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Auf Umwegen zur Erzieher-Ausbildung

Die DPFA-Schule bekommt erstmals keine eigene Klasse zusammen. Die Euro Akademie springt ein – sehr kurzfristig.

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© Claudia Hübschmann

Von Ingo Kramer

Eigentlich war für Norman Weickert alles längst geklärt. Der 31-Jährige will auf Erzieher umsatteln. An der DPFA-Schule in Weinhübel hat er den Vertrag unterschrieben – und freut sich auf drei Jahre vollzeitschulische Ausbildung. „Und dann hat mir die Schule den Vertrag Anfang Juli plötzlich gekündigt“, sagt Norman Weickert. Auf der Suche nach einer schnellen Alternative ist er bei der Euro Akademie in der Straßburg-Passage gelandet, vielen Görlitzern noch als Euro-Schule bekannt. Dort wird er tatsächlich noch angenommen, ebenfalls als Erzieher, ebenfalls drei Jahre.

„Wegen der großen Nachfrage hat die Euro Akademie kurzfristig noch eine dritte Erzieher-Klasse eröffnet“, so Norman Weickert. Für ihn ist das ein Segen: Er kann die Ausbildung in Görlitz machen, muss die Region nicht verlassen. Doch es gibt einen Nachteil: Lehrermangel. „Manchmal sind Lehrer doppelt besetzt, das heißt, sie unterrichten zwei Klassen gleichzeitig“, sagt der Schüler. Hinzu komme, dass die Verantwortliche für die Stundenplanung gewechselt habe. Die Neue müsse sich erst einarbeiten. Da gehe es manchmal etwas drunter und drüber. Doch Norman Weickert will niemandem Vorwürfe machen: „Die Situation ist für Schüler und Lehrer nicht einfach.“ Da sei es wichtig, sich gegenseitig entgegen zu kommen: „Mir geht es um das Lernen und nicht darum, mich zu beschweren.“ Er sei wirklich froh, dass es diese Alternative an der Euro Akademie gibt.

Tinko Fritsche-Treffkorn von der DPFA-Schule bestätigt die Situation: „Bei uns hatten elf Schüler schon Schulverträge für die Erzieherausbildung, die mussten wir leider kündigen.“ Der Grund: „Wir brauchen 24 Schüler, damit wir mit den Zuschüssen arbeiten können und am Ende bei einer schwarzen Null rauskommen.“ Es seien also rein wirtschaftliche Gründe gewesen, die zu einer Kündigung Anfang Juli geführt hätten. Das sei alles rechtens, auch wenn er den Schritt bedauere. Warum sich dieses Jahr erstmals so wenige Interessenten beworben haben, darüber könne er nur spekulieren: „Vielleicht liegt es daran, dass der Arbeitsmarkt in unserer Region inzwischen so gut ist, dass viele Leute in ihrem Beruf bleiben, anstatt auf Erzieher umzusatteln.“ Seine Einrichtung habe den Betroffenen aber zumindest Alternativen genannt: Das Berufsschulzentrum (BSZ), die Euro Akademie und Ausbildungen in Dresden. Am BSZ war es im Juli aber schon zu spät. „Die Klassenbildung war zu Beginn der Sommerferien abgeschlossen“, sagt Schulleiterin Beate Liebig. Daran sei später nicht mehr gerüttelt worden.

Somit war die Euro Akademie für die elf Betroffenen und auch für all jene, die noch nirgendwo untergekommen waren, in Görlitz die einzige Alternative. Deren Schulleiterin, Birgit Dippe, bestätigt das: „Wir konnten die Schüler nicht ablehnen, sonst hätten sie gar keinen Ausbildungsplatz in der Region bekommen und wären vielleicht abgewandert.“ In einer solchen Situation möchte sie mit ihrer Schule Verantwortung übernehmen.

Dass das nicht immer einfach ist, bestätigt die Schulleiterin: „Wir haben zwar erst in diesem Jahr weitere Räume in der Berliner Straße angemietet und dadurch ausreichend Platz, aber noch nicht genug Personal.“ Daran arbeite ihre Einrichtung jetzt – und das auf verschiedene Weise. Honorarverträge seien in Festanstellungsverträge und halbe in volle Stellen umgewandelt worden. „Außerdem stellen wir ein“, sagt Birgit Dippe. 57 Festangestellte sind mittlerweile am Standort Görlitz beschäftigt, einige von ihnen erst ganz neu.

Weitere kommen demnächst hinzu: „Nächste Woche starten wieder zwei neue Lehrkräfte.“ Sie hofft, das Problem damit in nächster Zeit in den Griff zu bekommen. Auch bei der Stundenplangestaltung rechnet sie mit einer baldigen Entspannung. Sie warnt davor, das Thema zu negativ zu sehen: „Unsere Lehrer sind sehr engagiert, sie geben wirklich ihr Bestes.“ Das bestreitet auch Norman Weickert nicht: „Trotz aller Engpässe ist bei uns bisher zumindest kein Unterricht ausgefallen.“