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BMW baut sich eine eigene Teststrecke

In Tschechien nahe Sachsen entsteht ein Zentrum für autonomes Fahren.

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© dpa

Von Steffen Neumann, SZ-Korrespondent in Usti Nad Labem

Sokolov. Noch erinnert die 500 Hektar große frühere Abraumhalde am Rande von Sokolov in Nordwestböhmen an eine Mondlandschaft. Doch in nur fünf Jahren wird sich diese von halbhohen Birken bewachsene unwirtliche Landschaft nach dem Willen des deutschen Autobauers BMW geradewegs in ein Hochtechnologie-Testzentrum für selbstfahrende Autos verwandeln.

Auf dem Weg zur Zukunft des Automobils macht der Konzern den nächsten Schritt im benachbarten Tschechien. Unweit des weltberühmten Kurorts Karlsbad und nur rund 20 Kilometer von der sächsischen Grenze entfernt, entsteht BMWs erste reine Teststrecke für autonomes Fahren. Auf dem Gelände, das fast dreimal so groß wie die Leipziger BMW-Fabrik ist, testet BMW dann seine neuen Modelle der sogenannten Generation iNext.

In sein erstes Test- und Entwicklungszentrum in Mittel- und Osteuropa investiert der Autobauer 200 Millionen Euro. Es entstehen mehrere Hundert Arbeitsplätze. In Sokolov will BMW sowohl seine teilautomatisierten als auch voll automatisierten Autos testen. Dabei geht es vor allem um die Erprobung von Assistenzsystemen zur Kollisionsvermeidung. Die Teststrecke wird ausschließlich von BMW und seinen Partnern genutzt.

Grund für den Neubau ist die Überlastung der bestehenden Testzentren in Aschheim bei München, Miramas (Frankreich) und Arjeplog (Schweden), so BMW-Immobilienchef Herbert Grebenc. Für den Test seiner Assistenzsysteme hatte BMW bereits 2015 kurzfristig den Flughafen Hof-Plauen anmieten müssen. Mit dem Zuschlag für Sokolov kommt es nun aber zu einer weit in die Zukunft reichenden Richtungsentscheidung.

„In Sokolov haben wir ideale Bedingungen für die Erprobung unserer Fahrzeuge gefunden“, begründet Grebenc die Standortwahl auf einer Pressekonferenz am Freitag in Prag. Drei Jahre lang hatte BMW zwischen 82 Kandidaten ausgewählt. Als entscheidende Kriterien für Sokolov nannte Grebenc die gute verkehrstechnische Anbindung und die Topographie des Geländes. Dass BMW das Grundstück von nur einem Eigentümer, der Tagebaufirma Sokolovska uhelna, abkaufen könnte, hat die Entscheidung zusätzlich positiv beeinflusst.

Auch von der tschechischen Regierung kann BMW maximales Entgegenkommen erwarten. Das Land plant in Zukunft, nicht mehr den Bau reiner Montagehallen zu unterstützen, sondern setzt auf die Ansiedlung entwickelter Technologien mit einem hohen Grad an Wertschöpfung.

Inwieweit BMW auch mit finanzieller Förderung rechnen kann, ließ der neue Industrieminister Tomas Hüner zunächst offen, verspricht aber: „Die Verhandlungen der tschechischen Regierung mit BMW über eine Deklaration für den Bau des Testzentrums werden sachlich und schnell verlaufen.“