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Der flexible Theaterbesucher

Das Zittauer Haus verkauft weniger Abos als früher. Besucher gehen lieber spontan an die Abendkasse.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Zittau. Knapp 300 Abonnenten zählt das Zittauer Theater aktuell. Das klingt für Außenstehende wenig, wenn man bedenkt, dass gut 80000 Gäste das Haus in einer Spielzeit besuchen. Dieser Eindruck wird durch kritische Stimmen verstärkt, dass manche Stücke schon nach wenigen Aufführungen abgesetzt werden und dass viele Vorstellungen nur zur Hälfte besetzt sind. Ob die Zahlen wirklich so dramatisch sind, wie mancher behauptet, hat die SZ zusammen mit dem Generalintendanten Klaus Arauner analysiert.

Eine Analyse der Zahlen

Sind die Abozahlen in den vergangenen Jahren gesunken?

Nein, in den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Abonnements relativ konstant geblieben, wie Arauner erklärt. In der Spielzeit 2013/2014, der ersten von Schauspielchefin Dorotty Szalma, sind allerdings noch 89 Premierenabos verkauft worden, aktuell sind es 61. Der damalige Rückgang sei nur schwer zu ergründen, sagt Arauner. Die Theaterbesucher werden nach seiner Einschätzung flexibler. Sie wollen selber entscheiden, wann sie ins Theater gehen und was sie sehen, erklärt der Intendant für die Häuser in Görlitz und Zittau. Es spiele für die Zuschauer nicht mehr die große Rolle, einen sicheren Platz und immer denselben Sitznachbarn zu haben. Bei einem Abonnement sind sowohl die Stücke wie auch die Termine vorgegeben.

Bietet das Theater auch flexible „Abonnements“ an?

Ja, es gibt die Wunschanrechte und die Theatercards. Mit einem Wunschanrecht, das etwas teurer als ein Abo ist, können die Besucher fünfmal ins Theater gehen, sich aber die jeweiligen Vorstellungen selbst aussuchen. Am Görlitzer Standort ist die Zahl der verkauften Wunschanrechte höher als in Zittau, was vor allem an den Jungen Konzerten liegt. Allein dafür wurden in dieser Spielzeit 310 Anrechte verkauft, knapp 70 mehr als noch vor vier Jahren.

Es gibt auch die Theatercard 100, mit der jede Vorstellung besucht werden kann, sowie die Theatercard 50, mit der die Besucher auf jede Eintrittskarte 50 Prozent Rabatt erhalten. In der aktuellen Spielzeit sind laut Klaus Arauner 334 Theatercards verkauft worden, das sind mehr als dreimal so viele wie in der Spielzeit 2013/2014. Ob sich die verlorenen Abonnenten für eine Theatercard entschieden haben, oder ob das Theater neue Besuchergruppen gewinnen konnte, lässt nicht nach Worten des Theaterchefs kaum nachweisen.

Bärbel und Wolfgang Fliegel aus Zittau haben sich jedenfalls statt eines Freitagsabos eine Theatercard zugelegt. „Da wir auch viele andere Termine hatten, mussten wir ab und zu die Karten des Abos tauschen“, erzählen die beiden begeisterten Theatergänger. Sie sind deshalb vor einem Jahr zur Theatercard 100 gewechselt. Gründe dafür waren der Wunsch nach mehr Flexibilität, die Verringerung der beruflichen Belastung und das Bedürfnis, möglichst viele Vorstellungen zu besuchen. Mit der Theatercard besuchten sie bisher 30 Vorstellungen im Schauspiel, Musiktheater, Konzerte und Tanz. Das sind doppelt so viele wie in der Vorsaison, als sie noch das Freitagsabo hatten. „Die Theatercard rechnet sich in diesem Fall auch“, steht für sie fest. Die Theatercard 100 kostet 250 Euro. Fliegels werden sie auch für die neue Saison kaufen. „Die hohe Quote an Vorstellungen werden wir wahrscheinlich aus Zeitgründen nicht wieder erreichen.“

Plant das Theater Änderungen bei den flexiblen „Abonnements“?

Das Theater ist froh über die positive Entwicklung der Theatercard und der Wunschanrechte und hofft, dass sich der Verkauf weiter steigern lässt. Neue Theatercards sind aber in der nächsten Spielzeit nicht vorgesehen, erklärt Arauner. Der Service beim Verkauf soll allerdings verbessert werden. Die Theatercards könnten sich automatisch verlängern, wenn deren Besitzer dies wünschen. Das Theater wolle seine Besucher aber keinesfalls in eine Abofalle locken, die Theatercards können trotzdem jedes Jahr gekündigt werden.

Wie entwickeln sich die Abozahlen in der Zukunft?

Ob die Abozahlen weiter nach unten gehen oder konstant bleiben, kann man erst im September sagen. Nach der Vorstellung des neuen Spielplans am Dienstag werden die Jahreshefte an die Abonnenten verschickt. Bis zum September können sie sich melden, ob sie ihr Abo verlängern oder beenden wollen. Selbst danach ist die Abozahl noch nicht endgültig, da auch neue Abos abgeschlossen werden können. Auf jeden Fall will das Theater auch mit den festen Abos den Geschmack des Publikums treffen, betont Arauner. In das Seniorenabo ist deshalb das Weihnachtskonzert mit aufgenommen worden, weil es unter diesen Abonnenten viele ältere Zuschauer gibt.

Außerdem werden die Schauspielpremieren in Zittau wieder Sonnabend stattfinden. Zu Beginn der Spielzeit 2014/2015 sind sie vom Sonnabend auf den Freitag vorverlegt worden, um Doppelungen mit Görlitzer Premieren zu vermeiden. Darüber hinaus sollen die Schauspielstücke im großen Saal künftig in „Blöcken“ aufgeführt werden. Es wird dann nur noch ein Stück mehrere Male hintereinander gespielt. Nach diesem System verfahren viele größere Theater wie das Theater am Kudamm oder das Renaissancetheater und das Schlossparktheater in Berlin.

Wird es auch inhaltliche Änderungen im Schauspiel geben?

Das Schauspiel bietet ein breitgefächertes Angebot, von politisch brisanten, modernen, komischen und traurigen Stücken. Das soll, so erklärt Arauner, auch künftig so bleiben. Man werde, auch wenn „schwere“ Stücke weniger Zuschauer anlocken, trotzdem nicht nur Komödiantisches zeigen. Obwohl die Region keine Einwohnerzuwächse erlebe, seien die Besucherzahlen des Theaters relativ konstant, sagt Arauner. „Das ist kein schlechtes Ergebnis.“

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Diese Abos gibt es

Premierenabo: 8 Premieren des Schauspiels sowie des Musiktheaters

Schauspiel-Premierenabo: 10 Premieren des Schauspiels

Freitagsabo: 8 Vorstellungen des Schauspiels und Musiktheaters, jeweils an einem Freitag

Samstagsabo: 8 Vorstellungen des Schauspiels und Musiktheaters, jeweils am Samstag

Familien- und Seniorenabo: 8 Vorstellungen des Schauspiels und Musiktheaters, jeweils am Sonntag, 15 Uhr

Konzertabo Samstag: 6 Konzerte der Neuen Lausitzer Philharmonie, jeweils am Samstag

Unterhaltungskonzert-Abo Sonntag: 6 Konzerte, jeweils Sonntag

Junge Konzerte Abo: 10 Junge Konzerte

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