Merken

Banger Blick auf Mulde und Zschopau

Teilweise wurde am Donnerstag Warnstufe zwei erreicht. Für die Nacht waren orkanartige Böen angekündigt.

Teilen
Folgen
© André Braun

Von Maria Fricke und Tina Soltysiak

Döbeln. Die Pension Mulden-Aue hat es wieder erwischt. Die Freiberger Mulde hat sich auf die untere Terrasse von Familie Forschack ausgebreitet. Helga und Horst Forschack haben sie beräumt. „Wir sind allein. Aber unsere Kinder helfen uns. Wir haben jetzt Alarmstufe zwei erreicht“, sagte Helga Forschack am frühen Nachmittag. Kurze Zeit später teilte das Landeshochwasserzentrum (LHWZ) Sachsen mit: In Leisnig sei Alarmstufe drei im Tagesverlauf nicht auszuschließen. „Dann steht das Wasser am Haus“, befürchteten Forschacks. Doch ab 14 Uhr entspannte sich die Lage. Der Pegel sank wieder.

An der Grünen Aue in Roßwein galt Warnstufe 1 für die Mulde.
An der Grünen Aue in Roßwein galt Warnstufe 1 für die Mulde. © André Braun
Die Zschopau überschwemmte das Ufer in der Waldheimer Niederstadt.
Die Zschopau überschwemmte das Ufer in der Waldheimer Niederstadt. © André Braun

Forschacks haben das Gefühl, dass das Hochwasser immer schlimmer wird. So hoch, wie das Wasser jetzt bei Stufe zwei steht, habe es früher einmal bei Stufe drei gestanden. Die Ursachen seien verschieden: So sei unter anderem auf Altleisniger Seite ein Damm erhöht worden. Das Wasser könne dort nun nicht mehr weg und staue sich an Forschacks Haus. Das gilt bei Hochwasser nach wie vor als neuralgischer Punkt aus Sicht der Stadtverwaltung.

Landeshochwasserzentrum warnte vor Stufe drei in Leisnig

Die Stadtverwaltung war am Donnerstag in Alarmbereitschaft. Die Mulde stand unter ständiger Beobachtung. Bereits in der Nacht zum Mittwoch hatten die Mitarbeiter begonnen, über ein Informationssystem rund 200 betroffene Anwohner anzuschreiben, um sie über die aktuelle Lage zu informieren, wie Uwe Dietrich vom Ordnungsamt der Stadt sagt. An 400 Nummern sind Informationen verschickt worden. Gegen 11 Uhr hatte die Freiberger Mulde die 470 Zentimeter geknackt, Alarmstufe 2 war erreicht. Bis auf 481 Zentimeter kletterte der Pegel noch an. Der höchste Punkt war gegen 13 Uhr erlangt. Wäre Alarmstufe drei mit einem Pegelstand von 500 Zentimetern erreicht worden, wäre ein Führungsstab mit Bürgermeister, Bauamtsleiter, Ordnungsamt und Feuerwehrchef einberufen worden, so Uwe Dietrich.

