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Der Schäfer der Frauenkirche

Dieter Schlafke (81) aus Panschwitz ließ seine Herde in den 50ern in Dresdner Ruinen weiden. Daran erinnert er sich nun.

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© SLUB / Deutsche Fotothek

Von Ina Förster

Dieter Schlafke ist seit 1950 Schäfer und eigentlich schon lange Rentner. „Ich hüte heute nicht mehr für Geld, sondern nur für gute Worte, um meinen Sohn zu helfen“, erzählte er vor ein paar Jahren beim Fototermin der SZ im Auenwald bei Laske. Viel hat sich daran nicht geändert. Noch heute ist der Panschwitz-Kuckauer immer noch ab und zu mit den 250 Tieren unterwegs. Kürzlich klopfte der MDR bei ihm an und dreht ein kurzes Porträt über und mit ihm. Am 7. Oktober flimmert es in der Reihe „Glaubwürdig“ über die Bildschirme.

Dieter Schlafke (81) ist aufgeregt, freut sich aber auf den Gesprächsabend in der Frauenkirche.
Dieter Schlafke (81) ist aufgeregt, freut sich aber auf den Gesprächsabend in der Frauenkirche. © PR

Seitdem reißt das Interesse nicht ab. Dass Dieter Schlafke auch mit stolzen 81 Jahren immer noch auf der Weide steht, ist allein beachtlich genug. Dass er kurz nach dem Krieg sein Handwerk aber obendrein in Dresden lernte und dort vor der Ruine der berühmten Frauenkirche seine Schafe weidete – das macht ihn heute zum gefragten Erinnerer, Gesprächspartner und Zeitzeugen. Am Donnerstag, dem 19. Oktober, ist er bei der Stiftung Frauenkirche zu Gast. Und Frank Richter, Theologe, bis vor Kurzem noch Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung und seit diesem Jahr in der Geschäftsführung der Stiftung tätig, spricht mit ihm. „Ich habe ihn ausfindig gemacht und wir holen Dieter Schlafke natürlich auch persönlich aus Kamenz ab zum Termin“, erzählt er. „Eine sehr interessante Persönlichkeit. Ich freue mich sehr auf diesen besonderen Abend mit ihm!“

Ein Film wird gezeigt

Im Dresdner Gotteshaus, das zu Lehrzeiten des jungen Schäfers nur eine einzige Ruine war, wird er die Geschichte seines Lebens erzählen. Auch der kurze Film soll gezeigt werden. Im Mittelpunkt des Abends aber steht ein bekannt gewordenes Foto von 1955: Eine Schafherde, die friedlich grast. Ein Sinnbild für das Leben in Dresden der Nachkriegsjahre – über manches ist erstes zartes Gras gewachsen, dennoch erinnern schmerzende Wunden an das, was war. So heißt es in der Ankündigung zum Gesprächsabend. Dieter Schlafke ist auf dem Foto übrigens kaum zu erkennen. Und er bemerkte auch nicht, dass man ihn ablichtete. „Erst viele Jahre später habe ich davon erfahren“, meint er bescheiden. Der naturverbundene Christ wird am 18. Oktober über den biblischen Beruf des Hirten sprechen, aber auch über die ganz irdischen Bedingungen im damals neu entstandenen Dresden.