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Chancen und Tücken des Notbetriebs

Im Kraftwerk Mitte muss die Staatsoperette mit einer Havarie klarkommen. Jetzt gab es trotzdem eine Premiere.

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© Stephan Floß

Gerade mal zehn Monate konnte das Publikum die neue Spielstätte der Operette im Kraftwerk Mitte genießen. Dann wurde durch menschliches Versagen bei einem Test die Bühne geflutet. Intendant Wolfgang Schaller spricht über Chancen und Tücken des Notbetriebs.

Herr Schaller, am Sonnabend hatte „Hänsel und Gretel“ Premiere. Wie lief es unter den schwierigen Bedingungen nach der Havarie?

Wir zeigen eine überarbeitete und aufgefrischte Neuinszenierung. Durch den Wasserschaden ist es zu einer anderen Premiere als geplant gekommen. Wir konnten nur die Vorderbühne vor dem Vorhang und den Platz links und rechts neben dem Orchestergraben sowie den Übergang, die Passerella, nutzen. Wer die bisherige Inszenierung nicht kennt, weiß aber nicht, dass ein Teil der Bühne fehlte. Es war eine vollgültige Aufführung.

Haben die Zuschauer die Einschränkungen gespürt?

Die Darsteller haben rund um den Orchestergraben gespielt, also sehr nah am Publikum. Die Hexe und auch die Engelkinder laufen durch den Zuschauerraum. Das schafft Nähe, die es sonst nicht gibt. Da wir wegen der kleineren Bühne das geplante Bühnenbild nicht nutzen können, hat unser Kreativteam überlegt, wie sich mit sparsamer Dekoration trotzdem die Fantasie in ganzem Maße anregen lässt. Mit Videoinstallationen und schönen Lichteffekten ist das sehr gut gelungen.

Wie haben die Besucher auf die besondere Situation reagiert?

Besonders unsere Damen an der Kasse haben nun deutlich mehr zu tun, da sie viel erklären müssen. Generell haben die Zuschauer aber sehr viel Verständnis. Wir spüren, dass das Publikum an unserer Seite steht. Wir hoffen, dass sich die Qualität der Vorbühnen-Vorstellungen als besonderes Erlebnis nun herumsprechen wird.

Wie kommen Darsteller und Techniker mit den erschwerten Bedingungen klar?

Sie mussten sich wegen der veränderten Bühne ganz schön umstellen. Dazu gehört aber auch, dass die Rufanlage des Inspizienten noch nicht funktioniert. Das heißt, dass es keine Aufrufe für die Einsätze von Technikern und Darstellern gibt. Jeder ist nun für sich selbst verantwortlich. Dadurch liegt eine besondere Spannung auf allen. Aber wissen Sie, wir haben in der alten Operette in Leuben so viel improvisieren müssen, dass wir das in gewissem Maße gewohnt sind. Dennoch wäre es schön gewesen, nach all den Jahren die erste „normale“ Spielzeit in einer modernen Spielstätte mit moderner Ausstattung zu haben.

Wie weit sind die Reparaturarbeiten?

Der Fußboden der Bühne ist durch die Havarie aufgequollen. Er ließ sich nicht erhalten und muss vollständig ersetzt werden. Er ist herausgenommen. Dort klafft gerade ein großes Loch bis zur Unterbühne. Auch unsere tollen neuen Scheinwerfer mit hochsensibler Technik sind nass geworden. Wir sind mit den Experten einer Meinung, dass sie erneuert werden sollen. Sie müssen bei uns im Dauerbetrieb stets auf Hochtouren funktionieren. Das ist bei einer Reparatur nicht sichergestellt. Die Steuerung für einige Hub-Podien muss noch überarbeitet werden. Und die Verteilerkästen für den Ton sind beschädigt, so dass wir derzeit keine Mikroports nutzen können. Solche Mikros braucht man aber für die Aufführung von Musicals. Daher sind diese zurzeit nicht möglich. Für den Spielbetrieb haben wir eine Freigabe bekommen, so dass die Sicherheit der Zuschauer uneingeschränkt gegeben ist. Die Technik im Zuschauerraum war ja auch nicht betroffen.

Wie geht es jetzt weiter?

Wegen der ungewöhnlichen Umstände auf der Bühne bekommen alle Zuschauer auf die Dezembervorstellungen 25 Prozent Rabatt, auch diejenigen, die ihre Karten bereits gekauft haben. Die lustige Witwe startet am 7. Dezember, auch auf unserer Vorbühne. Das Berstein-Musical „Wonderful Town“ ist konzertant im Konzertsaal der Musikhochschule zu erleben. Und im Januar haben wir wie gewohnt die Neujahrskonzerte, dieses Jahr allerdings verlängert bis zum 14. Januar.

Am kommenden Freitag können wir voraussichtlich mitteilen, wie es mit den Reparaturarbeiten weitergeht und wann wir wieder voll einsatzfähig sind.

Das Gespräch führte Claudia Schade