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Der Schul-Bürgermeister

Ein achtjähriger Kreba-Neudorfer hat jetzt mit den Gemeinderäten über neue Spielgeräte verhandelt. Erfolgreich.

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© André Schulze

Von Carla Mattern

Pauls Vorbereitungen liegen vor ihm auf dem Tisch. Zusammen mit seinem Vater und seinen Notizzetteln sitzt der Achtjährige im Speiseraum im Krebaer Schloss. Alle vier Wochen montags wird der Raum zum Sitzungszimmer für die Frauen und Männer des Gemeinderates von Kreba-Neudorf. Und hier wartet nun der Drittklässler von der Brüder-Grimm-Grundschule auf seinen Einsatz. Er ist als demokratisch gewählter Vertreter der Mädchen und Jungen aus der Grundschule eingeladen. Es geht um nichts Geringeres als die Wünsche der Kinder. Denn die Gemeinde hat im Doppelhaushalt 2017/18 insgesamt 3 000 Euro für ein Kinder- und Jugendprojekt. Dieses Geld sollen die Grundschüler bekommen.

Und so haben sich die beiden Gewählten Paul Blocksdorf aus der Klasse 3 und Lisette Horter aus der Klasse 4 hingesetzt, und Ideen und Vorschläge eingesammelt bei den Mitschülern. Paul stellt jetzt das Ergebnis vor. Selbstbewusst setzt sich der Junge an die Versammlungstafel, als der Beschluss zum Kinder- und Jugendprojekt an der Reihe ist. Ihm gegenüber an der Stirnseite sitzt vis-a-vis der Kreba-Neudorfer Bürgermeister Dirk Naumburger.

Der hatte die Gemeinderäte schon mit einigen erläuternden Sätzen auf das Thema eingestimmt. Kurz nach Schuljahresbeginn im September hatten die Kinder ihre Vertreter gewählt, „so richtig mit Wahlurne“, berichtet der Bürgermeister. Dann bekamen sie eine Unterrichtsstunde in Demokratie und die Aufgabe, sich zu überlegen, was an der Grundschule verbessert werden soll oder was sie sich für eine Veranstaltung für ihre Schule wünschen. Dann besuchte Dirk Naumburger wieder die Schüler, ging mit ihnen über den Schulhof und diskutierte mit ihnen die Ideen. Alle vier Klassen und die Lehrerinnen samt der Schulleiterin waren an diesem Findungsprozess beteiligt, so Dirk Naumburger. Geeinigt hatten sich die Mädchen und Jungen schließlich auf einen Wunsch.

Paul Blocksdorf berichtete nun den Gemeinderäten davon. Erste Idee sei gewesen eine Rutsche oder eine Nestschaukel für den Schulhof zu bekommen. „Aber dann haben wir gesagt, wir wollen beides“, sagt der Drittklässler. „Aber das hatte den Nachteil, dass es zuviel kostet: 3 300 Euro, also 300 Euro mehr als wir haben“, so Paul. Aber das war für die Grundschüler keinesfalls ein K.-o.-Kriterium. „Da haben die Kinder gesagt, wir können doch einen Spendenlauf organisieren und einen Trödelmarkt. Wenn wir beides machen, hat es den Vorteil, dass mehr Leute kommen“, erklärt der Grundschüler den Gemeinderäten. Und nennt Argumente dafür, die eigentlich geplante Summe zu überschreiten: „Wenn man beides kaufen würde, könnten mehr Kinder dran sein. Wenn die Kinder an der Rutsche stehen, bildet sich eine lange Schlange.“ Damit aber nicht genug: Ein billiges Angebot haben die Kinder herausgesucht, für knapp 1 500 Euro, aber sehr genau registriert, dass das Spielgerät dann nur für 100 Kilogramm zugelassen ist, also für etwa drei Kinder. „Sechs Kinder sollte die Netzschaukel schon tragen, also 180 Kilogramm“, gibt Paul zu bedenken.

Ruhig spricht der Achtjährige zu den Erwachsenen, laut und deutlich. Sogar Blickkontakt sucht er zwischendurch immer mal, wenn er nicht gerade Zahlen nennt. Denn schließlich hat der Grundschüler auch im Internet nachgeforscht, wie er erzählt. Er benennt die Vor- und Nachteile von Netzschaukeln, mit nur einer Aufhängung oder zweien; er regt an, dass man die Spielgerätefirma auch anfragen könnte, ob sie für die Kreba-Neudorfer ihre übliche Spielkombination variiert. Und, und, und. Dann stellt Paul selbstbewusst die Frage in den Raum, ob denn noch jemand eine Frage habe. Von so viel Wortfertigkeit sind die Frauen und Männer im Gemeinderat alle begeistert, und auch Pauls Papa schaut sehr stolz drein. „Wenn wir euren Wunsch unterstützen können, machen wir das!“ und „Paul, du gehörst in den Gemeinderat!“ sind nur zwei der spontanen Reaktionen aus dem Rat.

So wird es nun also kommen: Zu den bisher eingeplanten 3 000 Euro legt die Gemeinde Kreba-Neudorf noch einmal 259 Euro drauf. Dafür bekommen die Grundschüler einen Kletterturm mit Schaukel und Rutsche. Um sich den knapp 800 Euro teuren Wunsch einer großen Nestschaukel zu erfüllen, gab es die Empfehlung an Paul, einen Sponsorenlauf, bei dem die Kinder pro gelaufener Runde einen Euro oder auch mehr bekommen, einen Trödelmarkt, und, mithilfe der Eltern, einen Kuchenbasar zu organisieren.