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Aus einem Müllcontainer werden zehn

Eine neue Vorgabe verpflichtet die Bauunternehmen, ihren Abfall besser zu trennen. Das treibt die Kosten hoch.

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© Norbert Millauer

Von Tim Blumenstein, Jörg Richter und Franz Werfel

Sächsische Schweiz. Auf den Baustellen zwischen Sebnitz, Wilsdruff und Altenberg gehören sie einfach dazu: große Container, in denen oft erst einmal alles landet. Manchmal sortiert, manchmal wild durcheinander. Zementtüten liegen zwischen Mörtelresten, Holzbrettern und Verpackungsfolien. Damit soll nach Vorgabe der Europäischen Union Schluss sein.

Am 1. August ist die neue Gewerbeabfallverordnung in Kraft getreten. Ihr Kern ist schnell zusammengefasst. Was Privathaushalten empfohlen wird, soll künftig auch für Gewerbetreibende zur Pflicht werden: das exakte Sortieren sämtlicher Abfälle. Bislang klaffen hier Lücken. Während das getrennte Sammeln zum Beispiel von Glas, Holz und Metall schon aus Kostengründen seit Jahrzehnten gängige Praxis ist, müssen nun ebenso Beton, Ziegel sowie Fliesen und Keramik getrennt werden. Ziel der EU ist es, dass weniger Abfälle verbrannt, sondern mehr recycelt werden.

Roland Stollmayer, Betriebsleiter bei der Dohnaer Firma Jantke Containerdienst GmbH, sieht der neuen Verordnung entspannt entgegen. „Kostenorientierte Kunden haben schon seit längerer Zeit ihren Gewerbeabfall genau getrennt. Aus dem einfachen Grund, weil dadurch Entsorgungskosten eingespart werden“, sagt er. In einem Brief, den die Firma Jantke an ihre rund 900 gewerblichen Kunden verschickt hat, informiert sie diese über die Änderung. „Wir als Dienstleistungsunternehmen sind gut vorbereitet, falls durch die neue Verordnung ein Mehrbedarf entstehen sollte“, so Stollmayer.

Die neue Richtlinie gilt vor allem für Firmen, in denen viel Abfall anfällt. Gerade Betriebe, deren Baustellen ständig wechseln, könnten dadurch Schwierigkeiten bekommen. Den Auftraggebern – egal ob privater Häuslebauer, Unternehmer oder Stadt – drohen für den gestiegenen Aufwand höhere Kosten. Bauen könnte damit teurer werden, als es jetzt bereits ist. Nach Angaben der sächsischen Statistiker in Kamenz gingen die Preise für den Bau von Wohngebäuden im Freistaat binnen Jahresfrist um 3,6 Prozent nach oben.

Veit Gerbes leitet bei der Heidenauer Baufirma Karl Köhler das Recyclinggeschäft. „Das, was jetzt gefordert wird, haben wir schon vorher gemacht“, sagt er. Schon seit Jahren schickt die Baufirma bei großen Abrissbaustellen vor Baubeginn ein Entsorgungskonzept an das Umweltamt des Landkreises. „Neu ist für uns die Dokumentationspflicht“, so Gerbes. Wie genau die umgesetzt werden soll, muss er sich erst noch anschauen.

Klar ist aber schon jetzt: Für die Mehrkosten durch Aufstellen und Abtransportieren der Container sowie den bürokratischen Aufwand werden die Kunden der Bauunternehmen aufkommen müssen. Wie hoch der Preisauftrieb am Ende ausfällt, lässt sich derzeit nicht abschätzen.

Kein Platz, aber mehr Bürokratie

Zusätzlich zeichnet sich ein Platzproblem auf vielen Baustellen und damit möglicherweise für den Straßenverkehr ab. Denn statt eines Containers werden laut Verordnung künftig bis zu zehn Abfallbehälter gebraucht: einer für Pappe und Papier, einer für Glas, einer für Kunststoffe, einer für Dämmmaterial, einer für Holz, einer für Bitumengemische, einer für Gips, einer für Beton, einer für Ziegel und Fliesen und einer für den Restmüll. Schon heute müssen die Container bei kleinen Grundstücken häufig auf und an Straßen abgestellt werden. Nur schwer vorstellbar ist, wie das klappen soll, wenn sich dort bald bis zu zehn Behälter quetschen.

Drittes Problem im Bunde: Neben dem aufwendigen Recycling sind Gewerbetreibende seit diesem Monat verpflichtet, ihre Sortierarbeit detailliert zu dokumentieren. Dies kann mithilfe von Lageplänen, Fotos, Liefer- und Wiegescheinen erfolgen. Darüber hinaus benötigen die Baufirmen einen Nachweis ihres Entsorgers.

Unklar ist zudem, wer die Umsetzung der neuen Verordnung kontrollieren wird – sehr wahrscheinlich das Umweltamt des Landkreises. Doch das hat dem Vernehmen nach die Baufirmen noch nicht informiert, wie genau sie die neuen Regelungen umsetzen sollen. Bisher warten die Firmen noch auf die aktuelle Vollzugsordnung, die der neuen Abfallvorgabe Rechnung trägt.

Fakt ist, dass zusätzlich private Sachverständige benötigt werden, die Nachweise und Ausnahmen überprüfen können. Doch ob es von ihnen genügend in der Region gibt, ist fraglich.