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Damit Getreide und Gemüse gut wachsen

Für einen Landwirt in Hilbersdorf bietet auch Bioanbau für gesunde Böden keine Patentrezepte. Er geht andere Wege.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Anja Gail

Hilbersdorf. Der Regen ist gut für die Natur. Landwirt Stefan Jung in Hilbersdorf fährt zurzeit nur mit dem Traktor auf den Acker, wenn es trocken genug ist. Denn das nasse Erdreich würde sich unter der schweren Zugmaschine verdichten. Das ist nicht gut für den Boden. Mit einer Sonde kann er solche Verdichtungen in unterschiedlicher Tiefe auch selbst lokalisieren. Außerdem weiß er durch diese Kontrolle, wie stark veränderte Schichten ausgeprägt sind.

Nur bei einem gesunden Bodengefüge bekommen die Pflanzen ausreichend Nährstoffe und Wasser, erklärt er. Selbst Wind und Regen fällt es dann schwerer, den Feinboden und Humus abzutragen. Stefan Jung beschäftigt sich zunehmend mit diesen Zusammenhängen, seit er die Gärtnerei in Hilbersdorf Schritt für Schritt zu einem landwirtschaftlichen Betrieb ausgebaut hat. Die Anlage samt Gewächshäusern hat er vor über 25 Jahren von seiner Familie übernommen. Inzwischen gehören Pachtflächen bei Reichenbach und Hilbersdorf dazu. Die Felder bestellt er mit Getreide, Raps und Ackerbohnen. Auch in der Region typisches Gemüse wird im Freiland angebaut. In den Folienhäusern gelingt mithilfe tierischer Nützlinge der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel. Je nach Saison gehören ganzjährig verschiedene Sorten Kartoffeln, Gurken, Tomaten, Paprika, Kohlrabi, Blumenkohl, Zucchini, Zwiebeln, Möhren, Pastinaken, Wurzelpetersilie, Chinakohl, Rot- und Weißkohl im Hofladen zum Angebot. Unter den Folienhäusern in Hilbersdorf wachsen zurzeit vor allem Gurken. Tomaten und Paprika benötigen noch einige Wochen Zeit. Die Gurken gibt es schon seit Ende Februar zu kaufen.

Außerdem liefern Mitarbeiter Abokisten zu Kunden in den umliegenden Dörfern und bis nach Görlitz. Die Selbsternten im Herbst haben sich längst herumgesprochen. In dem kleinen Betrieb beschäftigt der Gärtner und Landwirt auch zwei bis drei Mitarbeiter in Teilzeit und Saisonkräfte. Stefan Jung stehe oft vor der Frage, auf Bio umzustellen, sagt er. Aber eine Reihe von Problemen würden sich im Bioanbau, so wie er gegenwärtig praktiziert werde, wieder verstärken. Bodenbearbeitung und Düngung sind für ihn solche Punkte. Selbst im Bioanbau, wo der Acker üblicherweise intensiv bearbeitet wird, leiden das Bodenleben und die Bodenstruktur, wenn auch nicht durch Unkrautbekämpfungsmittel. Pflug und Regenwurm sind eben keine Freunde, sagt er. Außerdem würde das Pflügen den befürchteten Abtragungen der Erde Tür und Tor öffnen. Von derart geschädigten Flächen könnten Nährstoffe einen leichten Weg in die Gewässer nehmen. Nitratauswaschungen sind so ein Problem. Und auch die wertvolle Humusschicht werde immer schwächer. Jährlich gehen in Deutschland durchschnittlich pro Hektar zehn Tonnen Boden verloren, neugebildet werden aber nur ein bis zwei Tonnen.

Vor diesem Hintergrund hütet sich der Landwirt vor Schwarz-Weiß-Malerei. Gut oder böse, das sei hier nicht die Frage. Vielmehr gehe es ihm um eine nachhaltige Landwirtschaft und bodenschonende Verfahren. Eins davon, ein spezielles Düngeverfahren, praktiziert er selbst seit Jahren auf den Feldern. Bei der „Cultan-Düngung nach Dr. Sommer“ wird den Pflanzen Stickstoff aus einem Ammonium-Depot bereitgestellt. In diesem angelegten Depot ist die Konzentration so hoch, dass es von den Nitrobacter-Bakterien nicht in Nitrat umgewandelt wird und es damit nicht mehr ausgewaschen werden kann. So bleibt die restliche Fläche frei vom eingebrachten Dünger, womit Bodenlebewesen, wie Regenwürmer, optimale Bedingungen finden.

Wenn der Landwirt in der nächsten Zeit wieder mit seiner selbst gebauten Vorrichtung am Traktor über die Felder fährt, injiziert er punktuelle Düngung zwischen den Pflanzen. Sie wird damit nicht breit in der Fläche gestreut. Auch der Pflug kommt nicht mehr zum Einsatz. Seitdem hat er mehrere positive Effekte festgestellt. Die Zahl der Regenwürmer im Erdreich hat spürbar zugenommen, weil die Tiere ein besseres Nahrungsangebot vorfinden als vorher. Die Erosionen haben deutlich abgenommen und auf den Feldern wachsen kaum noch Disteln, weil sie in den tieferen Bodenschichten kein ausgewaschenes Nitrat mehr finden. Diese und weitere Vorteile liegen für Stefan Jung auf der Hand. Deshalb kann er andere Landwirte nur ermuntern, auch neue Wege zu gehen.