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Als in Freital gute Laune einzog

Eine neue Veranstaltungsreihe brachte ab 1969 dem Stadtkulturhaus einen starken Stammpublikumszuwachs.

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© Fotos: Heinz Fiedler/Archiv

Von Heinz Fiedler

Freital. Bescheidene Reklame kann große Wirkung haben. Anfang 1969 warb das Kulturhaus Freital mit eher unauffälligen DIN-A4-Plakaten für eine Neuheit. Der damalige Chef des Hauses, Günter Grundmann, dachte an eine Anrechtsreihe der Unterhaltungskunst, mit der er den Kreis der Stammbesucher erweitern wollte. Keine Sache für die Ewigkeit – höchstens zwei, drei Jahre. Dass alles anders kam, ist in erster Linie der Konzert- und Gastspieldirektion zu danken, die kontinuierlich für gängige Großprogramme sorgte. Für die Agentur kein Kraftakt, sie konnte aus dem Vollen schöpfen. Viele Akteure der leichten Muse hatten kaum Möglichkeiten, im westlichen Ausland zu gastieren – man war hauptsächlich auf das Inland und auf sozialistische Länder angewiesen.

Ob Schlagersängerei, Artistik oder Komik und Manipulationen – Freital wurde immer gut bedient. Schon der Start in die Serie „9 x Gute Laune“ (der Titel stammt übrigens aus dem Lager der SZ-Lokalrektion) konnte nicht vielversprechender ausfallen. Im Rampenlicht der wichtigsten Bühne unserer Stadt ein Mann, den alle kannten und viele zu Recht hoch schätzten: Heinz Florian Oertel und ein Absenker seiner Adlershofer Bildschirmserie „Schlager einer kleinen Stadt“.

Der im Dezember 1927 in Cottbus geborene Sportkommentator, Moderator und Schauspieler erlangte rasch Popularität. 17-mal wurde er zum jährlichen Fernsehliebling gewählt. Seine fachlich fundierten, brillant vorgetragenen Schilderungen sportlicher Wettkämpfe waren stets ein Hörvergnügen. Ein Meister des gesprochenen Wortes, seine Reportagen plastisch, charmant, pointiert.

Im besten Reporteralter von 42 trat er zum ersten Mal in Freital auf und wurde, wie nicht anders erwartet, zur souveränen Persönlichkeit, um die sich alles drehte. Bestens vorbereitet brachte er u. a. die Freitaler Nahrungsmittel- und Konservenfabrikation Werner, den volkstümlichen Sportler und Langläufer Helmut Veith und Heimatkundler ins Spiel. Dazu Musik und gutklassige Artistik. Ein überaus gelungener Auftakt für die „Gute Laune“ mit erfreulichen Folgen. Die Anzahl der Anrechte stieg bis auf neun Ringe. Eine Entwicklung, die die Initiatoren nicht für möglich gehalten hatten.

Als sich Heinz Florian Oertel – übrigens Dr. reh. pol. – verabschiedete, stellte er dem Stadtkulturhaus ein makelloses Zeugnis aus. Sein Kompliment: „Auch die Freitaler Bühne ist aus meiner Sicht ein absoluter Schlager. Achten Sie darauf, dass das so bleibt!“

„Hier ist mein Publikum“

Bereits während des ersten Laune-Jahrgangs war Eberhard Cohrs mit Partner Horst Feuerstein im Spiel. Insgesamt viermal gastierte der „kleene Mann mit der großen Gusche“ innerhalb der Anrechtsreihe in Freitals Stadttheater. In der Pause hatten wir Gelegenheit zu einem Interview. Wir erfuhren:

Der gebürtige Dresdner (Jahrgang 1921) wollte eigentlich Konditor werden. Seine ersten großen Bühnenauftritte hatte er in seiner Heimatstadt auf dem Weißen Hirsch. Nach 1945 legte er mit Erfolg die Komikerprüfung als Profi ab und wurde im Handumdrehen zu einem Publikumsliebling. Ulli Busch setzte ihn bei Sendungen vom Sender Dresden ein, Quermann holte ihn für „Da lacht der Bär“, Wolfgang E. Struck brachte ihn 1961 in einer Friedrichstadt-Palast-Revue heraus. Das sind nur einige Etappen des Dresdners, der in seinen Freital-Auftritten Heimspiele sieht. „Hier ist mein Publikum“, gab er zu Protokoll und bezeichnete alte Witzbücher als die eigentlichen Lieferanten seiner Pointen. „Meine Devise lautet: aus alt mach neu.“ Kochen gab er als seine Passion an. „Aber so richtig klappt das nicht – ich kann kochen, was ich will, es wird immer Gulasch.“ Ein Witz, den er nach der Pause bei seinem zweiten Auftritt dem Freitaler Publikum präsentierte.

1977 verließ der Komiker die DDR und versuchte in Deutschland-West eine Karriere. Rudi Carell ebnete ihm die Wege – doch Cohrs kam nicht an. Das westdeutsche Publikum konnte mit seinem sächsischen Dialekt nichts anfangen. Für Harald Juhnke und Dieter Hallervorden war er einige Male Sketchpartner. Mit der Wende kehre er nach Dresden zurück, wo er sofort wieder als Spaßmacher gefeiert wurde. Am 17. April 1999 starb der kleene Sachse an einem schweren Krebsleiden im Alter von 78 Jahren in seinem Haus am Scharmützelsee.