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Als Ärztin in Afrika

Die Wittichenauerin Jana Koplanski ist zurück von einem Hilfsprojekt in Kenia – und hofft auf weitere Unterstützer.

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© privat

Von Hagen Linke

Wittichenau. Wie viel Mut gehört dazu, alleine bis nach Afrika zu fliegen, um dort für einige Monate als Ärztin in einem Krankenhaus zu arbeiten? Jana Koplanski hat es im vergangenen Jahr getan. Und wenn sie nun wieder bei ihrer Familie zu Hause über ihre 20 erlebnisreichen Wochen zwischen März und Juli erzählt, kommt die Wittichenauerin schnell ins Schwärmen. „Kenia ist auf jeden Fall eine Reise wert. Auch wenn ich die Schattenseiten gesehen habe.“

Diese Schattenseiten waren nicht überraschend. Ihre berufliche Spezialisierung hat die ehemalige Lessing-Gymnasiastin so gewählt, dass Freud und Leid eng beieinanderliegen. Die 26-Jährige arbeitet derzeit als Assistenz-Ärztin an der Frauenheilkunde- und Geburtshilfestation des Elblandklinikums in Meißen. Nach dem Abi 2010 hat Jana Koplanski sechseinhalb Jahre in Jena Medizin studiert, vor einem Jahr die letzten Prüfungen abgeschlossen.

Ein schon lange gehegter Wunsch

Der Wunsch, ihr Wissen im Ausland anzuwenden, in einem völlig anderen Gesundheitssystem, schwelte schon länger. Christina Polk, eine Bekannte aus Janas Heimatdorf Keula, zog es zur Hebammenarbeit nach Malawi. Und Mediziner Rick Wolthusen, der eine Klasse über ihr das Lessing-Gymnasium besucht hat, ist Gründungsmitglied des Vereins „On The Move e.V.“ – ein Verein, der Freiwillige nach Afrika schickt. „Im Studium hat mir vielleicht der Mut dazu gefehlt“, sagt Jana Koplanski über ihren Entschluss, so fern von der Heimat zu helfen und in einer Gastfamilie zu leben. Nun fühlte sie sich reif.

Der Weg mit dem Verein führte sie im März nach Kisumu, eine Stadt mit 300 000 Einwohnern am Victoria-See. Im Fluggepäck hatte sie sorbische Ostereier, einen Bildband aus der Lausitz und wenige Brocken Suaheli – die Umgangssprache im ostafrikanischen Land. Englisch wird in der ehemaligen britischen Kolonie erst in der Schule gelehrt. Viele Menschen sprechen es kaum oder schlecht. Doch das war nicht das einzige Problem beim Start in das Abenteuer. Erst fehlte das Gepäck –  es war noch auf dem Flughafen in der Hauptstadt Nairobi. Bei der Landung in Kisumu stand nicht wie geplant der Ansprechpartner vor ihr, sondern ein Taxifahrer. Die Irrfahrt fand ein glückliches Ende, bevor Botschaft und Polizei informiert werden mussten.

Am Anfang ein Kulturschock

Der Start in das fremde Land war trotz Vorbereitung ein Kulturschock. „Es ist erschreckend, was an Müll herumliegt“, berichtet Jana Koplanski von den Beobachtungen während der Fahrt entlang der Slums. Auch die Arbeit in dem Krankenhaus mit 450 Betten war eine komplette Umstellung. Es läuft wenig über Computer. Für das gesamte Haus stand nur ein Ultraschallgerät zur Verfügung. Aber zu tun gab es reichlich. Gezählt wurden 400 bis 450 Geburten – pro Monat!

„Man lernt noch mal die Grundlagen“, sagt Jana Koplanski über ihre beruflichen Erfahrungen. „Das ist aber nicht schlecht“. Ein CTG, in Deutschland Standardausstattung, gab es nicht. Also mussten mit einem der beiden Fetoskope, kleinen Trichtern, die Herztöne des Kindes gemessen werden.

An Privatsphäre ist in dem Haus nicht zu denken. Die Frauen liegen in Sälen mit acht bis zehn Betten. Manche müssen sich auch ein Bett teilen. Die schlechte Ausstattung wird besonders problematisch, wenn zum Beispiel zwei Kaiserschnitte gleichzeitig anstehen. Nach Fehlgeburten mangelt es an psychologischer Betreuung. Der Umgang mit dem Tod von Kindern und Frauen hat Jana Koplanski nachdenklich gemacht. „Es ist schwierig, wenn man weiß, es könnte auch anders laufen.“ Geholfen haben ihr Gespräche mit der Gastfamilie und Familie und Freunden in Deutschland.

Viele Menschen gaben schon Unterstützung, um die medizinische Betreuung in dem Land zu verbessern. Über den Verein „On the Move“ und die „Brain Awareness Initiative“ soll in Kenia ein „Haus der psychischen Gesundheit“ entstehen. Der Wissensstand bezüglich des Gehirns ist sehr gering. „Das Bewusstsein für das Krankheitsbild ist nicht vorhanden“, berichtet Jana Koplanski. Betroffene sind ausgestoßen, werden stigmatisiert oder zu Hause versteckt. Es gebe gerade mal elf Psychiater – in einem Land mit 45 Millionen Einwohnern.

Für das Haus-Projekt wurde unter anderem mit der „Charitytour de France“ Geld gesammelt. Vier Wittichenauer sind bei der diesjährigen „Tour de France“ die 3 500 Kilometer vor den Profis abgefahren und haben Spenden eingeworben. Das Geld, bisher 5 000 Euro, soll helfen, ein Objekt anzumieten, in dem Hilfe vor Ort geleistet wird – mit Ausbildungs- und Therapiemöglichkeiten und einer Bibliothek. Viele Menschen in Kenia sind bemüht, medizinisch voranzukommen, ein großes Problem sind aber Streiks und Korruption.

Jana Koplanski denkt aber nicht nur an die schweren Momente in Afrika zurück. Nach ihrem Arbeitseinsatz hat sie noch eine Safari rangehängt. Sie schwärmt vom Kilimandscharo, Wildtieren, berichtet von ihren Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen. „Das Interesse an mir ist ziemlich groß“, schreibt sie in ihrem sehr unterhaltsamen Internet-Reise-Blog. „Als Weiße (Muzungu) bin ich eine große Attraktion, mir werden Löcher in den Bauch gefragt und ich muss natürlich für gefühlt Tausende Selfies herhalten.“

Eine Rückkehr nach Kenia ist nicht ausgeschlossen. „Aber nicht alleine und vielleicht auch nicht so eine lange Zeit.“ Zunächst hat sie noch viel von ihrer spannenden Zeit zu berichten – angedacht ist auch ein öffentlicher Vortrag Anfang dieses Jahres in Wittichenau.

Für das Hilfsprojekt kann weiter gespendet werden, Spendenkonto: On The Move e.V.; IBAN: DE12 8509 0000 2775 1510 08, BIC: GENODEF1DRS; Institut: Dresdner Volksbank Raiffeisenbank eG, Stichwort: Fahrradtour

als-aerztin-nach-kenia.blogspot.de