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Chemnitzer Turnerin schwebt zum WM-Titel

Am Balken überraschen Pauline Schäfer und Tabea Alt in Montreal. Sie gewinnen Gold und Bronze. Außerdem gelingt ihnen dabei noch Historisches.

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© AFP

Von Frank Thomas

Pauline Schäfer hatte schon kurz nach ihrem grandiosen Auftritt Tränen in den Augen. Die Chemnitzerin hat am Sonntag in Montreal am Schwebebalken die erste Goldmedaille für Athletinnen des Deutschen Turnerbundes in der Geschichte von Weltmeisterschaften erkämpft. Tabea Alt komplettierte den deutschen Triumph mit Bronze. Freudig lagen sich die beiden Frauen auf dem Podium in den Armen und feierten das historische Resultat.

Mit ihrer glänzenden Darbietung vor 10 000 Zuschauern im ausverkauften Olympic Stadium kam Pauline Schäfer auf 13,533 Punkte und beeindruckte die Konkurrenz. Den letzten Titel der Deutschen hatte vor 30 Jahren die Berlinerin Dörte Thümmler am Stufenbarren für die DDR geholt, am Schwebebalken hatte ihre Berliner Teamkollegin Maxi Gnauck 1981 gewonnen.

„Was soll ich sagen? Mir fehlen die Worte“, meinte Pauline Schäfer nach dem Triumph fassungslos. Gemeinsam mit ihrem Freund Andreas Bretschneider hatte sie auch in der Mixed-Zone noch weitere Tränen verdrückt. „Ich bin froh, dass alles ein so gutes Ende genommen hat“, sagte sie fast flüsternd und rang um jedes Wort.

Die nach Bestwerten im Vorkampf und im Mehrkampf-Finale favorisierte Tabea Alt aus Ludwigsburg bot die schwierigste Übung der Konkurrenz (Ausgangswert 5,7), leistete sich aber kleinere Wackler. Dennoch freute sich die 17-Jährige am Ende bei ihrem WM-Debüt riesig über Bronze (13,300). „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das Einturnen war nicht optimal, aber ich wusste: Ich bin eine gute Balken-Turnerin. Und ich habe mein Ding gemacht“, sagte der Team-Youngster.

Schäfer bestach vor allem mit der Perfektion ihrer Übung. Nachdem ihr in der Schwierigkeit ein Element anerkannt wurde, das die Kampfrichter in der Qualifikation noch negiert hatten, erreichte sie im Ausgangswert zwei Zehntel mehr und durfte sich über eine höhere Wertung als in der Qualifikation freuen. Das brachte ihr den Titel, den niemand erwartet hatte.

Bereits vor zwei Jahren in Glasgow hatte sie WM-Bronze am einstigen Zittergerät der Deutschen gewonnen. „Endlich mal ein Erfolgserlebnis“, hatte Schäfer schon beim Einzug in das Finale erzählt, einen Gedanken an Gold hatte sie da nicht verschwenden können.

In den zurückliegenden Jahren hatte die Riege von Cheftrainerin Ulla Koch intensiv an den einstigen Schwächen gearbeitet. Schon die zwei Finalplätze waren ein bisher noch nie erreichtes Ergebnis in der DTB-Historie. Gegenüber den Leistungen der Damen verblasste der Auftritt von Marcel Nguyen, der als einziger der deutschen Männer das Finale erreicht hatte. Am Barren kam der Olympia-Zweite auf Platz sieben. (dpa)