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Am liebsten mittendrin

Konzentriert und gelassen begleitet die Dippser Erzieherin Dagmar Pychynski Kinder in den ersten Lebensjahren.

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© Frank Baldauf

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Alexander sitzt auf dem Schoß von Dagmar Pychynski, 15 Kinder auf ihren Stühlchen ringsherum horchen aufmerksam zu, wie ihnen die Puppe Willy das Zähneputzen erklärt. „Dagi“ wie ihre Kinder die Erzieherin nennen, fühlt sich so am wohlsten, mitten unter ihren Kindern.

Jeden Tag gehen die Kinder an die frische Luft: Nora, Rica und Alina balancieren hier auf dem Balken.
Jeden Tag gehen die Kinder an die frische Luft: Nora, Rica und Alina balancieren hier auf dem Balken. © Frank Baldauf
Alle halbe Jahre kommt Zahnschwester Regine Strach. Hier üben sie und die Puppe Willy mit Amelie das richtige Putzen.
Alle halbe Jahre kommt Zahnschwester Regine Strach. Hier üben sie und die Puppe Willy mit Amelie das richtige Putzen. © Frank Baldauf

Dabei kam sie erst auf einem Umweg zu ihrem Beruf im Kindergarten. „Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten. Mein erstes Berufsziel war Krankenschwester. Aber das war aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich“, erinnert sie sich. Dann waren andere Ausbildungsplätze weg. Sie lernte Elektromechanikerin und montierte medizinische Geräte im Transformatoren- und Röntgenwerk in Dresden.

Durch ihre eigenen drei Kinder bekam die Dippserin dann doch noch die Kurve zu ihrem Wunschberuf. Sie wurde 1988 auf einem Elternabend angesprochen, ob sie nicht als Springerin im Kindergarten anfangen wolle. Damals war sie zu Hause, weil sie für die beiden Kleinen keinen Krippenplatz gefunden hatte. Sie sagte zu, und dann ging alles ganz schnell. Nach wenigen Monaten hatte sie schon ihre erste eigene Gruppe mit 22 dreijährigen Kindern. Nach einem halben Jahr begann sie ihre berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieherin. Daran erinnert sich Dagmar Pychynski noch gut: Sie lernte selbst und begleitete gleichzeitig ihre Gruppe auf ihrem Weg zu Schulkindern. Für sie selbst war das der Weg in ihren absoluten Traumberuf. „Wenn ich bei meinen Kindern bin, dann ist das Sonnenschein pur“, sagt sie. Daran hat sich in fast dreißig Jahren nichts geändert.

Sie kennt jedes Kind, natürlich auch seine Eigenheiten. Sie nimmt Alexander auf den Schoß. Er ist neu in ihrer Hänsel-und-Gretel-Gruppe und braucht noch etwas mehr Nestwärme.

Heute ist Zahnschwester Regine Strach mit ihrer Puppe Willy im DRK-Kindergarten Märchenland in Dippoldiswalde. Willy zeigt jedem Kind, wie es richtig die Zähne putzt. Eddy braucht dafür eine neue Zahnbürste. Die Erzieherin hat die schon bereitgelegt. Sie passt genau auf, damit sich niemand bei der Zahnschwester mit einem alten Schrubber blamiert. Schließlich sind alle Zähne sauber. Regine Strach gibt noch Tipps zur gesunden Ernährung. Jetzt folgt im Kindergarten eine Teepause.

Christian hat Teedienst. Dagmar Pychynski bittet ihn, 16 Becher auf den Tisch zu stellen. „Sechs und zehn“, sagt sie langsam und deutlich. Sie weiß, bis zehn kann er schon zählen. Wenn sie den Kindern die Aufgaben erklärt und passend aufteilt, bewältigen sie auch schwierige Dinge. So ist es für viele Kinder ein Leichtes, sich in der Garderobe Matschhose und warme Jacke anzuziehen, andere hingegen brauchen noch etwas Hilfe. Die Erzieherin weiß auch, wer das Anziehen zwar beherrscht, aber doch ein wenig Aufmerksamkeit braucht, damit er bei der Sache bleibt.

16 Kinder zu hüten, unter denen auch Gastkinder aus einer anderen Gruppe sind, dafür braucht es Konzentration und Gelassenheit. Dagi guckt noch mal auf Helene, die nur die dünne Jacke angezogen hat. Die ist im November nicht warm genug, also noch mal umziehen. Aber gleich dürfen alle ins Freie, so wie jeden Tag.

Die Arbeit in der Gruppe macht den größten Teil der Tätigkeit aus. Dazu kommen aber noch andere Aufgaben. Wenn die Kinder mittags schlafen etwa, dann dokumentiert die Erzieherin die Entwicklung jedes Einzelnen, sammelt Fotos vom Kita-Alltag oder Höhepunkten und Notizen dazu in einer Mappe. Regelmäßige Weiterbildungen sind Pflicht. Dagmar Pychynski ist auch stellvertretende Leiterin der Einrichtung und damit für die Gestaltung der Dienst- und Urlaubspläne verantwortlich. Zudem gestalten die 16 Erzieherinnen in der Kita Märchenland verschiedene Höhepunkte im Jahr zusammen mit ihren Kindern. Derzeit bereiten sie das Weihnachtscafé am 6. Dezember vor. Ein Familienfest mit den Eltern ihrer Gruppe feiert die Erzieherin regelmäßig. Am liebsten ist ihr der Oma-Opa-Tag, vielleicht, weil sie selbst auch schon zwei Enkel hat.

Selbst wenn sie die Tür hinter sich schließt und nach Hause geht, lässt ihre Arbeit sie nicht völlig los. „Wenn ich in die Stadt gehe, ruft es immer mal wieder irgendwoher Dagi“, erzählt sie. Aber das gehört zum Beruf dazu – und macht ja auch Spaß. Den hat sie in der Familie weitervererbt. Ihre Tochter sattelt jetzt, wie die Mutter, nach einem beruflichen Umweg ebenfalls auf den Erzieherberuf um.