Merken

Apotheker brauchen gute Ideen

Die Konkurrenz unter den 120 Geschäften ist hart. Wie es funktionieren kann, zeigt ein Neustädter Pharmazeut.

Teilen
Folgen
© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Die Nase läuft, der Hals kratzt, ein Husten ist im Anmarsch. Wer mit einer Erkältung nicht gleich zum Arzt geht, wählt stattdessen oft den Weg zur Apotheke um die Ecke. Die Auswahl an Medikamenten ist groß, neben teuren Arzneimitteln beraten Apotheker auch zu preiswerten Alternativen. Trotzdem macht der Online-Handel mit billigeren Präparaten den Pharmazeuten zu schaffen. Auch in Dresden.

Apotheker Rolf Leonhardt betreibt die Kronenapotheke in der Bautzner Straße 5 schon seit 20 Jahren. Medizin wird hier im Geschäft am Albertplatz seit 1831 verkauft, und auch heute kann sich Leonhardt nicht über zu wenige Kunden beschweren. Aber die Konkurrenz ist groß, sagt er. Zuletzt haben zwei weitere Apotheken in der Hauptstraße eröffnet. Um zu überleben, sei es wichtig, sich auf einige Angebote zu spezialisieren. Leonhardt etwa arbeitet mit einer Praxis zusammen, die Drogensüchtige therapiert, die ihre Medikamente bei ihm kaufen. Außerdem betreut er zwei Seniorenheime in der Neustadt und Friedrichstadt. In Verträgen ist vereinbart, dass Leonhardt Arzneien schnell liefert, in den Heimen kontrolliert, wie diese aufbewahrt werden, die Altenpfleger schult.

Andere Apotheken beraten intensiv zu homöopathischen Mitteln, die besonders bei Eltern kleiner Kinder gefragt sind. Wieder andere haben sich darauf spezialisiert, Rezepturen für Salben frisch herzustellen. „Abseits von Arztpraxen oder Wohngebieten, in denen viele ältere Menschen leben, ist es schwer“, räumt Leonhardt ein.

Obwohl vor allem in den 1990er-Jahren immer mehr Apotheken in Dresden öffneten, ist die Zahl der Menschen, die von einer Apotheke versorgt werden, relativ konstant geblieben. Gab es 1995 noch 75 Apotheken, waren es zwei Jahre später 92. Versorgten eine Apotheke anfangs noch 6 200 Menschen, so waren es dann 5 000. 2015 standen insgesamt 123 Apotheken zur Verfügung, die jeweils 4 400 Dresdner versorgten. In den letzten Jahren stieg zwar die Zahl der Apotheken, aber auch Dresden ist gewachsen, immer mehr ältere Menschen benötigen Medikamente. Die Niederlassungsfreiheit schreibt fest, dass überall und jederzeit eine Apotheke gegründet werden darf. Das heißt, es gibt keine Einschränkungen in Bezug auf die Anzahl. Angesichts der vielen Apotheken innerhalb kleiner Gebiete stellt sich dennoch die Frage: Sind es irgendwann zu viele?

Sachsenweit gab es 2016 fünf Apotheken weniger als im Vorjahr, allein in Dresden waren es drei. Unter anderem hat eine Apotheke in der Johannstadt und eine im Kugelhaus am Hauptbahnhof geschlossen. Und auch die Zukunft sieht alles andere als rosig aus, wenn es nach einem Gutachten geht, das vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragt wurde. Daraus geht hervor, dass in den kommenden Jahren jeder zweiten deutschen Apotheke das Aus droht. Bislang ist dieses Gutachten noch nicht veröffentlicht, sorgt aber bereits für heftige Diskussionen unter Apothekern. Das Brisante daran: Der Auftraggeber ist für das Apothekerhonorar zuständig. Die Gutachter schlagen dafür offenbar Änderungen vor.

Wie das neue Preismodell genau aussehen soll, beschreibt ein Berliner Branchendienst auf seinem Internetportal Apotheke Adhoc. Demnach soll dieses Honorar künftig noch stärker an den Preis des Medikaments gekoppelt sein als bislang. Ist ein Arzneimittel teurer, soll für den Apotheker weniger hängenbleiben. Sollte das Vorhaben politischen Zuspruch finden, könnte das drastische Auswirkungen auf die Apotheken haben, sagt Göran Donner, Vizepräsident der sächsischen Landesapothekerkammer. „Gefährdet sind dann vor allem die Geschäfte am Stadtrand“, sagt Donner. Ob es tatsächlich, wie es das Gutachten prognostiziert, die Hälfte der Dresdner Apotheken betreffen könnte, vermag Göran Donner nicht einzuschätzen.

Apotheker Rolf Leonhardt geht ebenfalls davon aus, dass es in seiner Branche Veränderungen geben wird. Er warnt allerdings davor, dass darunter früher oder später die Versorgung leiden könnte. Problematisch wäre das vor allem für ältere Menschen, die auf die Apotheke um die Ecke angewiesen sind. „Ich bin gerne Apotheker und bleibe deshalb trotzdem optimistisch.“