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Das falsche Bild von Görlitz

Die Firma Kibri verkauft zehn Modellbausätze von Häusern aus der Stadt. Doch keines davon gibt es hier tatsächlich.

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© Viessmann

Von Jenny Thümmler

Görlitz hat sich nicht nur bei Filmleuten als beliebte Kulisse einen Namen gemacht. Auch bei Modellbauern. Die Firma Kibri bietet gleich zehn Bausätze für Häuser aus Görlitz an: „Haus am Wochenmarkt in Görlitz/Neiße“ oder „Stadthaus mit Fabrikanbau in Görlitz/Neiße“. Das Problem: Es gibt kein einziges der angebotenen Häuser tatsächlich in der Stadt. Das hat Denkmalpfleger Peter Mitsching bereits überprüft. Noch nicht einmal ihre Adressen existieren hier: Sternplatz, Sachsenplatz, Schillerplatz, Elbenplatz, Ballhausplatz.

Für Modelleisenbahner, die auf ihren Platten gern Themenwelten zusammenbauen, ein Unding. Und ein Schrecken für die Firma Viessmann Modellspielwaren aus Hessen, die die Marke Kibri vor vier Jahren übernommen hat. Da die Görlitz-Häuser damals schon im Sortiment waren, kann heute niemand bei Viessmann Konkretes zur Entstehungsgeschichte sagen. „Dass diese Modellhäuser nicht den Originalbauten entsprechen, liegt sicherlich daran, dass in der Vergangenheit Modelle kreiert wurden in Anlehnung an ähnliche Bauwerke, um das Stadtbild zu prägen“, teilt Martina Feige von Viessmann mit und bittet um Nachsicht. Im nächsten Katalog würden die Namen berichtigt. Das Unternehmen hat auch schon mit der Stadtverwaltung Kontakt aufgenommen und sich für den Fauxpas entschuldigt. Und die Modellbauer sind dabei auf eine reizende Idee gekommen. Es könnte sein, dass sie im nächsten Jahr mit Fotoapparat und Scanner nach Görlitz reisen, um ein originales Görlitz-Haus für einen Modellbausatz auszusuchen und abzulichten. Dann wäre es denkbar, diese „Kibrineuheit“ 2016 vorzustellen, sagt Martina Feige.

Lohnen könnte sich solch ein Einsatz für die Firma durchaus. Laut Maik Möritz von Viessmann gehören die Görlitz-Modelle im Bereich der Stadthäuser zu den bestverkauften. Sie werden in der gebräuchlichen Baugröße H0, also im Maßstab 1:87, angeboten. Mindestens 27,95 Euro müssen Modellbauer dafür berappen. Das „Haus am Sternplatz“ kostet sogar fast 50 Euro. Die Häuser sind untereinander kombinierbar, sodass ganze Straßenzüge entstehen können. Görlitz scheint die Designer dabei wirklich sehr beeindruckt zu haben. Es gibt keine Gebäude aus Bautzen, keine aus Dresden, keine aus Hamburg, nicht einmal welche aus Berlin. Mal zwei aus Bottrop, eins aus Oberhausen. Aber gleich zehn aus Görlitz. Ob es die Vorbilder der anderen Modellhäuser wirklich gibt, ist allerdings unklar.