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Chipproduzent baut einen Eisspeicher

Globalfoundries greift auf uralte Technik zurück, um moderne Produktion zu sichern.

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© Sven Ellger

Von Bettina Klemm

Die Produktion der Chips ist eine Diva, kleinste Temperaturschwank-ungen wirken sich negativ aus. Also muss sie gehätschelt und immer für ihr Wohlgefühl gesorgt werden. Ein kühles Lüftchen ist gefragt, gerade auch bei extremer Hitze gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit. Werner Freimann hat dafür ein Händchen. Der Facilities-Direktor, der Chef für die Betriebstechnik, überwacht mit seinem Team derzeit den Bau eines Eisspeichers auf dem Firmengelände an der Wilschdorfer Landstraße. Einen mittleren einstelligen Millionenbetrag investiert Globalfoundries dafür. Eine konkrete Summe nennt das Unternehmen nicht.

Globalfoundries hat eigene Kraftwerke, die auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung basieren. Sie versorgen den Standort, an dem rund 3 500 Mitarbeiter tätig sind, auch mit der erforderlichen Kälte für die Klimatechnik. Doch mehrmals im Jahr – 2015 war das achtmal der Fall – sind die Kraftwerke überfordert. „Als Alternative könnten wir die Kraftwerke erweitern, das wäre aber wesentlich kostspieliger“, sagt Freimann. Um die sogenannten Spitzen abzufangen, ist es bisher üblich, bei extremer Schwüle die Mitarbeiter in den Büros schwitzen zu lassen: Da die Produktion der Siliziumscheiben absoluten Vorrang hat und nicht gefährdet werden darf, verzichtet das Unternehmen in kritischen Situationen auf die Klimatisierung der Büros.

Das wird sich im nächsten Jahr ändern: In diesem Frühjahr hat der Bau des Eisspeichers begonnen. Das Gebäude mit einer Länge von 35 Metern und einer Breite von 16 Metern ist inzwischen errichtet. Der Eisspeicher ist 15 Meter hoch, wobei etwa acht Meter davon im Boden „versenkt“ sind. Für die Baugrube mussten etwa 9 000 Kubikmeter Erde und Fels ausgehoben werden.

Jetzt werden in dem Kellergeschoss des Neubaus die speziellen Leitungen für die Kühlung eingebaut – angeordnet in jeweils übereinandergestapelten Matten. Als Vorbild für die neue Technik gilt das alte Eiskammerprinzip. Der Speicherraum wird mit 1 200 Kubikmetern Wasser gefüllt. In dem Riesenbassin sind die Rohre vom Wasser umflossen, das zu Eis gefriert. Würde man die Leitungen für die Eisspeichermodule hintereinander anbringen, entstünde eine Länge von 2 150 Kilometern, das entspricht etwa der Fahrstrecke von Dresden nach Athen. Im Erdgeschoss werden derzeit Umwälzpumpen und Kältemaschinen installiert. Bei der ersten extremen Wetterlage im nächsten Jahr soll der Eisspeicher Premiere haben.

Dann wird das Eis wieder abgeschmolzen und die frei werdende Kälteenergie der Fabrik zur Aufrechterhaltung der Reinraumbedingungen zu Verfügung gestellt. Die neue Technik ist für 75 MWh ausgelegt und kann bis zu drei Tage einen Engpass überbrücken. Ist die Schwüle vorbei, wird wieder mit preiswertem Nacht- oder Windstrom Eis produziert, erklärt Maik Mühle. Er ist Abteilungsleiter für Klimatechnik und Reinraum bei Globalfoundries. Das Eis harrt dann wieder bei minimalen Betriebskosten aus, bis es erneut zu einer extremen Wetterlage kommt.

Nach der Flut 2013 mussten Freimann und seine Mitarbeiter erleben, wie durch die Schwüle innerhalb von wenigen Minuten der Kältebedarf in die Höhe ging. Maik Mühle verfolgt akribisch die Wetterdaten. Er ist überzeugt, dass extreme Schwüle immer häufiger auftritt und zum Teil länger andauert. Angesichts der enormen Kosten, die bei einem Produktionsausfall entstehen würden, rechne sich die Investition für die Kälteanlage schon beim ersten Einsatz. Globalfoundries investiert derzeit auch in eine neue Reinstwasser- und eine Wasserrecyclinganlage. Damit werden 80 Prozent des Wassers wieder genutzt. Damit spart das Unternehmen einen mittleren einstelligen Millionenbetrag jährlich an Wasserkosten. So sind auch diese Investitionen schnell amortisiert.

Globalfoundries ist ein weltweit tätiger Konzern. Der Dresdner Standort zählt nach eigenen Angaben zu den produktivsten und modernsten Waferfabriken weltweit.

Mit dem Eisspeicher betritt das Unternehmen in der Stadt Neuland. Umweltamtsleiter Christian Korndörfer begrüßt diese Technik. Bisher basieren ökologische Kühlungsanlagen in der Stadt, wie für die Klimatisierung des Neumarkts, der Kunstsammlungen und der Semperoper, auf der Ausnutzung von Temperaturunterschieden im Grundwasser.