule gebracht worden. „In unserer Familie sind wir auch in den 90ern noch lange mit Ostautos gefahren“, so der heute 33-Jährige. Solange, dass er sogar den senfgelben Trabi, mit dem er seit Kindesbeinen herumchauffiert worden war, übernahm, als er 2002 seinen Führerschein gemacht hatte. „Das war dann mein erstes eigenes Auto“, erinnert sich Carsten Wolf.

Das lange Festhalten an der Rennpappe war jedoch eher die Ausnahme. Mehr als drei Millionen Trabis waren bis 1991 von den Bändern bei Sachsenring in Zwickau gelaufen. Doch der einst so begehrte Zweitakter, der viele Sachsen über Jahre hinweg in den Urlaub an die Ostsee oder in den Thüringer Wald begleitet hatte, war plötzlich nicht mehr viel wert. Und so wechselte damals der Trabi nicht selten für einen Kasten Bier den Besitzer. Seitdem verschwanden immer mehr Pappen von der Straße. Noch vor fünf Jahren waren im Landkreis Bautzen gerade einmal ledglich noch etwa 1 000 Trabanten zugelassen, Mitte 2015 waren es gar nur noch 870.

Doch ganz offenkundig erfreut sich der Trabi wieder größerer Beliebtheit. Denn inzwischen sind wieder deutlich mehr Zweitakter aus Zwickau auf den Straßen in der Region unterwegs. Nach Angaben des Landratsamts sind aktuell fast 920 Trabis gemeldet – immerhin ein satter Zuwachs von 50 Fahrzeugen in nur zwei Jahren.

Hohe Nachfrage nach Ersatzteilen


Was durchaus überrascht, verwundert hartgesottene Trabi-Fans wie Carsten Wolf nicht. Und auch für Detlef Kunze aus Großröhrsdorf ist es nur eine folgerichtige Entwicklung, dass wieder mehr Menschen auf das Ostmobil abfahren. „Der Trabi ist eben einfach Kult“, sagt der Geschäftsmann, der genau weiß, von was er da spricht. Bereits seit über 20 Jahren handelt er mit Ersatzteilen für Trabi, Wartburg und Barkas.

Der Großröhrsdorfer kann bestätigen, dass die Nachfrage in den vergangenen Jahren beständig gestiegen ist. „Eigentlich melden sich bei uns täglich neue Kunden“, erklärt Detlef Kunze. Die kommen übrigens nicht nur aus dem Landkreis, sondern aus inzwischen über 40 Ländern. Besonders gefragt sind demnach typische Verschleißteile – etwa für die Bremse, oder das Fahrwerk. Das zeigt, dass die Trabis nicht nur auf Hochglanz poliert in den Garagen stehen, sondern auch gefahren werden.

Auch Carsten Wolf ist regelmäßig im Trabi unterwegs. Der Ottendorfer fährt damit sogar öfter mal auf Arbeit. Das senfgelbe Modell aus seiner Kindheit hat er allerdings irgendwann stilllegen müssen – denn auch die Pappe rostet. Doch ohne Trabant ging es nicht. „In Radeburg stand ein weißer Trabi zum Verkauf, da habe ich zugegriffen“, sagt der 33-Jährige. Und den hat der Ottendorfer Schritt für Schritt hergerichtet, technisch und auch optisch.

Die Sitze hat Carsten Wolf aufgearbeitet, die Dachträger erneuert. Dort hat er einen zur damaligen Zeit passenden Koffer befestigt, auch ein paar Skier sind stets an Bord. Bei anderen Trabi-Enthusiasten hatte sich der Ottendorfer viel abschauen können – oder es sich gleich selbst beigebracht. Schließlich stehe im DDR-Fachbuch-Klassiker „Wie helfe ich mir selbst“ alles ganz genau beschrieben, sagt Carsten Wolf.

Der Umstand, dass sich vieles selbst erledigen lässt, ist offenbar auch ein Grund, warum die Trabi-Zulassungszahlen wieder steigen. Bei den Ottendorfer Oldtimerfreunden, ein deutschlandweit bekannter Verein für Freunde alter Motorräder und Autos, haben die enthusiastischen Schrauber den Trend längst in den eigenen Reihen ausgemacht. Nicht nur der Trabi, auch der Wartburg oder die Schwalbe stünde zunehmend hoch im Kurs. „Die Teile sind vergleichsweise gut verfügbar und günstig zu bekommen“, erklärt Sebastian Richter, der sich bei den Oldtimerfreunden engagiert.

Trabi im Top-Zustand ab 2 500 Euro


Gerade für junge Freunde alter Autos seien die Ostfahrzeuge deshalb interessant. Aber: Auch viele ältere Bastler entdecken Trabi, Wartburg und Schwalbe wieder: „Viele gehen jetzt in Rente und haben Zeit, sich die Modelle aus ihrer Jugendzeit wieder aufzubauen. Viele wissen ja noch genau, wie die funktionieren“, erklärt Sebastian Richter.

Tatsächlich sind Ersatzteile recht günstig zu haben, in den vergangenen Jahren mit Blick auf sinkende Verfügbarkeit und steigende Nachfrage im Preis aber deutlich gestiegen. Das gleiche gilt für die Autos selbst. „Ein guter, gepflegter Trabant 601 bringt es heute auf 2 500 Euro“, weiß Detlef Kunze. Und er ist überzeugt: So mancher, der damals seinen Trabi für lau weggegeben hat, dürfte sich heute darüber ärgern.