Klappen am Wehr waren in Döbeln zu 50 Prozent geöffnet

Auch in Döbeln richtete sich am Donnerstag die Aufmerksamkeit auf die Mulde, die infolge von Dauerregen in der Nacht zu Donnerstag sowie der Schneeschmelze in den höheren Lagen deutlich mehr Wasser führte als sonst. Wirklich gefährlich wurde es nicht. Trotzdem waren viele beunruhigt. „Was kommt hier noch“, wollte etwa ein Mann wissen, der am Donnerstag das Döbelner Muldenufer abfuhr. Vor allem die gefüllte Flutmulde lenkte Blicke auf sich und wurde von einigen Passanten fotografiert. Stündlich kontrollierten Mitarbeiter des Döbelner Ordnungsamtes Brücken und Einlässe an der Mulde, so Döbelns Ordnungsamtschef Jürgen Müller. Um 50 Prozent waren die beiden Klappen des neu errichteten Wehres am Schlossberg geöffnet worden, wie Stefan Hain, zuständiger Projektleiter bei der Landestalsperrenverwaltung, sagte. Die Bauarbeiten zwischen Niederbrücke und Bahnhofstraße liefen weiter. Wäre das Wasser weiter angestiegen, hätte die mit Erde errichtete Rampe für den Bohrer abgetragen werden müssen, so Hain. Schließlich stellt sie ein Durchflusshindernis dar. Kontrolliert wurde auch der Pegel am Blockheizkraftwerk der Stadtwerke, das unmittelbar an der Flutmulde steht. Vor Beginn des Baus der Flutschutzmauer war die Anlage mit einer separaten Mauer geschützt gewesen. Die ist nun weg. „Wir haben das unter Beobachtung. Unsere Mitarbeiter sind alle angewiesen, schnell zu reagieren, wenn sich der Pegelstand ändert“, so Simone Friedrich, kaufmännische Prokuristin bei den Stadtwerken.

Waldheimer wurden über Informationssystem alarmiert

In Waldheim sind die Anwohner der Niederstadt wie in Leisnig darüber informiert worden, dass sich die Lage zuspitzt. Die Stadt hat vor knapp einem Jahr ein Telefonfunk-Alarmsystem eingerichtet. Sobald der Messpegel der Zschopau in Kriebstein die Warnstufe 1 erreicht, bekommen die Bewohner in der Niederstadt Bescheid. Bis in die Warnstufe 3 hinein bleibe dann für die Information der übrigen Waldheimer Zeit, so Ordnungsamtsleiter Bernd Meinel. Benachrichtigt werde straßenzugs- beziehungsweise gebietsweise. Die Hausbesitzer, Anwohner und Gewerbetreibenden hätten der Stadtverwaltung ihre Kontaktdaten zur Verfügung gestellt, sodass es im Ernstfall schnell gehen kann. „Wir behalten die Pegelstände im Gebirge, die Wetterlage und die tatsächliche Situation an den Bächen und Flüssen im Blick und entscheiden in Abhängigkeit davon über den Zeitpunkt der Alarmierung per Telefon“, erklärt Meinel. Auch in der Nacht funktioniere der Mechanismus des Alarmsystems. Es gebe eine Alarmierungskette. „Wir können von jedem Computer aus auf das System zugreifen“, so Meinel. Er erklärte: Wer noch keine Nachricht bekommen hat, die Lage am Gewässer allerdings als kritisch betrachte, solle nicht denken, dass das System nicht funktioniert. „Es bedeutet viel mehr, dass keine unmittelbare Gefahr droht“, sagte er.

Am Nachmittag gingen die Pegelstände zurück

Gegen 13 Uhr entspannte sich die Lage an der Mulde in Mahlitzsch und Leisnig sowie an der Zschopau in Kriebstein wieder. Die Pegel gingen zurück. Höchsttand der Mulde in Mahlitzsch waren 244 Zentimeter gegen 11 Uhr sowie 230 Zentimeter an der Zschopau in Kriebstein. An beiden Flüssen bestand Warnstufe 1.

Wetterdienst warnt vor orkanartigen Böen in der Nacht zu Freitag

Der Niederschlag hatte am Donnerstagvormittag nachgelassen. In der Nacht zum Freitag war zumindest in Höhenlagen über 600 Meter Neuschnee möglich. Für die Region Döbeln hatte der Deutsche Wetterdienst bis Freitag 10 Uhr eine Unwetterwarnung herausgegeben. Zu rechnen ist mit schweren Sturmböen bis zu 100 Kilometer pro Stunde. In Verbindung mit Schauern und Gewittern sind zudem einzelne orkanartige Böen bis zu 110 Kilometer pro Stunde möglich. Infolge des Sturms besteht die Gefahr, dass beispielsweise einzelne Äste herabstürzen. Auch Gegenstände könnten herabfallen.