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Der Block in der Heinz-Steyer-Straße stand längst auf der Abrissliste. Nun hat ihn der Vermieter saniert – und es nicht bereut.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Sonne scheint über den großzügigen Balkon ins Wohnzimmer, als Rolf Pfützner seinen Schlüssel entgegennimmt. „Umzug ist am 22.“, sagt er und lächelt. Sehr weit werden es die Möbelpacker nicht haben. „Ich wohne derzeit noch hier gegenüber, ganz oben“, erzählt er und zeigt aus dem Fenster. Aber man werde ja auch nicht jünger. Deshalb sei die Wahl auf das frischsanierte Gebäude an der Heinz-Steyer-Straße gefallen. Dort gebe es eine Dusche und einen Aufzug.

Rolf Pfützner wird von WG-Chefin Kerstin Kluge als neuer Mieter begrüßt.
Rolf Pfützner wird von WG-Chefin Kerstin Kluge als neuer Mieter begrüßt. © Sebastian Schultz
Ein Blick ins Badezimmer: Neben Aufzügen sind vor allem Wohnungen mit Dusche gefragt.
Ein Blick ins Badezimmer: Neben Aufzügen sind vor allem Wohnungen mit Dusche gefragt. © Sebastian Schultz

Solche oder ähnliche Sätze bekommen die Mitarbeiter der Wohnungsgenossenschaft Riesa häufig zu hören, sagt deren Vorstandsvorsitzende Kerstin Kluge. Aufzug, Balkon und Dusche, das seien die Punkte, die vor allem den älteren Mietern am Herzen liegen. Und daran habe man sich auch orientiert, als der Umbau des Blocks geplant wurde. Rund 2,3 Millionen Euro hat es gekostet, das Gebäude zu modernisieren. Immer noch etwas günstiger als ein Neubau, betont Kluge – aber dennoch ein großer Aufwand. Das Gebäude sei zunächst vollständig entkernt worden. Aus ehemals vier Treppenhäusern wurden zwei, es kamen die Aufzüge und Balkone hinzu, außerdem wurden neue Wasser- und Abwasseranschlüsse verlegt. Die Grundrisse haben sich ebenfalls komplett geändert, weil die alten Wohnungen modernen Ansprüchen nicht mehr gerecht wurden. „Die Fenster waren vorher deutlich kleiner, außerdem befand sich im Bandezimmer die Wanne direkt unter dem Fenster.“ Ein Problem vor allem für ältere Mieter, die dann kaum noch ans Fenster herankommen. „Erschwerend kam beim Bau hinzu, dass der Zustand des Gebäudes, insbesondere des Putzes, schlecht war“, erklärt Kerstin Kluge. Nicht umsonst war der Wohnblock ursprünglich zum Abriss vorgesehen gewesen: Als sich die Wohnungsgenossenschaft dafür entschied, ihn zu erhalten, da war er bereits leergezogen. Da hätte man auch an der Heinz-Steyer-Straße wohnen bleiben können, mag an dieser Stelle mancher ehemalige Mieter denken. Aber so einfach ist die Sache laut Kerstin Kluge nicht. „Für diese aufwendigen Arbeiten hätte man den Block ohnehin leerziehen müssen.“ Auch deshalb fiel die Entscheidung, ausgerechnet dieses Gebäude zu sanieren: Es stand ohnehin schon leer. Dass der Großvermieter in Gröba neuen Wohnraum schafft, hängt wiederum mit dem neuen Schulkonzept der Stadt zusammen. Weil zwei Schulen in Merzdorf erhalten bleiben, könnte es dort künftig Zuzug geben, so die Kalkulation. Bisher ist die Rechnung aufgegangen, das zeigen die Zahlen: Nur eine einzige der insgesamt 24 Wohnungen ist noch frei, für die anderen haben sich bereits Mieter gefunden. Einige sind wie Rolf Pfützner aus der direkten Nachbarschaft in das Gebäude gezogen. Zum Teil auch, weil ihr aktuelles Wohnhaus bald abgerissen wird, wie etwa der Block an der Rudolf-Harbig-Straße. Es seien nicht nur ältere Menschen in den Block gezogen, sondern auch Familien mit Babys, betont Kerstin Kluge. Dennoch geht in Riesa der Trend zum barrierefreien Wohnen, insbesondere für die Älteren. Schwellenlos werde heute nahezu überall gebaut, erklärt die Vorstandsvorsitzende. Und regelmäßig erreichen den Großvermieter Anfragen, eine bereits bestehende Wohnung barrierefrei umzubauen. Gefördert werde das meist von den Krankenkassen. Aufwendigere Umbauten sind aber nicht immer möglich. „Wir versuchen so viel, wie es geht“, erklärt Kluge. Ein Beispiel dafür sei das Hochhaus in der Magdeburger Straße, wo 2016 ebenfalls neue Balkone angebaut wurden. Aber teilweise stehen den Ansprüchen die Kosten im Weg. „Bei vier Etagen einen Aufzug einzubauen, das kann man nicht bezahlen.“ Solche Sanierungsarbeiten müssten die Vermieter direkt auf die Miete umlegen – ein teurer Spaß.

Mittlerweile sind an dem Wohnblock in Gröba nur noch Kleinigkeiten zu tun. Das Treppenhaus werde renoviert, sobald alle Mieter eingezogen sind. Anschließend kommen noch in diesem Jahr die Außenanlagen dran. „Im Innenhof ist zum Beispiel noch ein Spielplatz geplant“, sagt Kerstin Kluge. Aus Alt mach Neu – an der Heinz-Steyer-Straße hat sich dieses Vorhaben offenbar gelohnt. Es wird aber wohl eine Ausnahme bleiben: Dass noch ein weiterer Block derart aufwendig modernisiert statt abgerissen wird, ist in naher Zukunft nicht geplant, sagt Kluge.