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Bürgerbeteiligung nicht gefragt

Der Landkreis lässt das Radwegekonzept überarbeiten. Das Projekt mute wie eine geheime Kommandosache an, kritisiert ein Grünen-Kreisrat.

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© Archivfoto: André Braun

Von Steffen Jankowski und Jens Hoyer

Döbeln. Hinweise von Bürgern sind im Landratsamt Mittelsachsen nicht gefragt – zumindest nicht in Bezug auf die Radwegekonzeption des Kreises. Bei einer Bürgerbeteiligung drohe das Projekt auszuufern, sagt Hartmut Schneider: „Wir wollen doch vor meiner Rente fertig werden.“ Der Mann, der nach eigenen Worten noch drei Jahre bis zum Ruhestand hat, leitet das Referat Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung. Der Kreistag hatte im Dezember 2015 die Fortschreibung der Konzeption beschlossen. Laut Pressesprecherin Cornelia Kluge sind dafür knapp 40 000 Euro eingeplant.

„Das Radwegekonzept mutet wie eine geheime Kommandosache an“, sagt Kreisrat Sebastian Tröbs. Der Bündnisgrüne aus Freiberg sieht damit eine Chance vertan, etwas gegen Politikverdrossenheit zu tun: „Radfahren interessiert viele.“ Seine Fraktion habe 2015 beantragt, die Bürger am Konzept zu beteiligen. Auch sei damals nicht nur von Radtouristen die Rede gewesen, auf die sich jetzt konzentriert werde: „Der Alltagsradverkehr ist auch wichtig.“

Zu dem Kreis der Auserwählten, die in einer Arbeitsgruppe über die Arbeit am Konzept informiert werden, gehört der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in Freiberg. „Wir haben uns aufgedrängelt und sind eingeladen worden“, bestätigt Thomas Oppermann. Seiner Ortsgruppe, so der Sprecher weiter, gehe es vor allem darum, überregionale Routen wie etwa den Muldentalradweg durch das Freiberger Stadtzentrum zu führen. „Wir haben auch unsere Hilfe beim Abfahren der Strecken angeboten.“

Auch Konrad Krause, Landesgeschäftsführer des ADFC, bemängelt die fehlende Bürgerbeteiligung. Und die Tatsache, dass das Radwegekonzept in Mittelsachen nur auf den Tourismus, aber nicht auf den Alltagsradverkehr abzielt. „So etwas hat man in den 90-er Jahren gemacht“, sagte er. Nach seiner Auffassung muss unter anderem der Aspekt der Verkehrssicherheit unbedingt ein Schwerpunkt eines Radwegekonzeptes sein. Und da gehöre eine Bürgerbeteiligung dazu. „In Nordsachsen hatte es eine intensive Beteiligung der Bürger gegeben. Natürlich kommt dabei auch manchmal Quatsch heraus, nicht alles ist verwendbar. Aber es ist sehr oft so, dass die Leute vor Ort viel Expertenwissen mitbringen.“ Der Radverkehr sei extrem davon abhängig, welche Infrastruktur den Radfahrern zur Verfügung gestellt wird, so Krause. Im Landkreis Mittelsachsen sieht es damit eher mau aus. Der Landkreis habe in den vergangenen Jahren, so Behördensprecherin Cornelia Kluge, weder Alltagsradwege gebaut, noch seien welche geplant.

Auch für die Kommunen sollte das Radwegekonzept eine Handlungsrichtlinie darstellen, meint Krause. Etwa dafür, wie der Radverkehr in den Städten organisiert wird. So ist es möglich, Einbahnstraßen für Radfahrer zu öffnet. „Da bestehen viele Ängste. Aber die Zahl der Unfälle ist sogar zurückgegangen, weil sich die Autofahrer nicht mehr so sicher fühlen“, so Krause.

Die Stadt Döbeln als Kommune ist in die Radwegeplanung eingebunden. Anfang des Jahres hatte das Planungsamt die Zuarbeit an das beauftragte Büro weitergeleitet. Im Radroutennetz seien der Mulderadweg, der Zschopauradweg, der Jahnaradweg und Elbe-Mulde-Radweg enthalten, so Stadtsprecher Thomas Mettcher auf Anfrage. „Ergänzt wurden die Daten durch Anregungen und Hinweise zu aus unserer Sicht sinnvollen Verbindungen. Dazu gehören beispielsweise die Radverbindung Waldheim-Döbeln über Gebersbach, Knobelsdorf und Neudorf und die Verbesserung der Verbindung von Gärtitz nach Mischütz“, so Mettcher. Bei Gärtitz war, als noch der Landkreis Döbeln existierte, ein Stück Radweg auf der ehemaligen Kleinbahnstrecke gebaut worden. Danach war das Projekt eingeschlafen. (mit FP)