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Bei Vadim rollt der Ball

Der Bulgare steht seit 17 Jahren mit seinem Dönerstand am Bahnhof. Seine Leidenschaft gehört aber auch dem runden Leder.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Vaydin Shen ist mit sich zufrieden. Das betont der Dönermann vom Nieskyer Bahnhof immer wieder, während er erzählt, wie es gekommen ist, dass er türkische Kost in Niesky anbietet. Denn von Beruf ist er Elektriker – und als solcher kam er mit seiner Familie vor 25 Jahren nach Deutschland. Er ist Türke mit bulgarischer Staatsbürgerschaft, betont er. Seine Familie stammt aus dem Süden Bulgariens, der einst Bestandteil des Osmanischen Reiches und damit türkisch war. Seine drei Brüder und die Eltern leben noch dort – und auch seine beiden Söhne hat es inzwischen in die Türkei gezogen. Beide studieren in Istanbul. Vaters Geschäft werden sie demnach wohl nicht übernehmen.

Für Vadim, wie er der Einfachheit halber nach einem russischen Hockeyspieler genannt wird, ist das kein Problem. Mit 54 Jahren will er noch eine Weile arbeiten – und nicht nur das. „Meine große Leidenschaft ist der Sport. Bereits in Bulgarien habe ich viel Fußball gespielt, war Spieler in der dritten Liga“, berichtet er. Auch gegenwärtig mischt Vadim aktiv im Spielbetrieb des SV Jänkendorf mit. Er gehört zu den Fußballern die in der Kreisliga um Tore und Punkte kämpfen. Das Fußballspielen macht er seit er in Deutschland ist. Der SV See 90 war dabei sein erster Verein bei dem er gegen das runde Leder trat. Dem Verein ist er noch heute dankbar. „Die Fußballer haben mich sehr unterstützt bei der Suche nach einer Arbeit und einer Wohnung. Ich war fast 15 Jahre bei See und zwischendurch auch bei Eintracht Niesky, dem SV Kodersdorf und SV Trebus“, berichtet er.

Dass der Bulgare gut aufgenommen und respektiert wurde, dafür zeigt er sich erkenntlich. „Ich unterstütze viele Sportvereine als Sponsor.“ Darunter sind nicht nur Fußballer, sondern auch die Nieskyer Handballfrauen und -mMädchen. Zu einer festen Tradition ist es geworden, dass er die Mannschaften zum Saisonende zum Essen einlädt beziehungsweise es bei den Vereinen anliefert. Dabei sind die Vereinsmitglieder deutlich im Vorteil. Denn an Vadims Stand in der Straße am Bahnhof gibt es nur Speisen zum Hieressen oder Mitnehmen. Einen Lieferservice habe er nicht, weil der sich für ihn nicht lohnt. Dafür einen Mitarbeiter. Kadir Hyusni ist erst seit vier Monaten dabei. Ihn kennt Vaydin Shen aber schon lange. „Er ist ebenfalls Bulgare und ein Schulfreund von mir“, sagt er.

Zusammen betreiben beide den Döner-Imbiss. Das ist auch notwendig, denn der Wagen ist von Montag bis Freitag zehn Stunden offen. „Manchmal auch länger, wenn zum Beispiel Fußball ist“, ergänzt der Betreiber. Dann stellt Vadim einen Fernseher in den Untersitz am Imbisswagen und lädt zum Public Viewing ein. Die Poster von Profifußballern an den Wänden deuten darauf hin, was hier angesagt ist. Vadim lächelt zustimmend: „Ja, der Fußball ist meine Welt!“

In das Döner-Geschäft stieg Vadim 1994 ein. Zuvor hat er noch als Elektriker in einem Nieskyer Handwerksbetrieb gearbeitet. Das Wissen und die Fertigkeit holte er sich bei einer türkischen Firma in Bautzen, besuchte entsprechende Lehrgänge und Seminare. Für zwei Jahre zog es ihn zwischendurch nach Meißen. Im Auftrag der Bautzener Firma übernahm er die Leitung eines Restaurants in Meißen. In dieser Zeit riss die Verbindung nach Niesky nie ab. „Ich kam jedes Wochenende nach Niesky zum Fußballspielen. Also kehrte ich wieder nach Niesky zurück, da ich hier gute Freunde und viele Bekannte hatte. Das war 1999. Im März 2000 hat sich Vadim mit einem Imbiss selbstständig gemacht und bezog seinen Stellplatz gegenüber der damaligen BHG, wo er noch heute steht. Denn mobil will er nicht unterwegs sein, zumal er seinen Wagen „winterfest“ gemacht hat, um die Kunden vor nassem und kaltem Wetter zu schützen.

Es ist vorwiegend Laufkundschaft, die seinen Imbiss frequentiert, sagt er. Darunter nicht wenige Stammkunden. Dass er nicht der einzige Döneranbieter in Niesky ist, stört Vadim nicht. „Konkurrenz am Ort sichert die Qualität der Produkte“, betont er. Außerdem seien die Stände im Stadtgebiet gut verteilt und jeder habe seine Kundschaft. „Die Wege müssen kurz sein, sonst kommt niemand“, ist Vadims Erfahrung.