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Alte Lieblingsplätze in Neustadt

In einer neuen Ausstellung des Stadtmuseums soll sich alles um den Marktplatz drehen. Das Café Wochenpost spielt eine besondere Rolle.

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© Siegfried Thomas

Von Nancy Riegel

Neustadt. Schlendern und schwatzen. Das machen die Neustädter gerne, heute wie früher. Rund um den Marktplatz bieten sich dafür einige Möglichkeiten. Die Geschichte dieses Ortes will das Stadtmuseum nächstes Frühjahr in einer Ausstellung aufarbeiten. Diese soll sich auf die Neubebauung nach 1945 fokussieren. Und da darf ein Gebäude nicht fehlen: das Café Wochenpost.

Auch Einrichtungsgegenstände wie Möbel und Geschirr, sofern noch vorhanden, sollen in der Ausstellung Platz finden.
Auch Einrichtungsgegenstände wie Möbel und Geschirr, sofern noch vorhanden, sollen in der Ausstellung Platz finden. © Repro: Stadtmuseum

Es galt als Treffpunkt für Schriftsteller und Literaturfreunde. Aber auch als Stätte für Familienfeiern wurde es rege genutzt. „Das Eis und der Kuchen sollen unglaublich lecker gewesen sein“, berichtet Museumsleiterin Ulrike Hentzschel. Vor allem aber das Ragout fin fand viele Abnehmer. „Davon haben wirklich total viele Neustädter geschwärmt.“ Zusammen mit dem Dresdner Wissenschaftler Daniel Fischer arbeitet das Museum die Geschichte des Gebäudes auf. Dort, wo heute Connys Container, ein Geschäft, Büros, eine Fahrschule und Wohnungen platziert sind, wurde am 7. Oktober 1959 das Café Wochenpost eröffnet – pünktlich zu zehn Jahre DDR.

Die Idee, ein Lesecafé in Neustadt zu etablieren, hatten damals Herta Steinert, Bibliotheksleiterin in Neustadt und Rudolf Maschke, tätig beim Rat der Stadt. Sie wiederum hatten darüber in der Zeitschrift Wochenpost gelesen. „Ein gemütlicher Leseraum, wo man durch die Bücher stöbern, lesen und Kaffee trinken konnte, ohne eine Kaufverpflichtung einzugehen – das fand die Redaktion der Wochenpost charmant“, berichtet Ulrike Hentzschel. Und so wurde der damalige Bürgermeister mit ins Boot geholt. Nur etwas über ein Jahr später stand das Café Wochenpost.

Das Gebäude war zweigeschossig, oben das Lesecafé und unten die Gaststätte mit Tanzfläche und Bar. Gelesen haben hier zahlreiche Schriftsteller, beispielsweise Franz Fühmann, Willi Bredel, Bruno Apitz, Benno Pludra sowie Erwin und Eva Strittmatter. Immer wieder waren auch Mitglieder der Redaktion Wochenpost vor Ort, die von Auslandsreisen berichteten. Die letzte Lesung war im November 1989. Bis 1994 wurde das Café privat betrieben, gelesen wurde zu diesem Zeitpunkt aber hier schon nicht mehr. Und dann war Schluss.

Gästebücher immer noch da

Die Museumsleiterin ist sich sicher, dass viele Neustädter heute noch Erinnerungen an das Café haben. Auch solche zum Anfassen. Denn für die Ausstellung fand das Museum zwar noch alte Plakate, Speisekarten und Unterlagen aus dem Café. Fotos aus dem Innenbereich, Möbel und Besteck sind aber rar. „Und natürlich die Frage aller Fragen: Weiß jemand, was mit dem Schriftzug, der außen am Balkongeländer angebracht war, passiert ist?“, fügt Ulrike Hentzschel hinzu. Sie ruft deshalb die Neustädter auf, in alten Kisten und Fotoalben zu kramen. Ein Text im Stadtanzeiger brachte schon einige Fotos und Gegenstände zum Vorschein, wie einen Sessel aus dem Lesebereich und etwas Geschirr. Das Museum darf sich außerdem die Gästebücher des Café Wochenpost ausleihen, die in der Stadtbibliothek gelagert werden.

Die Museumsleiterin betont, dass sich die Ausstellung im Frühjahr nicht ausschließlich um das besagte Café drehen wird. Auch die Historie weiterer Gebäude wird gerade aufgearbeitet. Aber das Café Wochenpost wird eine wichtige Rolle spielen. So wie es damals im Alltag der Neustädter einen festen Platz hatte.

Für Leihgaben oder mit Hinweisen wenden Sie sich direkt ans Stadtmuseum, 03596 505506 oder per Mail an

[email protected].